Postpartale Depressionen

Nach der Geburt sollte eine Mutter strahlend und glücklich sein. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus: Eine von zehn frischgebackenen Müttern leidet unter einer postpartalen Depression, kurz PPD.
Die genauen Ursachen für die postpartale Depression, kurz PPD sind noch nicht erforscht. Ciirca 10 Prozent aller Mütter leiden darunter, die Dunkelziffer ist hoch, denn die meisten Betroffenen schämen sich zu sehr, als dass sie darüber sprechen oder Hilfe suchen würden. Es kann völlig verschiedene Auslöser für den Ausbruch einer solchen Depression nach der Geburt geben, etwa die hormonelle Umstellung, eine traumatische Geburt, das nun gänzlich andere Leben als Mutter. Die traurigen Gemütszustände, die eine junge Mutter treffen können, werden in drei Kategorien aufgeteilt:
Der sogenannte Baby-Blues wird von nahezu 80 Prozent aller Mütter direkt nach der Geburt erlebt. Schuld ist der rasante Hormonwechsel. Es ist ein Stimmungstief, das meist in den ersten zehn Tagen nach der Entbindung eintrifft. Als Kennzeichen gelten:

 

  • Traurigkeit und häufiges Weinen
  • Empfindsamkeit und Stimmungsschwankungen
  • Müdigkeit und Erschöpfung
  • Schlaf- und Ruhelosigkeit
  • Ängstlichkeit und Reizbarkeit
  • Konzentrationsschwierigkeiten

 

Der Baby-Blues gilt als normal und harmlos, da er so häufig vorkommt und nach wenigen Tagen verschwunden ist. Eine spezielle Behandlung ist nicht notwendig.

Von der postpartalen Depression, postnatale Depression oder auch Wochenbettdepression spricht man, wenn das Stimmungstief ungewöhlich lange, also mehr als zwei Wochen anhält. Von dieser Erkrankung sind ungefähr 10 bis 15 Prozent aller Mütter betroffen sind. Sie kann jederzeit im ersten Jahr nach der Geburt des Kindes entstehen. Dabei sind graduelle Abstufungen von leicht bis schwer zu unterscheiden. Typisch ist eine schleichende Entwicklung. Kennzeichen sind:

 

  • Müdigkeit, Erschöpfung, Energiemangel
  • Traurigkeit, häufiges Weinen
  • Schuldgefühle
  • Inneres Leeregefühl
  • Allgemeines Desinteresse, sexuelle Unlust
  • Konzentrations-, Appetit-, Schlafstörungen
  • Ängste, Panikattacken, Zwangsgedanken (wiederkehrende zerstörerische Vorstellungen)
  • extreme Reizbarkeit
  • Selbstmordgedanken
  • ambivalente (zwiespältige) Gefühle dem Kind gegenüber
  • psychosomatische Beschwerden, z.B. Kopfschmerzen, Schwindel, Herzbeschwerden

 

Postpartale Depressionen sind eine Krankheit und können heute gut behandelt werden. Wie bei anderen Depressionen auch, besteht die Therapie je nach Schwere der Erkrankung aus einer Mischung von Gabe von Medikamenten und einer psychotherapeutischen Begleitung. Die Behandlungsdauer kann zwischen zwei Wochen und mehreren Monaten liegen.

Die schwerste Erkrankungsform ist die Wochenbettpsychose, auch postpartale Psychose. Sie entsteht vorwiegend in den ersten zwei Wochen nach der Entbindung, kann sich aber auch aus einer Depression entwickeln. Sie gilt als die schwerste Form der nachgeburtlichen Krise und kommt bei einer bis drei von 1000 Müttern vor. Es gibt folgende Formen:

 

  • Manische Form: starke Antriebssteigerung, motorische Unruhe, Verworrenheit, Größenwahn. Der starke Antrieb, der sich in diversen unproduktiven Aktivitäten äußert, bedeutet nicht, dass sich die Mutter in gehobener Stimmung befindet.
  • Depressive Form: Angstzustände, Antriebs-, Bewegungs- und Teilnahmslosigkeit
  • Schizophrene Form: Halluzinationen und Wahnvorstellungen. Die betroffene Frau kann Stimmen hören, Menschen, Tiere und Dinge sehen, die nicht existieren. Oft sind ihre Halluzinationen religiöser Natur.

 

Relativ typisch für die Wochenbettpsychose sind Mischformen der genannten Zustandsbilder. Diese Krankheit muss sofort behandelt werden, oft geht dies nur stationär.

Dass postpartale Depressionen ein Tabuthema sind, liegt nicht zu letzt daran, dass allgemein das Bild der glücklichen Mutter hochgehalten wird. Die Schwangere ist „guter Hoffnung“, darin liegt für viele Frauen auch ein Druck, sich sofort in eine neue ungewohnte Rolle einzufinden. Und diese Mutterrolle wird meist idealisiert. Doch es geht nicht darum, eine perfekte Mutter zu sein, sondern eine gute. Das ist völlig ausreichend und viel gesünder für Mutter und Kind.

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