Eltern dürfen sich entspannen und getrost alte Baby-Ernährungsratgeber entsorgen. Die Experten der „Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften“ (AWMF), in der sich verschiedene Gesundheitsverbände wie die „Deutsche Gesellschaft für Allergologie“ engagieren, haben neue Empfehlungen herausgegeben. Mehr als 217 Studien haben die Wissenschaftler ausgewertet, um die neuesten Erkenntnisse der Forschung an Eltern weiter geben zu können.
Hier nun die gute Nachricht: Vergessen Sie die meisten Ernährungs-Ratgeber für Babys. Ab damit in die Altpapiersammlung! Denn im Gegensatz zu dem, was besorgte Eltern bisher praktizierten, gilt nun eine neue Entspannung am Esstisch. Verbotene Lebensmittel gibt es fast gar nicht mehr und neugierige Kinder dürfen nun von früh an einen Happen von Mamas Teller probieren.
Die Auswertung der Studien hat nämlich Erstaunliches ergeben: Es hilft überhaupt nicht, wenn Babys potentiellen Allergieauslösern nicht ausgesetzt werden. Nun raten die Wissenschaftler also, dass der Nachwuchs sogar schon mit möglichst vielen verschiedenen Nahrungsmitteln in Kontakt kommt, um das Immunsystem zu stärken.
Hier die neuen Empfehlungen, in Kürze:
- Stillen bleibt wichtig. Allerdings gilt es nicht mehr als Regel, dass Babys möglichst sechs Monate lang vollgestillt werden sollten. Es gibt keine Belege, dass dies Allergien mindert. Beikost kann schon ab vier Monaten eingeführt werden
- Hypoallergene Säuglingsmilch wird ausdrücklich nur für Risikokinder empfohlen. Also nur wenn mindestens ein Elternteil Allergiker ist
- Fisch, bisher nicht vor dem ersten Lebensjahr empfohlen, kann sehr wohl früher gefüttert werden. Vor allem der Verzehr von fettreicheren Fischen ist durch die wertvollen Omega-3-Fettsäuren besonders günstig, da diese vor allergischen Erkrankungen schützen
- Auch Kuhmilch ist nun in geringen Mengen ist erlaubt. Allerdings bis zum 12. Lebensmonat nicht als Getränk, sondern nur als Breigrundlage, da der Darm noch nicht reif genug ist, die Milch sonst zu verarbeiten
- Glutenhaltiges Getreide (Weizen, Roggen, Hafer, Gerste, Dinkel) ist nicht mehr tabu. Gefüttert zwischen dem fünften und siebten Lebensmonat in kleinen Mengen wirkt es sogar wie eine Impfung gegen Zöliakie
- Soja, Sellerie, Zirtusfrüchte und exotische Früchte (etwa Kiwi, Mango, oder Orangen.) Kakao und Schokolade dürfen geben werden. Auch gemahlene Nüsse (Achtung- bei Nüssen im Stück Erstickungsgefahr) können Kinder vor dem ersten Lebensjahr kosten
- Wichtig: Sollte das Kind allergische Reaktionen zeigen, sofort den Kinderarzt aufsuchen. Denn dann sollte auf dieses Lebensmittel selbstverständlich verzichtet werden
Auf den ersten Blick wirkt das sehr verwirrend. Lange Jahre lesen wir, dass Babys sensibler Magen nur ein neues Nahrungsmittel pro Monat verträgt, füttern wochenlang Karotte, gefolgt von Pastinake. Und das soll nun alles überholt sein?
Darf ich meiner acht Monate alten Tochter, die jeden meiner Happen sehnsüchtig verfolgt, wirklich schon einen Löffel von meinem Erdbeerjoghurt geben? Das war doch bisher streng verboten!
Tatsächlich sind die Empfehlungen als das zu lesen, was sie sind: Tipps, wie Allergien vermieden werden können. Es geht nicht darum, optimales Essverhalten zu lernen. Aber die neuen Ratschläge beruhigen ungemein. Denn Eltern müssen nun nicht mehr das Gefühl haben, dass sofort die Nahrungspolizei am Esstisch auftaucht und böse guckt.
Endlich dürfen Eltern und Kinder entspannt sein, beim Essen lernen. Aber sicher gilt noch immer, dass es verboten ist, dem kleinen Essanfänger zu Scharfes, zu Gezuckertes oder zu Gesalzenes zu geben. Auch Honig ist tabu, er enthält zum einen Pollen, die Allergien auslösen können. Und vor allem so genannte Botulinustoxine. Diese können bei Baby und Kleinkindern zu schweren Vergiftungen führen. Experten raten daher, Honig nicht vor dem zweiten Lebensjahr, manche sogar nicht vor dem vierten Lebensjahr, anzubieten.
Die neue Freiheit erlaubt Kindern auch mal von Mamas Teller zu naschen, ohne dass diese befürchten muss, nun ihr Leben lang für eine schwere Lebensmittelallergie verantwortlich zu sein. Kleine Kinder dürfen nun Stück für Stück alles probieren und ihre Gaumenknospen an neuen Geschmack gewöhnen. Genuss pur, ohne Angst vor gefährlichen Nebenwirkungen.
So wird Ernährung nicht mit Verboten verbunden und das Baby darf mit am Familientisch sitzen – auch das fördert ein gesundes normales Essverhalten.
Bild:©iStockphoto
Mehr Informationen gibt es auf der Seite der AMWF