Was Schwangere nervt

Die ganze Welt will an einer Schwangerschaft teilhaben. Ungefragt werden Babybäuche gestreichelt und die Mutter in spe bekommt 1000 Ratschläge und Geschichten erzählt. Was nervt besonders und wie können Schwangere damit umgehen?

Vor 150 Jahren versteckten Frauen ihre Schwangerschaft, man sprach schamhaft von „anderen Umständen“. Heute werden pralle Babybäuche stolz präsentiert. Angelina, Heidi und andere Promis leben es vor. Warum ist eine Schwangerschaft jetzt so etwas besonderes? Vielleicht weil es immer weniger Kinder gibt? Heike ist in der 38. Schwangerschaftswoche und ist oft genervt vom „öffentlichen Bauch“, wie sie sagt. „Keine Ahnung, ob es an den Promis liegt, aber ich finde es echt nervig, dass mich alle auf die Schwangerschaft ansprechen. Ich habe das Gefühl gar nicht mehr als Person, sondern nur noch als Schwangere wahrgenommen zu werden.“

Bauch anfassen? Eine Grenzüberschreitung

So geht es nicht nur Heike. Ist eine Frau schwanger, bekommt sie plötzlich ungefragt von allen Seiten kluge Ratschläge, fiese Horrorgeschichten, unsinnige Kommentare, und oft wird auch noch der Bauch gestreichelt. „Ich finde das ganz schlimm,“ meint Heike. „Wer bitte hat denn das Recht, einfach meinen Bauch anzufassen? Das würde doch auch keiner machen, wenn ich keinen Babybauch hätte. Das ist eine totale Grenzüberschreitung.“

Was Schwangere nervt - Bauch anfassen
Ungefragt den Babybauch berühren ist tabu (Foto: Thinkstock / Nick Daly)

„So eine Kugel fasziniert und verleitet viele, sie zu berühren, schließlich trägt die Frau da eine sehr wertvolle Fracht mit sich herum“, erklärt die  Buchautorin Birgit Gebauer-Sesterhenn. So viel Verständnis zeigt die Kommunikationstrainerin Elisabeth Bonneau nicht. Sie sagt: „Einen Menschen ungefragt anzufassen und dann auch noch an den Bauch, ist eine fast nicht zu entschuldigende Distanzlosigkeit.“ Sicher, böse meinen es die Anderen nicht, aber genervte Schwangere sollten sich Abwehrstrategien überlegen.

Was hilft? Oft genügt nonverbales Blocken: Ein Schritt zurück, die Hand auf den eigenen Bauch legen, das signalisiert ganz klar: Bitte nicht anfassen.

Notfalls sind auch klare Worte, ein „Nein, ich möchte nicht angefasst werden,“ wichtig und richtig.

Horrorgeschichten und tolle kluge Ratschläge

Doch noch etwas strapaziert die Nerven von Schwangeren: schlimme Geschichten und kluge Ratschläge. Von der Plazenta, die sich bei der nicht gelöst hat, bis zur Horrorgeburt, die 48 Stunden dauert. Genau solche Berichte, möchten Frauen, die sich auf ihr Baby freuen, wirklich nicht hören. Auch die besorgten Mitmenschen, die immer gleich Übles befürchten, sind sehr anstrengend. „Ach, hmm. Du bist in der 17. Schwangerschaftwoche und hast das Kind noch nicht gespürt. Also das hört sich nicht gut. Würd ich mal zum Arzt gehen. Also eine Bekannte von mir, bei der war das ja so…“ und schon folgt die Gruselstory. Hier sollte man den Erzählfluss ruhig unterbrechen, darf sagen „Ich möchte das jetzt nicht hören.“ Birgit Gebauer-Sesterhenn unterstreicht das Recht jeder Schwangeren, sich nichts von anderen einreden zu lassen: „Jede Frau erlebt ihre Schwangerschaft sehr individuell und sollte daher in allererster Linie auf sich und ihren Körper hören“, sagt sie.

