Präeklampsie

Etw fünf bis acht Prozent aller Schwangeren leiden unter Präeklampsie, einer Form von schwangerschafts-bedingtem Bluthochdruck. Für Mutter und Kind kann das sehr gefährlich werden…

Katja (32) hat eine völlig problemlose Schwangerschaft. Bis zur 29. Schwangerschaftswoche. Bei der Routineuntersuchung stellt ihr Gynäkologe erhöhte Blutdruckwerte fest und auch im Urin ist zuviel Eiweiß. Die Diagnose: Präeklampsie, eine der häufigsten Schwangerschaftskomplikationen.

Auch wenn Katja bisher keine Beschwerden hat, sind nun häufige Kontrolluntersuchungen nötig. Denn die Erkrankung kann sich zu einem ernsthaften Risiko sowohl für die werdende Mutter, als auch für das ungeborene Kind entwickeln.

Früher wurde die Präeklampsie häufig auch Schwangerschaftsvergiftung genannt, da man fälschlicherweise annahm, ein vom Körper produziertes Gift sei der Auslöser. Es gibt verschiedene Bezeichnungen für die Krankheit: EPH-Gestose  und Hypertonie (Bluthochdruck). Präeklampsie ist mittlerweile aber die korrekte Bezeichnung.

Päeklampsie
Präeklampsie: schwangerschaftsbedingter Bluthochdruck (© panthermedia.net Iakov Filimonov)

„Durchschnittlich leiden etwa sieben Prozent aller Schwangeren unter Präeklampsie. Die Erkrankung tritt fast immer nach dem sechsten Schwangerschaftsmonat auf und verläuft umso schwerer, je früher sie sich entwickelt,“ erklärt Prof. Dr. Stefan Niesert, Direktor der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Elisabeth-Krankenhaus Essen. „Normalerweise reduzieren Hormone in der Schwangerschaft den Widerstand der Blutgefäße. Das Blut kann dann schneller fließen, die Plazenta wird gut durchblutet und das Kind mit besonders viel Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Bei einer Präeklampsie treten Schäden an den Gefäßinnenwänden auf – die Gefäße sind nicht mehr so durchlässig.“

Die Folge: Der Blutdruck der Mutter wird auf Werte über 140/90 mmHg in die Höhe getrieben und die Blutzirkulation zwischen Mutter und Kind behindert. Die Gefäßzellschäden können auch verschiedene Funktionen der mütterlichen Organe beeinträchtigen. Vor allem die Nieren sind betroffen. Salze und Wasser werden zurückgehalten, während Eiweiß vermehrt in den Urin kommt. Von einer Präeklampsie spricht man, wenn im Urin mehr als 300 mg Eiweiß pro Liter nachweisbar sind.

Äußere Anzeichen der Nierenfunktionsstörung sind eine plötzliche Abnahme der Urinausscheidung, starke Gewichtszunahme und Wassereinlagerungen in den Beinen, Händen oder auch im Gesicht. Ansonsten bereitet die Präeklampsie den Frauen zunächst kaum Beschwerden. Selten gibt es Symptome wie Schwindel, Ohrensausen oder Kopfschmerzen. Deshalb warnt Niesert: „Nur durch eine konsequente und gründliche Schwangerschaftsvorsorge lässt sich frühzeitig erkennen, ob eine Frau eine Präeklampsie entwickelt.“

Gefahren für Mutter und Kind
Unerkannt oder unbehandelt kann es bei einer Präeklampsie zu schwereren Verläufen kommen: Besteht der Hochdruck über einen längeren Zeitraum, sind Wachstumsstörungen der Plazenta und des Kindes möglich. Kommt es zu Plazentainfarkten oder –ablösungen, wird das Kind nicht ausreichend mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt. Im Extremfall kann der Tod des Ungeborenen die Folge sein.

„Das Risiko der Frühgeburtlichkeit steigt mit dem Schweregrad der Präeklampsie. Etwa die Hälfte aller Frühgeburten werden auf eine Präeklampsie zurückgeführt“, so der Gynäkologe.

In den Fällen, in denen es zu einer schweren Präeklampsie kommt, können durch die auftretenden Gefäßschäden auch Lunge, Herz und Zentralnervensystem der werdenden Mutter beeinträchtigt werden.

