Schlafprobleme bei Müttern

Endlich, das Baby schlummert. Doch gut 20 Prozent aller jungen Mütter fällt es schwer, dann auch zu schlafen. Die Folge können gesundheitliche Probleme und ein chronischer Schlafmangel sein…
Mütter schlafen zu wenig. In einigen Fällen viel zu wenig. Simone Mielke (36) schlief in den ersten vier Jahren nach der Geburt ihrer Tochter Alma etwa drei Stunden pro Nacht. „Es war die reinste Folter,“ sagt sie. Begonnen hatte ihre Schlaflosigkeit damit, dass die kleine Alma Koliken hatte und von Geburt an sehr unruhig schlief. Simone lief monatelang nachts auf und ab, immer im Wechsel mit ihrem Mann.
Irgendwann wurde das Baby ruhiger, seitdem sie 14 Monate alt ist, schläft Alma durch. Ihre Mutter nicht. „Ich habe immer auf das kleinste Geräusch geachtet. Und dann war da irgendwie eine Art Blockade. Ich hatte Angst, gleich wieder wach zu werden. Also konnte ich nicht einschlafen.“ Oft fiel sie erst gegen 4.30 Uhr in einen unruhigen Schlaf. Und um 6 Uhr klingelte der Wecker. Simone fühlte sich völlig neben sich, und als sie nach 18 Monaten Elternzeit wieder 20 Stunden in einer Werbeagentur arbeitete, wurde es noch schlimmer. „Alles war wie in einem Nebel, ich kam mir wie ein Roboter vor. Ich war unkonzentriert, schnell aufbrausend und hatte ständig Kopfschmerzen.“
Schlafmangel kann zu einem chronischen Problem werden
Dass Eltern unter Schlafmangel leiden, ist bekannt, dass aber immer mehr Mütter eine richtiges Schlafproblem entwickeln, weniger. Oft beginnt die Problematik damit, dass es den Müttern nicht gelingt, dann zu schlafen, wenn das Baby schlummert oder das das Einschlafen nach einer Stillunterbrechung nicht gelingen will. Studien zeigen, dass dies bei 20 Prozent aller jungen Mütter der Fall ist. Unter Umständen wird so ein teuflischer Kreislauf in Gang gesetzt, den Müttern gelingt es nicht, genug Schlaf zu bekommen, sie sind energielos, leicht gereizt und neigen eventuell sogar zu Depressionen. Auch Appetitlosigkeit begleitet müde Mütter. Die Folge: Der Körper ist so ausgelaugt, dass es Probleme mit der Milchproduktion gibt. Das Baby bekommt nicht genug Muttermilch, wird beim Stillen nicht satt, ist unruhig und schläft schlecht. Es wird oft wach und die Mutter noch erschöpfter.
Abends Abschalten? Für viele Frauen schwierig
Eine weiterer Grund für Schlafprobleme kann Perfektionismus sein. Professor Dr. Uta Meier von der Universität Gießen hat eine Studie über das Schlafverhalten der Deutschen durchgeführt. Über 50 Prozent der befragten Frauen gaben an, abends nicht Abschalten zu können. Auch für Simone war das immer ein Problem. „Ich lag abends im Bett und überlegte, ob ich auch alles richtig gemacht hatte für das Projekt an dem ich arbeite. Und dann musste ich auch immer Almas Alltag organisieren, sie zur Tagesmutter hinbringen, Arzttermine und und und. Oft bin ich dann wieder aus dem Bett aufgestanden, um die Kleidung für den nächsten Tag rauszusuchen oder um mir noch Notizen für ein Meeting zu machen. Um vier Uhr habe ich dann auf die Uhr geschaut und festgestellt, dass ich wieder nur zwei Stunden Schlaf bekommen würde.“
Mütter, die unter chronischem Schlafmangel leiden, müssen sich zunächst eingestehen, dass sie wirklich ein Problem haben. Almas Mutter hat die jahrelang verdrängt: „Irgendwie dachte ich, das gehört zum Muttersein eben dazu.“ Direkt nach der Geburt machen es die Hormone den meisten Müttern möglich, mit wenig Schlaf auszukommen, doch Hebammen und Ärzte raten, auf jeden Fall jede Chance zum Schlafen zu nutzen. Die Tatsache, das Mütter von Neugeboren oft einen leichten Schlaf haben und auf kleinste Geräusche reagieren, führen Experten auf die frühe Menschheitsgeschichte zurück. Nur so war es Müttern früher möglich, ihr hilfloses Neugeborenes vor Gefahren zu schützen.
Nur Schlaf hilft gegen die Erschöpfung – aber wie?
Doch heutzutage lauern kaum Säbelzahntiger vor Kinderbettchen – wie können Mütter sich also gegen das rasche Aufwachen schützen? Die Schlafexpertin sagt: “ Es hilft tatsächlich, mit leichter Radiomusik oder einem Ventilator einzuschlafen. Die zusätzlichen Geräusche lenken ab.“  Und wenn erst die Erkenntnis da ist, dass der Schlafmangel wirklich ein Problem da ist, kann er wirksam bekämpft werden. Das beste Mittel ist Schlaf. „Nach Möglichkeit sollte eine erschöpfte Mutter wirklich eine ganze Nacht durchschlafen, denn nur so kann sie alle Schlafphasen erleben und sich wirklich erholen.“
Das Kind notfalls ein Wochenende mit dem Papa zu Oma und Opa schicken, schlafen und Ruhe finden, das ist der erste Schritt. Im zweiten Schritt sollte überlegt werden, was die Ruhelosigkeit noch verursachen könnte. Wer schlecht abschalten kann, sollte sich neue Einschlafrituale suchen. Angenehmes Licht, ein ruhiges Buch oder auch Atemübungen wie autogenes Training können helfen.
Auf keinen Fall sollte eine Schlafstörung einfach ignoriert werden, wer dauerhaft zu wenig schläft, wird ernsthaft krank. Wenn einfache Mittel wie neue Abenrituale oder Milch mit Honig überhaupt nicht helfen, rät die Expertin unbedingt den Hausarzt aufzusuchen. Oft hat er einen guten Rat oder kann zum Fachmann überweisen. Mitterweile gibt es Deutschland immer mehr Schlafschulen, die Betroffenen helfen.
Auch Simone Mielke hat die Notbremse mit Erfolg gezogen. „Ich hatte einen superhektischen Tag. Als Alma dann am Nachmittag anfing zu meckern, weil ihr blauer Lieblingspullover in der Wäsche war, habe ich einen Weinkrampf bekommen. Da wurde mir klar: So kann es nicht weitergehen.“ Simone bespricht sich lange mit ihrem Hausarzt – und mit ihrem Mann. „Ich fuhr alleine drei Tage zu meiner Mutter und schlief. Danach fühlte ich mich in der Lage, ernsthaft über meine Probleme nachzudenken.“ Von heute auf morgen hat Simone das Schlafen nicht wieder gelernt. Es war ein langer Prozess. „Das wichtigste war, dass ich mir eingestanden habe, dass ich nicht Superwoman bin oder sein muss. Ich habe gelernt, mir Hilfe zu holen.“
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