„Mich nervt vor allem, dass ich das Gefühl habe, dass ich wie ein Kind behandelt werde, nur weil ich eines bekomme,“ schimpft Anne. Der Mann nimmt ihr ungefragt Taschen ab „Du sollst doch nicht schwer tragen.“ Freunde erklären beim Grillen, sie dürfe bestimmte Salate und Fisch nicht essen. „Ich kann da schon ganz gut selbst darauf achten, ich fühle mich in solchen Situationen entmündigt.“ Die Schwiegermutter zwingt der Schwangeren zwei Liter Multivitaminsaft auf und die gute Freundin rät dringend zu einer Brustmassage, denn mit kleinen Brüsten könne man nicht stillen… Da hilft auch nur die Flucht nach vorn. Am besten die Gutmenschen freundlich anlächeln und erklären, dass man sich schon informiert habe.

Kommentare zum Gewicht will keine Schwangere wirklich hören

In der Disziplin „Schwangere nerven“ sind auch jene besonders gut, die das Aussehen der werdenden Mütter ständig kommentieren. Und nicht etwa in dem Sinne von: „Hey, deine Haare glänzen aber schön.“ Heike und Anne berichten beide von den Gewichtskritikern die ihnen gehörig auf die Nerven fallen. „Boa, du bist aber dick geworden, jetzt geht es aber jeden Moment los?“ Dumm nur, dass noch drei Monate Schwangerschaft übrig sind. Heike „Ein Arbeitskollege meines Mannes erklärte mir, ich würde sicher bald platzten. Und dann sagte er noch, dass ich bestimmt mindestens 25 Kilo zugenommen habe. Eine Frechheit.“ Denn bei einer Nicht-Schwangeren würde keiner so etwas sagen. Charmant ist es nun wirklich nicht. Klar, auch der Ton macht die Musik, aber auch hier hilft eine gewisse Gegenwehr, wenn das ständige Ansprechen auf die Extrakilos nervt. Auf ein „Ist dein Bauch aber dick geworden,“ einfach mit einem Lächeln antworten oder mit einem „Ja klar, schön, oder?“ Da fällt dem Gegenüber meist nichts mehr ein.

Eines haben all diese Nervereien gemeinsam. Sie trainieren die werdende Mutter. Denn schiebt man erst einmal ein Neugeborenes im Kinderwagen durch die Gegend, muss man sich erst Recht vor seinen Mitmenschen in Acht nehmen: „Plötzlich kommen wildfremde Menschen, greifen in den Kinderwagen und streicheln ungefragt den schlafenden Säugling“, sagt Birgit Gebauer-Sesterhenn. Horrorgeschichten und besonders kluge Ratschläge zum Thema Baby kommen auf frischgebackene Eltern auch noch zu – da lohnt es sich, schon vorher Verteidigungsstrategien erprobt zu haben.

Wie geht es Ihnen? Gibt es etwas, dass Sie als Schwangere besonders nervt/genervt hat? Wie haben Sie sich gewehrt?

7 Gedanken zu „Was Schwangere nervt“

  1. Ich bin in der 19. Woche schwanger und habe schon einen 2 jährigen Sohn. Mich nervt es unbeschreiblich, wenn ich jeden Tag von einem anderen Bekannten/Bekanntin oder Freund/ Freundin darauf hingewiesen werde wie groß mein Bauch schon geworden ist- und dass man jetzt endlich sieht, dass ich schwanger bin. Meine Güte- würde ich so einen Kommentar ablassen, wäre wohl jeder eingeschnappt. Ich bin schwanger, habe aber keine Lust immer auf meinen größer werdenden Bauch hingewiesen zu werden- als wäre es etwas unnormales in einer Schwangerschaft. Schließlich hatte ich nach meinem ersten noch 8 Kilo zu viel drauf – keine Frau nimmt gerne zu auch wenn sie schwanger ist. Zumal meine Schwangerschaft mir nicht jeden Tag ein Lächeln ins Gesicht zaubert- Übelkeit, Müdigkeit, Gereiztheit und Genervtsein- das beschreibt mein Zustand wohl eher.

  2. Ich bin in der 23. Woche und darf mir ständig anhören, wie müde ich aussehe – Kunststück, wenn man nicht mehr richtig schlafrn kann. Besonders der Freundin meines Vaters (selbst kinderlos) scheint es enorme Freude zu bereiten, mir ständig unter die Nase zu reiben, was genau an mir gerade nicht gut aussieht. Toll, wenn man sich selbst gerade nicht wirklich toll fühlt und die Müdigkeit das Nervenkostüm zersetzt. Ich bin kurz davor, das nächste Mal zu kontern, dass man ihr ihr Alter so langsam ansieht – ein Thema, bei dem SIE sensibel reagiert