Eine besonders gefährliche Sonderform der Erkrankung ist das so genannte HELLP-Syndrom, das sich bei etwa ein Prozent der Schwangeren entwickelt und sich durch Schmerzen im Oberbauch, Durchfall und Erbrechen bemerkbar macht. Niesert: „Bei dieser lebensbedrohlichen Variante der Erkrankung kommt es zu einem Nachlassen der Leberfunktion. Diese geht mit Blutgerinnungsstörungen und somit einer Blutungsgefahr einher. Diese Form ist besonders tückisch, weil sie sich binnen weniger Stunden voll ausprägen kann.“

Im schlimmsten Fall geht die Präeklampsie in eine Eklampsie über. Das Hirn wird nicht mehr durchblutet und es kann zum Koma kommen. „Der Eklampsie voraus gehen alarmierende Zeichen wie starke Kopfschmerzen, Sehstörungen, dramatischer Blutdruckanstieg, Bewusstseinsstörungen und Übelkeit“, erläutert Niesert. „Bei einer entsprechenden ärztlichen Überwachung kommt es heute aber zum Glück nur noch sehr selten zu dieser lebensgefährlichen Komplikation.“

Ursache unbekannt
Die genauen Ursachen für ihr Auftreten sind weiterhin ungeklärt. Angenommen wird eine Störung im Zusammenspiel des mütterlichen Organismus mit den Veränderungen, die durch die Schwangerschaft im Körper ausgelöst werden.

Neueste Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen Fehlgeburten und Präeklampsie: Experten gehen davon aus, dass eine Plazentastörung in der Frühschwangerschaft für Beides Aulöser sein könnte. Sicher ist jedenfalls, dass Vorerkrankungen eine Rolle spielen: „Diabetes mellitus, Bluthochdruck, chronische Nierenleiden, Schilddrüsen- oder Gefäßerkrankungen begünstigen das Auftreten einer Präeklampsie genauso wie Übergewicht oder ein schlechter Ernährungszustand“, erklärt Niesert.

„Erstgebärende und Frauen mit Mehrlingsschwangerschaften sind besonders gefährdet. Die Ausbildung des Syndroms ist auch dann häufiger zu beobachten, wenn bei einer vorangegangenen Schwangerschaft schon einmal eine Präeklampsie aufgetreten ist oder wenn die Mutter oder eine Schwester der Schwangeren daran gelitten haben. Außerdem ist das Erkrankungsrisiko bei sehr jungen Frauen und bei Schwangeren ab 40 leicht erhöht.“

Immer unter Beobachtung
Da die genaue Ursache nicht bekannt ist, kann es nur eine Therapie der Symptome geben. Bei einem leichten Verlauf wird versucht, durch Stressvermeidung, Schonung und viel Schlaf ein weiteres Ansteigen des Blutdrucks zu stoppen.

Gehen die Krankheitssymptome nicht zurück, muss die werdende Mutter zur intensiven Überwachung und konsequenten Bettruhe stationär in einer Klinik aufgenommen werden. Blutdruck, Gewicht und Eiweiß im Harn werden täglich kontrolliert.

Die früher übliche entwässernde Behandlung mit salz- und flüssigkeitsarmer Ernährung sowie Reis-Obst-Tagen hat sich übrigens als Irrtum erwiesen. Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass gerade in der Schwangerschaft eine Ernährung mit einer ausreichenden Menge an Flüssigkeit, Kalorien und auch Salz notwendig ist. Die Ernährung bei Präeklampsie sollte wegen des hohen Eiweißverlustes außerdem besonders eiweißreich sein.

Vorzeitiger Geburtstermin nicht ausgeschlossen
Auch das Ungeborene muss sorgfältig überwacht werden. Wachstum, Kindsbewegungen und Fruchtwassermenge werden mit Ultraschalluntersuchung regelmäßig kontrolliert. Um die Versorgungslage beurteilen zu können, erfolgt zusätzlich eine Blutflussanalyse durch Dopplerultraschall. Auch die Herztöne werden regelmäßig abgehört.

Wenn die Präeklampsie durch die Therapiemaßnahmen nicht ausreichend behandelbar ist oder sich der Zustand des Kindes verschlechtert, muss die Entbindung vorzeitig erfolgen.

„Wir müssen immer abwägen, ob das Kind mehr durch die Minderdurchblutung oder durch eine Frühgeburt gefährdet ist – und auch, wie hoch die Gefahr für die Mutter ist“, so Niesert. „Tritt trotz Behandlung keine Besserung oder sogar eine Verschlechterung des Zustands ein, muss die Schwangerschaft auch in einem sehr frühen Stadium beendet werden. Bei Kindern vor der 34. Schwangerschaftswoche verabreicht man nach Möglichkeit 24 Stunden vor der Geburt ein Medikament zur Lungenreifung. Auf welche Art das Kind dann zur Welt gebracht wird – ob vaginal oder per Kaiserschnitt –, muss von Fall zu Fall individuell entschieden werden.“

Die Symptome bilden sich nach der Entbindung (ob diese nun spontan oder forciert eintritt) zurück. Spätschäden am Kind sind heutzutage selten geworden, ein erhöhtes Präeklampsierisiko bei erneuter Schwangerschaft konnte bisher nicht eindeutig gezeigt werden.

Weitere Informationen: www.gestose-frauen.de