Zwar ist das Zahnfleisch der Frau in der Schwangerschaft leicht aufgelockert und kann so Bakterien leichter Unterschlupf bieten – durch besonders intensive Zahnpflege kann man aber viel dafür tun, dass keine Zahnfleischentzündung entsteht.
Falls Sie es vorher noch nicht getan haben, sollten Sie in der Schwangerschaft mit der Zahnraumzwischenpflege beginnen. Dafür stehen verschiedene Mittel zur Wahl: es gibt Zahnseide, Holzstäbchen, Interdentalbürstchen, passende Gels und Mundspülungen zur Bekämpfung von Bakterien und vieles mehr. Diese Interdentalpflege beugt Zahnfleischentzündungen sehr wirksam vor und nimmt nur 1-2 Minuten zusätzlich in Anspruch. Eine abschließende Mundspülung mit Hexachlor ist unschädlich für Mutter und Kind und tötet Bakterien.
Generell ist die beste Zeit für jegliche Art von Zahnbehandlung das zweite Schwangerschaftsdrittel, in dem die Schwangerschaft stabil ist und die Gefahr von vorzeitigen Wehen durch Stress am geringsten ist.
Übrigens: die von Anno Dazumal rührende Angst, dass jedes Kind einen Zahn koste, ist heute nicht mehr begründet. Schließlich herrscht mittlerweile kein Mangel an Kalzium mehr und die meisten Schwangeren achten sehr auf ihre Ernährung.
Sollten Sie zu den Frauen gehören, denen in der Schwangerschaft so übel wird, dass sie spucken müssen, dann warten Sie mit dem Zähneputzen eine halbe Stunde. Grund: Die Magensäure raut den Zahnschmelz an, was ihn empfindlicher macht. Spülen Sie den Mund einfach mit Wasser aus, dann fühlen Sie sich wahrscheinlich schon besser.
Vorsorge
In der Schwangerschaft ist es noch wichtiger als sonst, zur Zahnprophylaxe zu gehen. Erstens verändert sich das Zahnfleisch der Frau durch die hormonellen Umstellungen und ist anfälliger für Paradontose. Ursache für die Zahnfleischentzündungen ist nicht entfernter Zahnbelag, der durch die Schwangerschaftshormone aggressiver wirkt. Und zweitens werden Sie nach der Geburt kaum noch Zeit für den Zahnarztbesuch haben – zumindest in den ersten Monaten nach der Entbindung ist es unglaublich schwierig, Zeit für einen Zahnarzttermin zu finden.
Ein guter Zahnarzt erkennt zwar sofort anhand Ihres empfindlicheren und leicht geröteten Zahnfleisches, dass Sie schwanger sind – trotzdem ist es eine gute Idee, die Praxis schon bei der Vereinbarung des Termins über die anderen Umstände zu informieren. Man wird Sie dann einfach noch ein bisschen sanfter und netter behandeln, um jeglichen Stress zu vermeiden.
Dringend nötige Zahnbehandlungen
Eine Zahnwurzelentzündung (Wurzelkanalentzündung) oder eine akute Paradontitis (Zahnfleischentzündung) können nicht bis nach der Schwangerschaft verschleppt werden. Tritt so ein „Ernstfall“ auf, muss der Zahnarzt handeln. Wurzelentzündungen sind sehr schmerzhaft, so dass sich die Frage des Wartens gar nicht ernsthaft stellt. Sie müssen mit einer Spritze und der Entfernung der Zahnwurzel behandelt werden.
Die Spritze ist in diesem Fall das geringere Übel gegenüber dem riesigen Stress verglichen mit einer Behandlung ohne Betäubung. Bitten Sie Ihren Zahrnarzt, eine Articain-Spritze mit Adrenalin 1:200.000 zu verwenden, die für das ungeborene Kind besser verträglich ist. Zwar ist das Anästhetikum Articain in Deutschland und Östereich das Standardlokalanästhetikum (> 90 % Marktanteil), oft wird es jedoch mit einer höheren Adrenalinkonzentration eingesetzt, die wiederum vom kindlichen Organismus nicht so gut abgebaut werden kann. Aber selbst eine herkömmliche Betäubung wird normalerweise von Mutter und Kind gut vertragen.
Eine Zahnfleischentzündung tut weniger weh als eine entzündete Wurzelspitze, muss aber zum Wohle des ungeborenen Kindes unbedingt sofort behandelt werden. Es gibt nämlich Hinweise darauf, dass unbehandelte Entzündungen (nicht nur im Kieferbereich) zu Fehlgeburten führen können. Oft braucht man für die Beseitigung der Paradontitis keine Betäubung, aber schon starke Nerven, weil das entzündete Zahnfleisch ordentlich blutet.
Falls Ihr Zahnarzt röntgen muss, wird er das nur nachsorgfältiger Abwägung der Risiken tun. Denn Röntgenstrahlen könnten das Kind im Bauch schädigen, selbst wenn „nur“ der Kiefer geröntgt wird. Denken Sie daran, wenn Sie schwanger werden möchten und vielleicht gerade auf ihre Menstruation warten, oder falls die Menstruation überfällig ist. Der Zahnarzt fragt nicht ohne Grund vor jeder Röntgenaufnahme nach einer möglichen Schwangerschaft!
Amalgamfüllungen sollten Sie sich in der Schwangerschaft weder entfernen noch neu einsetzen lassen. Beim Entfernen des Amalgams kann hochgiftiges Quecksilber freigesetzt werden. Generell geht man heute eher von Amalgamfüllungen weg und bevorzugt Keramik- oder Kunststofffüllungen, die auch wesentlich ästhetischer aussehen als das silberfarbene Amalgam.
Größere Eingriffe wie das Setzen eines Implantats sind während der Schwangerschaft nicht zu empfehlen. Zum einen müssen dafür meist starke Spritzen gegeben werden. Zum anderen übersteht kaum eine Frau diese Prozedur ohne Stress, der in Form von Stresshormonen direkt über die Nabelschnur in den Kreislauf des Babys eindringt. Nicht zu vernachlässigen ist auch, dass Stress Wehen und damit Fehl- oder Frühgeburten auslösen kann.
Je weniger Medikamente, desto besser – das gilt für die gesamte Schwangerschaft. Sollte es sich aber nicht umgehen lassen, können Ärzte und Zahnärzte bestimmte Antibiotika und Penicillin verordnen und auch Paracetamol oder Ibuprofen als Schmerzmittel gelten nach heutigem Erkenntnisstand als aktzeptabel für Schwangere. Nehmen Sie aber auf keinen Fall Reste dieser Medikamente, die Sie noch im Arzneischrank finden ein, ohne Ihren Arzt zu konsultieren!