Verschämt sprach man früher von „anderen Umständen“. Schwangerschaften wurden bis ins 20. Jahrhundert versteckt. Es ist gar nicht so lange her, dass unförmige Umstands-Latzhosen oder Shirts mit Teddyaufdruck die einzigen käuflichen Umstandsklamotten waren. Heute gibt es hochwertige Luxus-Schwangerschaftsmode und der schwangere Bauch wird in Gips geformt oder besonders schön fotografiert.
Die Faszination der Schwangerschaft und die öffentlich sehbaren Babybäuche sind ein aktueller Trend, der viele Vorteile hat. Denn dass Schwangerschaft keine Krankheit ist, die versteckt werden muss, ist vorbei. Doch die allgemeine Aufmerksamkeit hat auch Nachteile. Denn ein Baby zu kriegen, sollte das nicht eigentlich eine ganz intime, sehr private Sache sein? Etwas, das nur die werdende Mutter und den angehenden Vater betrifft?
Noch vor 100 Jahren waren Schwangerschaften etwas sehr selbstverständliches. Da weder Spiralen, noch Pillen und auch nur sehr teuere Präservative gab, war Verhütung kaum möglich. Entsprechend häufig waren natürlich Schwangerschaften. Heute bekommen die meisten deutschen Frauen ein oder zwei Kinder. Und die Schwangerschaft ist ein Ereignis, an dem die gesamte Umwelt der Frau eifrig teilnimmt.
Das Mitfreuen kann sehr anstrengend sein
Klar, daran sind die Frauen nicht unschuldig. Denn schon früh wird meist die Schwangerschaft mitgeteilt. Sie ist ja auch ein freudiges Ereignis, das bis zu einem gewissen Grad gern geteilt wird. Doch manchmal kann das Mitfreuen der Lieben kann sehr, sehr anstrengend werden.
Ich erinnere mich noch an meine Hilflosigkeit bei einem netten Grillabend mit Freunden. Ich war in der 16. Schwangerschaftswoche und fühlte mich mit meiner noch recht kleinen Kugel sehr wohl. Und sehr hungrig. Es roch köstlich und ich wollte gerade beim Salat zugreifen. „Nein, da ist Mozzarella dran, den darfst du als Schwangere nicht.“ Ich hatte keine Lust auf eine Diskussion – bisher hatte ich nur echten Büffelmozzarella gemieden – und verzichtete.
Dann endlich gab es den gegrillten Fisch. Herrlich! Da ich den so selten esse, freute ich mich sehr. Doch dann erklärte meine Freundin: „Du darfst den nicht essen. Das ist Ostseefisch. Der ist viel zu belastet für eine Schwangere. Für dich gibt es ein Kotelett.“ Ich erklärte, dass ein wenig Fisch nicht schaden könne. Doch auch der werdende Vater war nun besorgt. Ich fühlte mich völlig fremdbestimmt. Wieso durften die anderen bestimmen, was gut für mich ist?
Ungebetene Ratschläge können übergriffig sein
Seit diesem Erlebnis beobachte ich immer wieder, wie sehr andere sich bei Schwangeren einmischen. Entrüstet berichtet meine Freundin von ihrer Schwester. Unmöglich sei es, dass diese noch in der Schwangerschaft raucht. „Sie hatte doch schon eine Fehlgeburt, da muss sie doch aufpassen!“ Die Verwandtschaft überlegt nun, wie sie die unvorsichtige Schwangere zwangsentgiften können.
Natürlich ist es nicht richtig, wenn Schwangere rauchen. Oder Alkohol trinken. Doch dürfen andere wirklich dann eingreifen? Wenn eine werdende Mutter ihr Kind wirklich gefährdet, dann sollten sich Freunde und Verwandte verantwortlich fühlen, das würden wohl die meisten Menschen bejahen.
Aber wo ist da die Grenze? Ich persönlich finde es ziemlich übergriffig, wenn Schwangeren auf den Teller geguckt wird. Oder es untersagt wird, dass sie eine Katze streicheln. Denn nur, weil ein kleiner Mensch dort im Bauch wächst, wird die Frau doch nicht plötzlich so unmündig, dass sie ihr Gehirn abgeben hat.
Schwangere sind verantwortungsvolle Erwachsene, die oft viel Geduld brauchen
Als Schwangere kann ich beurteilen, ob ich alle Verbote einhalte. Oder sicher bin, dass ich Toxoplasmose nicht fürchten muss und meine Katze weiterhin liebkosen darf. Oder einen zweiten Schokoriegel esse, einfach weil mir gerade danach ist. Oder Lakritze nasche.
Wenn werdende Mütter gerne eine Flugreise machen möchten oder kein Problem damit hat, in warme Gefilde zu reisen, warum darf sich die Verwandtschaft so sehr darüber aufregen und erklären, dass die XY doch sehr unverantwortlich sei?
Wer immer wieder mit Verboten und ungefragten Ratschlägen konfrontiert wird, muss sich in Geduld üben. Und im Ignorieren. Denn böse meinen es die anderen sicher nicht, wenn sie Fisch und eine Extraportion Schokolade verbieten. Ein freundliches Lächeln hilft. Eine lange Debatte eher nicht – so sehe ich das.
Wenn der Appetit auf Grillfisch bleibt, wird der Göttergatte eben dazu verdonnert, ein paar Tage später einen garantiert gesunden Fisch zu kaufen und zu grillen. Die Reise wird natürlich erst dann angetreten, wenn der Gynäkologe erklärt, dass sie erlaubt ist.
Frauen, die sich in der Schwangerschaft ein dickes Fell in Bezug auf solche ungebetenen Tipps zulegen, üben auch schon gut für die Zukunft. Denn auch Mütter bekommen viele Ratschläge zur Erziehung, zur Ernährung und überhaupt zum Umgang mit dem Kind. Und das weit mehr als neun Monate lang! Da hilft nur ein freundliches Lächeln. Und der Vorsatz, selbst anderen weder in der Schwangerschaft, noch bei Umgang mit dem Nachwuchs reinzureden. Ich gebe zu, ich schaffe das auch nicht immer.
Wie ist es bei Ihnen? Haben Sie viele ungebetene Ratschläge in der Schwangerschaft bekommen? Was war besonders nervig? Wie haben Sie sich gewehrt?
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Kinderkriegen IST Privatsache! Es geht nicht an, dass Frauen zum Kinderkriegen gezwungen werden, damit wird die Frau zum Gebärvieh degradiert. Vor über 100 Jahren, wo es keine Verhütungsmittel gab, gab es immer noch die Möglicheit, enthaltsam zu leben. Enthaltsamkeit ist und war die beste Verhütung! Wer als Frau keine Kinder wollte, diese schlief mit keinem Mann und heiratete möglichst nicht. Heute im Zeichen der Verhütungsmittel hat jede Frau das Recht, diese zu benutzen. Um Kinder zu verhüten, bräuchte niemand abtreiben, wenn VOR dem Intimverkehr das Gehirn eingeschaltet wird: Habe ich auch nicht die Pille vergessen, habe ich wenigstens Kondome im Haus? Na dann ist’s okay! Wer sich keine Gedanken um Verhütung macht, sondern seinen Trieben freien Lauf lässt, der soll auch die Kinder bekommen, die er nicht will. Leider kommen im letzteren Fall die meisten Kinder ungewünscht zur Welt und werden dann von ihren Eltern / oder von einem Elternteil schlecht behandelt. Schuld sind immer die ungewollten Kinder, nicht die leichtsinnigen Erwachsenen!