  3. Ich bin in der 17. Woche und mich nervt am meisten meine Schwiegermutter, die mir bei jeder Gelegenheit vor hält, wie dick ich schon geworden bin und dass mir bestimmt meine Sachen nicht mehr passen. Dazu muss ich sagen, dass ich eher der zierliche, sportliche Typ bin, mit 1,57 und bis zur Schwangerschaft 47 kg. Ich habe bisher 3 kg zugenommen, natürlich hat man bei mir schon recht schnell ein kleines Bäuchlein gesehen, da ich einfach sehr zierlich bin. Aber immerhin wächst ja auch ein Kind in mir. Und da ich nach wie vor Gr. 34 trage, finde ich irgendwie nicht, dass ich dick geworden bin. Man kann doch sowas sagen, wie: dein Bauch wächst schon oder ist schon schön rund. Ich finde das irgendwie unhöflich und wenig feinfühlig. Sie ist auch die einzige die behauptet, dass ich dick werder, alle anderen freuen sich nur über meine kleine Kuller und darauf, dass da ein Baby drin wächst.

    Außerdem hat sich mir auch gleich nach Verkünden der Schwangerschaft ungefragt an den Bauch getatscht…das geht auch gar nicht. Das dürfen ungefragt nur ganz wenige. Schade find ich nur, dass sie sich anscheinend außer für meine „Fettleibigkeit“ für nichts weiter interessiert was die Schwangerschaft betrifft. Alle anderen aus der Familie oder dem Freundeskreis und Kollegen fragen auch mal, wie es mir geht, wie es für mich war den ersten Ultraschall zu sehen usw. Aber sie scheint sich für solche Dinge nicht zu interessieren.

    Vielleicht bin ich auch nur sehr sensibel im Moment, aber das sind die Dinge die mich am meisten nerven.

  4. Ich bin nun in der 21. Woche schwanger und ernähre mich seit Jahren vegetarisch. Was mich am meisten nervt sind die ängstlichen und neunmalklugen Kommentare von allen Seiten, ob eine vegetarische Ernährung in der Schwangerschaft nicht schädlich ist und ob ich das verantworten möchte. Auf meinen Hinweis hin, dass ich mich sehr gut informiert habe und meine Frauenärztin mir beste Blutwerte bescheinigt, werde ich nur skeptisch angeschaut.

  5. Seit ich schwanger bin, habe ich das Gefühl, dass mein Körper von nun an zur freien Verfügung für Beobachtungen, Bewertungen und Beurteilungen ist. Quasi Familieneigentum. Meine Schwiegermutter hat mir nun schon mehrfach auf den Bauch gefasst obwohl noch gar nichts da ist!!! Wie soll das erst werden wenn Bauch da ist?? Meine Schwiegergroßmutter gab als fast erste Bemerkung nachdem sie hörte dass ich schwanger bin zum besten: „Ach, aber dicke Brüste hast du noch gar nicht bekommen!!“. Da war ich in der achten Woche…. Heute dann vermeldete sie laut und vernehmlich was für einen tollen dicken Busen ich denn nun schon habe. Ich bin dann ganz gegen meine Art ziemlich deutlich aus der Haut geplatzt und habe mir solche Bemerkungen ein für alle male verbeten. Aber auch ständige Bemerkungen dass ich ja bitte genug essen und trinken soll muss ich mir in schöner Regelmäßigkeit anhören. Klar, wenn man wie ich die einzige schlanke Frau in der Familie ist, kann ja was nicht stimmen….. o.O
    Im Moment würde ich am liebsten auswandern. Na herrlich…. und ich bin gerade mal im fünften Monat.

  6. Ich bin ebenfalls in der 19. Schwangerschaftswoche & mein Bauch ist schon ordentlich erkennbar…. Mich nervt es tierisch, dass nachgefragt wird, wie weit ich bin. Wenn ich dann antworte, „im Oktober“, gucken Sie entsetzt. Als käme ich von einem anderen Planeten… Meinem Knirps geht es prima & er wächst schnell… und daran gibt es nix negatives…

  7. Vielen Dank für den tollen Beitrag. Ich stimme zu, dass das alles ganz schön nerven kann. Als meine Freundin schwanger war, ging es ihr nicht anders. Ich denke auf andere Menschen sollte man da nicht unbedingt hören, sondern eher auf den Frauenarzt (edit: ein Link wurde gelöscht).

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