Zum zweiten Mal haben Wissenschaftler der IW Consult Gmbh die Höhe der Kindergartengebühren in den 100 größten Städten Deutschlands untersucht. Auftraggeber dieses Kindergartenmonitor sind die Zeitschrift „Eltern“ und die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM).
Immerhin: Im Vergleich zu 2008 sanken die Gebühren. Untersucht wurden Halbtagsplätze bei Musterfamilien – mit mittlerem und hohem Einkommen und mit einem 4jährigen Kind oder zwei Kindern im Alter von 3,5 und 5,5 Jahren.

Wieviel kostet ein Kindergartenplatz in Deutschland?
Diese Frage ist so gar nicht zu beantworten. Denn die Gemeinden können selbst die Gebühren erheben. Ergebnis: Wieviel Eltern zahlen müssen, variiert extrem. Die Kosten liegen zwischen 0 Euro und 3.696 Euro im Jahr für einen Halbtagstagsplatz.
Glücklich dran sind Familien in Düsseldorf, Hanau, Heilbronn, Kaiserslautern, Koblenz, Ludwigshafen, Mainz, Salzgitter, Trier, Wiesbaden und Zwickau. Denn hier sind Kindergartenplätze gebührenfrei.
In 32 von 100 Städten ist immerhin das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei und in 96 Städten gibt es Rabatte für Geschwister. Durchschnittlich zahlt eine Familie mit mittlerem Einkommen und einem vierjährigen Kind laut Kindergartenmonitor jährlich 814 Euro. Wer allerdings in Bremen wohnt, zahlt im Jahr für einen Halbtagsplatz 1752 Euro, 146 Euro monatlich für eine bis zu fünfstündige Betreuung ohne Mittagessen.
Besonders auffällig ist generell das Nord-Süd Gefälle. Ein-Kind-Familien mit einem mittlerem Einkommen zahlen im Norden ein Drittel mehr, Gutverdiener sogar doppelt soviel. Familien in den neuen Bundesländern müssen prozentual tiefer in die Geldbörse greifen, allerdings gibt es dort auch mehr Vollzeitplätze und die Mindestbelegungszeit ist höher.
Wie ist der gesetztliche Anspruch geregelt?
Das deutsche Kinder- und Jugendhilfegesetzes (§ 24 SGB VIII) stellt klar, dass Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren einen gesetzlichen Anspruch auf einen halbtägigen Platz im Kindergarten haben. Und tatsächlich besuchen etwa 86,9 Prozent aller Drei- bis Sechsjährigen in einem Kindergarten.
Anders sieht bei der Betreuung der jüngern Kinder aus. Politiker sind sich einig, dass mehr Krippenplätze und Tagesmütter zur Verfügung stehen müssten. Nur zahlen will dafür niemand. Bundesweit haben nur knapp 14 Prozent aller Kinder unter drei Jahren einen Betreuungsplätz, in Niedersachsen sogar nur 7 Prozent.
Und auch die fast 90 Prozent Betreuung im Kindergarten können nicht darüber hinweg täuschen, dass auch diese Zahl für die Realität vieler Familien wenig bedeutet. Denn nicht einmal 30 Prozent aller Kinder haben einen Vollzeitplatz. Was nützt es beispielsweise einer Familie in Baden-Württemberg, dass die Einrichtung monatlich nicht viel kostet, aber so wenig Stunden bietet, dass es für die Mutter kaum möglich ist, zu arbeiten?
Die Kinderbetreuung richtet sich nicht nach dem Bedarf der Familien
Im europäischen Ausland steigt die Frauenerwerbsquote rasant. Nur nicht in Deutschland. Kein Wunder. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) stehen 39 Prozent aller Mütter mit Kindern unter 14 Jahren nicht im Berufsleben. Fast 60 Prozent von ihnen würden gern arbeiten gehen, können es aber mangels Kinderbetreuungsmöglichkeiten nicht. 37 Prozent der Mütter hat eine Teilzeitbeschäftigung und nur 18 Prozent der Mütter mit Kindern unter 14 Jahren ist vollberufstätig.
In Schweden schütteln man darüber nur verwundert den Kopf. Dort hat jedes Kind einen rechtlichen Anspruch auf eine Betreuung in Kindergarten, Schule und Hort während die Eltern arbeiten. Also bis zu 40 Stunden die Woche. Ein Kindergartenplatz kostet bis zu 100 Euro im Monat, weniger gut Verdienende bekommen Zuschüsse. Auch noch etwas unterscheidet das Erziehungssystem: Kindergärten werden als Bildungseinrichtung verstanden. Das Personal ist gut ausgebildet, verdient vergleichsweise mehr als eine deutsche Erzieherin und vier bis fünf schwedische Kindergartenkinder werden von einer Kraft betreut. Und die Schweden sind nicht allein. In vielen europäischen Ländern gibt es ein deutlich besseres Kinderbetreuungssystem.
Davon können deutsche Eltern nur träumen. Natürlich muss ein Vollzeitplatz nicht bedeuten, dass die Kinder ständig fremdbetreut werden, aber eine flexible Betreuungszeit würde das Familienerwerbsleben einfacher gestalten. Immerhin muss so ein Arbeitsplatz ja auch erreicht werden. Und wenn das Kind von 8 bis 12 Uhr im Kindergarten ist, möchte es um 13h Mittagessen. In den wenigen Stunden zur Arbeit hin und zurückfahren und auch noch kochen? Kaum möglich. Kein Wunder, dass die wenigen Vollzeitplätze schwer begehrt sind und die Einrichtungen lange Wartelisten haben.
Hinzu kommt, dass Ganztagsplätze meist reichlich teuer sind: In Hamburg beispielsweise kostet ein Kindergartenplatz mit täglich 8 Stunden seit dem Mai für „Gutverdiener“ monatlich 483 Euro. Und „gut“ verdient man laut Bildungsbehörde bei einem Nettoverdienst von 3000 Euro bei einer vierköpfigen Familie. Sind dann zwei Kinder in der Betreuung, lohnt sich die Berufstätigkeit der Mutter finanziell kaum.
Der Kindergartenmonitor ist ein guter erster Schritt. Denn er zeigt, wie schwer ein Vergleich innerhalb Deutschlands ist. Es kann nicht darum gehen, Kinder möglichst kostengünstig „aufzubewahren“. Gleichzeitig ist es ein Armutszeugnis für eine Industrienation, die einmal stolz auf ihr gutes Bildungssystem war, wie wenig über Personalausbezahlung- und ausbildung diskutiert wird. Kinder sind keine Wähler. Das mag der Grund sein, warum ein Ministerpräsident mit süffisantem Lächeln erklärt, dass man eben auch bei den Kleinsten sparen müsse. Aber Eltern wollen eine gute Betreuung für ihre Kinder. Und die haben das Recht darauf, dass dies auch bundesweit auf gleichem – guten – Standard geschieht, ohne die Budget der Familie unnötig zu strapazieren.
Möchten Sie wissen, wie hoch die Gebühren in Ihrer Stadt sind?
Hier finden Sie weitere Informationen über den Kindergartenmonitor.