Oma trägt eigenen Enkel aus

Die Amerikanerin Kristine Casy (61) hat ihrer Tochter Sara den größten Wunsch erfüllt – Baby Finnean. Damit das möglich war, wurde die Rentnerin zur Leihmutter und trug ihr eigenes Enkelkind aus. Im Land der unbegrenzten Möglichkeit ist so etwas legal, bei uns nicht. Medizinisch wäre allerdings so eine besondere Familienhilfe auch bei uns machbar. Sollte das erlaubt werden? Diskutieren Sie mit.

Nach der Geburt hielt Sara Connell (35) als Erste den kleinen Finnean Lee im Arm. „Es ist ein Wunder,“ sagt sie. Denn auch wenn Sara die biologische Mutter des Jungen ist – ausgetragen und geboren hat ihn Saras Mutter Kristine Casey. Der Kaiserschnitt verlief bei der 61jährigen ohne Komplikationen. Kristine Caseys Tochter Sara war bei der Geburt dabei, weinend und betend. „Als das Baby schrie, war das unbeschreiblich,“ sagt sie der Zeitung „Chicago Tribune“.

Sara Conell und ihr Mann Bill wünschten sich schon seit 2004 sehnsüchtig ein Kind. Doch bald wurde klar, dass nur die Unterstützung einer Kinderwunschpraxis dem Paar helfen können würde. Denn Sara hatte hormonelle Probleme. Dank der Behandlung wurde sie schwanger. Aber ihre Zwillinge wurden in still geboren und die nächste Schwangerschaft endete mit einer Fehlgeburt. Die Sara und Bill Conell dachten über eine Adoption nach – aber auch in den USA ist das nicht einfach. Der Babywunsch blieb unerfüllt.

Eine Aufgabe, die sie voller Freude und Glück strahlen lassen würde

Dann änderte ein Besuch von Saras Mutter das Leben der ganzen Familie. Kristine Casey lebt im südlichen US-Bundesstaat Virigina, ihre Tochter Sara mit ihrem Mann Bill in Chicago, Illinois. Sara Conell leitet Seminare, in denen vor allem Frauen Kraft schöpfen können, und Ziele für sich und ihr Leben stecken können. Ihre Mutter nahm an so einem Workshop teil. Kristine Casey war damals seit drei Jahren Rentnerin und hatte das Gefühl, dass Freundinnen treffen, Kurse besuchen, Meditation und Walking sie nicht genügend ausfüllten.

Die Seminarteilnehmerinnen gestalteten Collagen. Und Kristine Casey stolperte über das Bild eines Vogel Strauß – dessen Gesicht vor Freude und Glück strahlte. Und plötzlich wusste Kristine Casey, dass sie genau das suchen müsse: Eine Aufgabe, die sie voller Freude und Glück erstrahlen lassen würde.

Wenige Wochen später erzählte ihr eine Bekannte von einer Frau, die nach den Wechseljahren noch ein Kind ausgetragen habe. Vielleicht war es die Geschichte einer brasilianischen Mutter, die für ihren homosexuellen Sohn das Kind als Leihmutter austrug – die Medien in allen Ländern diskutierten damals überall, ob so etwas moralisch vertretbar sei. Vielleicht aber war es auch ein Bericht über eine Mexikanerin, die für ihre Tochter ein Kind austrug. Einige Fälle gelangten in die Öffentlichkeit. In Kristine Casey reifte eine Idee.

Ein ganz besonderes Angebot – aus Liebe

Der 61-jährige Ruheständlerin gefiel die Vorstellung, sich als Leih-Oma-Mutter zur Verfügung zu stellen. „Ich dachte, dass die glücklichsten Momente in meinem Leben die Geburten meiner drei Töchter waren. Und mir war auf einmal klar, dass ich ganz genauso handeln würde, um jemanden den ich liebe, glücklich zu machen.“

Wenig später schrieb sie einen Brief an ihre Tochter und ihren Schwiegersohn und schlug ihnen vor, für sie ihr Kind auszutragen. Rein rechtlich kein Problem, denn in den USA ist es erlaubt, dass ein befruchtetes Ei in die Gebärmutter einer anderen Frau eingepflanzt wird. In Deutschland ist eine „Leihmutterschaft“ gesetzlich verboten.

