Fleischlos glücklich lebt heute fast jeder zehnte Deutsche. Viele Menschen mögen einfach kein Fleisch, sind verunsichert durch die vielen Lebensmittelskandale, wie etwa dioxinverseuchte Eiern oder BSE. Aber auch Tierliebe ist natürlich ein wichtiger Grund, auf den Verzehr von tierischen Produkten zu verzichten.
Wird eine Vegetarierin allerdings schwanger, muss sie sich von ihrer Umwelt einiges anhören. Nicole ernährt sich seit acht Jahren ohne Wurst, Fleisch oder Fisch. Auf Milchprodukte verzichtet sie allerdings nicht. „Als ich schwanger wurde, haben meine Mutter und meine Schwiegermutter mir wirklich ziemliche Vorhaltungen gemacht. Ich würde das Leben meines Kindes gefährden. Das war schon schlimm“, erzählt die 36-Jährige.
Ist es schädlich für das Ungeborene, wenn die Mutter auf tierische Produkte verzichtet?
Tatsächlich sind sich die Fachleute einig: Je gesünder sich die Mutter ernährt, desto besser ist das für das Baby. Nicht „Fleisch oder nicht Fleisch“, sondern die Frage nach der ausgewogenen und vollwertigen Ernährung ist entscheidend. So genannte „Pudding-Vegetarier“, als diejenigen, die zwar kein Fleisch, aber auch nicht gesund und ausgewogen essen, gefährden genauso die Gesundheit ihres Kindes wie andere Schwangere, die nicht auf eine angemessene Ernährung achten. „Optimal ist eine vegetarische Vollwertkost“, erklärt Irmela Erckenbrecht, Autorin eines Ernährungsratgebers für Schwangere und Beraterin des Vegetarierbundes Deutschland.

Der eigentliche Kalorienbedarf nimmt in der Schwangerschaft kaum zu – allerdings steigt er Bedarf an Eisen, Kalzium, Eiweiß, Zink sowie Folsäure und Vitaminen. Die Ausgewogenheit und Qualität der verwendeten Nahrungsmittel ist wichtig – und darauf achten viele Vegetarierinnen auch schon vor der Schwangerschaft. Sie sind oft gut informiert über Nährstoffe, Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe und versorgen ihren Körper verantwortungsvoll.
Da Vegetarierinnen sich ballaststoffreich ernähren, leiden auch viele von ihnen nicht unter Schwangerschaftsbeschwerden wie Völlegefühl oder Verstopfung, da ihre Ernährung die Magen-Darm-Tätigkeit fördert. „Ein großer Vorteil der vegetarischen Ernährung in der Schwangerschaft ist auch eine geringere Gewichtszunahme“, erklärt Irmela Erckenbrecht. Zudem sei die Muttermilch von stillenden Vegetarierinnen deutlich weniger schadstoffbelastet.
Eisen, Eiweiße und Vitamine sind besonders wichtig
Aufmerksam sollten Schwangere, die sich fleischlos ernähren, bei der Vitaminversorgung sein. Durch die höhere Blutmenge und den gestiegenen Grundbedarf an Eisen sollten Schwangere auf eine ausreichende Eisenversorgung achten. Der Körper kann pflanzliches Eisen schwerer verwerten kann als tierisches, daher sollte beim Verzehr eisenhaltiger, vegetarischer Gerichte (etwa Brokkoli, Grünkohl oder Zuckerrübensirup) auf eine gleichzeitige Aufnahme von Vitamin C geachtet werden, so kann der Körper das Eisen besser aufnehmen.
Der Eiweißbedarf steigt ebenfalls in der Schwangerschaft. Pflanzliche Eiweiße sind in Hülsenfrüchten, Nüssen und Getreideprodukten enthalten. Für eine gute Versorgung mit Vitamin D sollten Schwangere tägliche Spaziergänge möglichst in der Sonne machen, denn das lebenswichtige Vitamin ist in pflanzlichen Nahrungsmitteln nur unzureichend vorhanden.
Aber durch direkte Sonneneinstrahlung über die Haut kann das Vitamin vom Körper selbst produziert werden. Experten raten, dass Schwangere, die sich fleischlos ernähren, dies auf jeden Fall mit ihrem Gynäkologen besprechen sollten – er kann feststellen, ob eventuell ein Eisen- oder anderer Mangel vorliegt.

