Meine Tochter trank gern. Ich hatte das Glück in einem stillfreundlichen Krankenhaus zu entbinden: Meine Kleine durfte schon wenige Minuten nach der Geburt zu mir und suchte sofort erfolgreich die Brustwarze. Das Licht wurde extra abgedimmt und wir drei, der frischgebackene Papa, das Baby und ich hatten eine halbe Stunde wunderbare Zeit für uns. Erst später erfuhr ich, dass das, was sich instinktiv so richtig und wichtig anfühlte, „Bonding“ genannt wird. Damit ist der Aufbau der Bindung nach der Entbindung gemeint. In der Klinik bekam ich fertiges Essen, darüber machte ich mir kaum Gedanken, ich war einfach hungrig, und freute mich über die guten Tipps der Hebammen und der Stillberaterin. Alles easy, kein Problem.

Als ich dann nach Hause kam, waren die ersten Tage natürlich anstrengend. Wenig Schlaf, die Fragen, warum denn der Winzling nun so schimpft und ob ich auch alles richtig mache, beschäftigten mich. Die ersten Besucher brachten Vorgekochtes mit und ich versuchte, auch Mahlzeiten zu mir zu nehmen. Allerdings meist begleitet von einem recht lautstarken Ein-Personen Orchester in sehr klein. Ich merkte schon, dass mir das nicht so gut tat, aber oft schlang ich alles schnell runter. Immerhin dachte ich an das Trinken (möglichst drei Liter sollen es sein) und stellte mir an meinen liebsten „Still-Platz“, einen Sessel im Schlafzimmer, immer eine Tasse mit Tee (Kümmel-Anis).
Dann kam die Nachsorge-Hebamme und der Stress begann. Denn sie sah nicht nur nach, wie es dem Baby ging und versorgte meinen von der Geburt noch etwas mitgenommen Körper, sie blickte in den Kühlschrank. Und erklärte erst mal, was ich alles nicht mehr essen dürfe. Milch sei tabu, zu fettreich, davon bekäme Baby Schluckauf. Kein Saft, keine Getränke mit Kohlensäure, kein blähendes Gemüse, keine scharfen Gewürze. Zwiebeln und Knoblauch seien nun genauso untersagt wie Steinobst, frisch gebackenes Brot oder Zitrusfrüchte. All das würde bei Baby übelstes Bauchweh oder einen wunden Po verursachen. Tee, Cola und Kaffee seien natürlich auch völlig verboten, denn das darin enthaltene Koffein mache Baby ja ganz unruhig.
Zack. Ich war sprachlos. Ohne auch nur eine einzige Tasse Kaffee – wie sollte ich da mit dem Schlafmangel überleben? Milch trinke ich doch so gern und eine Bolognese für die Nudeln braucht doch ein wenig Zwiebeln und wenigstens einen Hauch Knoblauch? Die Hebamme blieb streng. Keine Ausnahmen! Ich sollte zu Müsli und Nüssen greifen. Aber die mag ich doch nicht. Pech gehabt?
Die klare Empfehlung heute: Genuss ist erlaubt!
Heute sind sich Experten einig: Diäten und strikter Verzicht sollten Stillende unbedingt meiden! Das Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) raten dazu, sich möglichst ausgewogen und abwechslungsreich zu ernähren. Denn wer zuviel darauf achtet, was genau auf dem Teller landet, kann rasch die Freude am Essen verlieren, vor allem aber so auch an einen Vitamin- und Mineralstoffmangel bekommen.

Wichtig sind Kraftspender, das können eine kräftige Hühnerbrühe oder ein Teller Nudeln sein. Ideal sind zwei warme Mahlzeiten am Tag, Getreide sollte ein Drittel der Nahrung ausmachen, Milchprodukte rund ein Fünftel. Auch Fleisch, Fisch und Eier dürfen gegessen werden. Stillende Mütter brauchen mehr Eiweiß als Schwangere und haben auch einen höheren Kalorienbedarf. Das ist ja der Grund, warum der Körper ein kleines Energiepolster angelegt hat – auch wenn das den Müttern nicht so gefällt.
Wichtig ist es, möglichst über den Tag verteilt zu essen und sich dafür Zeit zu nehmen
Ich selbst hatte Glück. Denn ich bekam Besuch von einer Freundin, die ebenfalls Hebamme ist und mir von den neuen Ratschlägen erzählte. Das wichtigste sei eine entspannte Mutter, erklärte sie mir. Von einem Milchverbot hatte sie noch nie gehört. Eine Faustregel sei, dass das Baby meist dasselbe vertrage wie die Mutter in der Schwangerschaft,meinte sie. Als ich erklärte, ich hätte aber doch von Mangosaft immer Sodbrennen bekommen, war die Antwort: „Dann würde ich den lieber weglassen. Probiere es aus.“

Das Wort ausprobieren war das Zauberwort. Denn nicht jedes Baby reagiert auf Zwiebeln mit Bauchweh. Auch eine Tasse Kaffee am Morgen ist kein Problem – viele Konsum des Bohnengetränkes dürfte allerdings nicht nur die Mutter wach halten – sondern auch den Säugling. Bei Obst, Gemüse und Gewürzen sollte einfach getestet werden, was das Kind verträgt. Je abwechslungsreicher der mütterliche Speiseplan, desto wohlschmeckender und abwechslungsreicher ist auch die Muttermilch. So gewöhnt sich der kindliche Gaumen bereits an verschiedene Geschmacksnoten, eine ideale Vorbereitung für später.
Im Frühjahr freuen sich Mütter auf frischen Rhabarber und Spargel – beide verändern allerdings den Geschmack der Milch sehr intensiv. Schaden wird das dem Kind nicht, es kann aber gut sein, dass es streikt und die Brust verweigert.
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Hier noch einmal eine kleine Zusammenfassung der Ernährung für Stillende:
- Ausreichend und möglichst abwechslungsreich essen. Müsliriegel oder Nüsse sind tolle kleine Energie-Snacks.
- Möglichst schon immer etwas Vorgekochtes im Haus haben. Eine schönes Geschenk für die Familie im Wochenbett ist ein „Lieferservice“ von Freunden und Verwandten
- Viel trinken. Kaffee, Tee und Colakonsum auf zwei Tassen pro Tag beschränken.
- Säurehaltige Lebensmittel (u.a. Sauerkraut, Ananas, frisches Brot) und scharfe Gewürze können beim Baby einen wunden Po bewirken. Vorsichtig testen.
- Blähendes wie Kohl, Steinobst, Linsen oder Zwiebelgemüse kann Bauchweh beim Säugling bewirken. Manche Kinder reagieren stark, andere überhaupt nicht.
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