Rund vier Prozent aller Kinder unter einem Jahr werden von einer alleinerziehenden Mutter betreut. Viele Mütter trennen sich schon in der Schwangerschaft vom Vater des Kindes. Geplant haben das die wenigsten. Auch nicht Kerstin und Carina…
Kerstin (38), in der 22. Schwangerschaftswoche: „Bin in einem tiefem Loch“
„Mein ganzes Leben steht Kopf. Alles sollte so schön sein, aber ich kann die blühenden Blumen im Garten nicht mehr sehen. Nur noch den grauen Himmel, der dahinter bedrohlich wirkt. Seit fünfzehn Jahren bin ich mit meinem Mann zusammen. Wir haben uns an der Uni kennen gelernt, später geheiratet, ein Haus gekauft. Schon seit acht Jahren hoffen wir auf ein Kind. Wir wurden beide von oben bis unten untersucht, eigentlich gibt es kein Problem. Darum haben wir uns auch schweren Herzens gegen eine Kinderwunschbehandlung entschlossen – wenn es klappen soll, dann klappt es schon.
Irgendwie spielte das Thema Kind auch in den letzten Jahren keine so wichtige Rolle. Wir haben tolle Fernreisen gemacht, sind beide beruflich sehr eingespannt und die wenige Freizeit verbringt mein Mann gerne beim Surfen. Ich bin eher für Radtouren oder Städtereisen mit Freundinnen. Getrennte Urlaube waren kein Problem. Dachte ich.
Denn ich bin jetzt doch schwanger geworden. Ich habe mich so gefreut. Aber ich habe gemerkt, dass sich mein Mann nicht wirklich begeistert. Er wollte zu keiner Untersuchung mit. Dann hat er mir vor einem Monat erzählt, dass er die Scheidung will. Wir würden ja seit Jahren nebeneinander her leben.
Seit dem Tag habe ich nicht mehr mit ihm gesprochen. Er hat seine Sachen gepackt und mir ein paar Emails geschrieben. Das Kind hat er gar nicht erwähnt. Ich komme mir vor, als ob ich mit einem Unbekannten zusammengelebt habe. Trotzdem freue ich mich auf das Baby, denn ich habe das Glück, dass meine Eltern nicht weg leben und ich sicher nach einem Jahr auch in den Job zurück kann. Gestern hatte ich allerdings den ersten Tag im Geburtsvorbereitungskurs. Das war schrecklich. Nur Paare. Und ich. Ich bin noch immer in einem tiefen Loch und starr vor Schreck. Aber ich schaffe das allein. Für mein Baby.“

Carina (27), Mutter von Marlon (14 Monate): „Solo-Mamis brauchen ein gutes Netzwerk“
„Ich bin eine Scheidungswaise. Und ich habe mir immer gewünscht, dass meine Kinder in einer heilen Familie aufwachsen sollen. Leider kam alles anders, denn ich habe mich in der Schwangerschaft von Marlons Papa getrennt.
Wir waren zwei Jahre lang ein Paar. Ich dachte, dass es die ganz große Liebe ist und träumte von einer Hochzeit. Aber ich habe gemerkt, dass er mich anschwindelt. So Kleinigkeiten. Log über den Dienstschluss und hat behauptet Überstunden zu machen. Ich wurde misstrauisch – und las die SMS auf seinem Handy. Er hat mich betrogen. Als ich ihn zur Rede stellte hat er das zugegeben. Und ich packte meine Taschen und zog sofort aus seiner Wohnung wieder aus. Ich hatte das Glück, dass ich meine eigene Wohnung gerade erst kündigen wollte – der Vertrag lief noch.
Der Schock kam ein paar Wochen später. Ich war schwanger! Ich hätte mich gegen das Kind entscheiden können. Aber ich wollte das Baby behalten. Keiner in meinem Umfeld verstand mich, aber ich habe das Glück gehabt, liebe Frauen in einer Beratungstelle kennen zu lernen. Wir sind eine Gruppe von fünf Frauen in ähnlicher Situation und helfen uns gegenseitig aus.
Heute bin ich froh, dass ich auf mein Bauchgefühl gehört habe. Marlons Papa kommt häufig zu Besuch und kümmert sich um seinen Sohn, und derzeit bekomme ich von ihm auch noch Unterhalt gezahlt. Ein Liebespaar werden wir sicher nie, aber als Elternpaar funktionieren wir. Auch wenn es nicht leicht ist.“
Schwangerschaft und Babyzeit ohne Partner – wie ist das zu schaffen?
Eine Trennung ist immer eine große Belastung. Und dann auch noch schwanger? Viele Frauen sind sich nicht sicher, ob sie das allein durchstehen können. Natürlich ist auch ein Abbruch eine Alternative. Aber eine die wohl durchdacht werden sollte.
Auch sind Zukunfts- und Existenzängste von schwangeren Alleinerziehenden sehr berechtigt. Es ist nicht selbstverständlich, dass Beruf und Kind einfach zu kombinieren sind. Und nicht immer kann der Ex-Partner wirklich Unterhalt zahlen. Theoretisch steht Müttern mit Kindern unter drei Jahren ein Betreuungsunterhalt zu. Dieser richtet sich nach dem Einkommen des Partners und sollte beim Existenzminium von 770 Euro liegen. Dazu kommt der Kindesunterhalt.

Doch viele Väter verdienen nicht genug, um die volle Summe zu zahlen, immerhin 22 Prozent aller Alleinerziehenden erhält einen Unterhaltsvorschuss vom Staat. Der beträgt bei Kinder unter fünf Jahren 133 Euro im Monat und wird maximal sechs Jahre gezahlt. Es gibt die Möglichkeit, weitere Unterstütung zu bekommen: Die Bundesstiftung „Mutter und Kind“ beispielsweise bewilligt Anträge auf Zuschüsse für die Erstaustattung und für den Haushalt. Ergänzend beantragen viele Alleinerziehende Hilfen zum Lebensunterhalt – sprich Hartz IV.
Frauen, die trotz Trennung für ein Baby entscheiden – oder gar keine Wahl hatten, sollten sich rechtzeitig viel Hilfe suchen. Freunde, Großeltern und gute Babysitter können ein wichtiges Netzwerk bilden. In vielen Städten gibt es auch Gruppen für Alleinerziehende. Beratungsstellen der Caritas und von der Diakonie gibt es in vielen Orten – sie können finanzielle Möglichkeiten aufzeigen und oft gibt es dort auch Gruppentreffen für Frauen in ähnlicher Lebenslage.
Auch die Väter können und dürfen Verantwortung für ihr Kind tragen. Nicht nur finanziell. Sie können das gemeinsame Sorgerecht beantragen, auch ohne Trauschein. Auch bei gescheiterter Beziehung ist es möglich, dass Eltern getrennt erziehen, nicht allein. Doch das funktioniert nur, wenn beide Partner nach der anstrengenden Phase der Trennung erkennen, welche Verantwortung und Chance dies für sie bietet.