Schwierig ist eine vegane Ernährung. Professor Andreas Hahn, Leiter des Instituts für Lebensmittelwissenschaft der Leibniz Universität Hannover, hält den von Veganern praktizierten völligen Verzicht auf tierische Produkte (also eben auch auf Milch und Eier) nur für gut informierte Erwachsene für sinnvoll. Bei Menschen mit einem deutlich erhöhten Nährstoffbedarf, also Schwangeren, Stillenden oder Kleinkindern, rät Hahn dringend von einer rein veganen Kost ab: „Hier gibt es hochgradige Risiken. In der frühkindlichen Entwicklung kann es zu einer irreversiblen Schädigung des Nervensystems kommen.“
Dies bestätigt auch Irmela Erckenbrecht. „Nur sehr gut informierte Frauen sollten sich in der Schwangerschaft vegan ernähren. Nach einer ärztlichen Überprüfung und nur mit Nahrungsergänzungen ist dies möglich. Dies liegt vor allem daran, dass Schwangere das Vitamin B 12, das vor allem in tierischem Eiweiß enthalten ist, unbedingt benötigen, denn sonst könnte es zu Fehlentwicklungen beim Kind kommen.
Worauf sollten schwangere Vegetarierinnen besonders achten?
[quote float=“left“]Jede gesunde Schwangere kann sich vegetarisch ernähren[/quote]
betont Irmela Erckenbrecht. Risikoschwangere oder Frauen mit einer Lebensmittelunverträglichkeit sollten sich jedoch unbedingt fachlichen Rat holen.

Wie alle anderen Schwangeren auch sollten Vegetarierinnen auf Rohmilch-Produkte verzichten. Denn diese enthalten möglicherweise Bakterien, sogenannte Listerien, die beim ungeborenen Kind zu einer gefährlichen Infektionskrankheit führen können. Auch bei Freilandsalaten oder anderen Produkten aus dem eigenen Garten können sich diese Bakterien sammeln und sogar eine Lagerung im Kühlschrank überleben. Sie müssen daher besonders gründlich gewaschen werden.
„Vor allem kommt es aber darauf an, Stress zu vermeiden und sich gelassen zu ernähren“, sagt Irmela Erckenbrecht. „Man sollte sich nicht beirren lassen und den eigenen Kurs beibehalten. Eine positive gesunde Einstellung zum Essen gibt man an das Kind weiter.“
Tipps für eine gute Ernährung:
- Nehmen Sie sich in der Schwangerschaft besonders Zeit für eine natürliche Ernährung, das heißt: frische und frisch zubereitete Kost, Vermeidung industrieller und denaturierter Nahrung
- Greifen Sie bei Vollkornprodukten, Obst und Gemüse herzhaft zu, denn die enthalten Ballaststoffe
- Immer ausreichend trinken (mind. 2 Liter je Tag), so können diese Ballaststoffe aufquellen und Verstopfungen vermeiden
- Gedünstetes, leicht Gekochtes und Rohes bevorzugen, so vermeidet man die Aufnahme von Schadstoffen und profitiert von der vollen Vitaminpalette
- Unpasteurisierte Rohmilch genauso wie Käse aus Rohmilch vermeiden, diese könnten Listeriose-Erreger enthalten
![]() Buchtipp: Irmela Erckenbrecht, Vegetarisch und gesund durch die Schwangerschaft. Kompetenter Rat – praktische Tipps – vollwertige Rezepte. Pala-Verlag,200 Seiten, 14 €, ISBN: 978-3-89566-231-7 |
Weitere Informationen, Gratisbroschüren und Expertenrat zum Thema Vegetarische Ernährung und Schwangerschaft erteilt der Vegetarierbund Deutschand unter www.vebu.de