„Ich habe etwas gefunden, um mich wie der Vogel Strauß zu fühlen. Was meint Ihr?“ fragte Kristine Casey Tochter und Schwiegersohn, als sie ihnen dieses besondere Angebot machte. Hätte das Paar sich unwohl bei dem Gedanken gefühlt, dann solle es einfach den Brief schnell vergessen.

Doch Sara und Bill waren von Kristines Idee sehr gerührt. Dass ein Familienmitglied so eine außergewöhnliche Unterstützung für den sehnlichen Wunsch nach einem Kind anbot, fanden sie unglaublich schön.

Bill Connell war allerdings auch skeptisch. Noch mehr risikoreiche Fruchtbarkeitsbehandlungen? Würde es nicht zu riskant für die Schwiegermutter sein? Auch Kristine Caseys Mann machte sich Sorgen. Doch sämtliche Ärzte, die die Familie aufsuchte, erklärten, dass medizinisch gesehen nichts gegen diese besondere Leihmutterschaft sprach. Und dies, obwohl Kristine Caseys letzte Schwangerschaft schon dreißig Jahren her war und sie die Wechseljahre schon hinter sich gelassen hatte.

Beim zweiten IVF-Versuch wurde die Rentnerin schwanger

Zunächst musste sich die 61-Jährige zahlreichen medizinischen und psychologischen Tests unterziehen. „Die Risiken einer Schwangerschaft in dem Alter sind bedeutend höher. Es ist wichtig, dass die Patientinnen über diese Gefahren gut aufgeklärt werden“, sagte David Cohen, Chef der Abteilung für reproduktive Medizin an der Universitätsklinik in Chicago der „Tribune.“ Kristine Casey sei allerdings noch sehr fit.

Die Gebärmutter selbst ist – im Gegensatz zu den Eizellen – durch das biologische Alter nicht so sehr beeinflusst. Mit Hilfe von Hormongaben konnte Kristine Casey schließlich künstlich befruchtete Eizellen ihrer Tochter eingesetzt werden. Beim zweiten IVF-Versuch wurde die 61-jährige schwanger – mit ihrem Enkelkind.

Die Schwangerschaft war unkompliziert, wurde aber trotzdem eng überwacht. Nach fast 39 Wochen kam dann der Finnean Lee Cornell zur Welt. Die frischgebackene Großmutter freut sich über ihr gesundes Enkelkind. „Ich habe mir diesen Moment so sehr gewünscht, wenn er endlich in den Armen seiner Eltern ist,“ sagt sie im Interview der „Chicago Tribune“. „Für mich war klar, dass ich eine begeisterte Oma sein werden – aber ich möchte selbst wirklich kein Baby mehr haben.“

In Deutschland wäre so ein ‚besonderes Geschenk‘ verboten

Sara Connell ist ihrer Mutter dankbar für diese „besondere Geschenk“, wie sie sagt.„Das hat unsere Familie ganz eng zusammengeschweißt.“ Mittlerweile ist der kleine Finnean mit seinen Eltern zu Hause. Kristine Casey möchte bald wieder zurück nach Virgina fahren – um sich dort ganz entspannt über ihren Ruhestand und über ihr erstes Enkelkind zu freuen. Sie möchte jetzt ein ganz normale Großmutter sein.

In Deutschland hätte Kristine Casey ihre Tochter nicht so unterstützen können – selbst in den USA wäre dies auf Grund ihres Alters in einigen Bundesstaaten nicht erlaubt. Doch in Deutschland ist das Embryonenschutzgesetz noch viel strenger. Generell ist eine Leihmutterschaft nicht erlaubt. Und doch wird dieses Verfahren immer wieder thematisiert.

Finden Sie es richtig, dass Kristine Casey ihren Enkel für die Tochter ausgetragen hat? Sollte dies auch in Deutschland möglich sein? Wir sind gespannt auf Ihre Kommentare.

Das Foto ist ein Agenturbild: © Rikard Stadler für istockphoto.com


Diskussion über das Thema im Forum der liliput-lounge

1 Gedanke zu „Oma trägt eigenen Enkel aus“

  1. Heute ist es schon nicht selten, dass die Frauen nach 50 die Kinder mit Hilfe von Leihmutterschaft und Eizellspende bekommen können. Manche finden es komisch, aber solche Frauen wirklich das brauchen. Eine Frau aus der Schweiz hat Zwillinge zur Welt gebracht. Und im Alter von 66. Bei einer ukrainischen Klinik Biotexcom hat sie Programm von Eizellspende durchgeführt. Ganz unglaublich!

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