Ab wann schwillt ein Mutterherz stolz an? Es gibt Frauen, die sich ab dem positiven Schwangerschaftstest in Muttis verwandeln – bei vielen anderen Frauen ist es ein eher schleichender Prozess. Doch irgendwann kriegen sie einen, diese Wettbewerbe unter Müttern, wetten, dass? Hier ein kurzer Überblick über die verschiedenen Disziplinen in denen der Kampf darum, wer denn nun die beste Mutti ist, und wer ein wahres Superkind großzieht.
Also ich habe noch überhaupt gar keine Streifen!
Früher konnten sich Schwangere meist erst so ab dem 7. Monat miteinander austauschen. Doch das Internet macht es möglich: man lernt oft schon „Mithibblerinnen“ kennen und mit denen teilt man die freudige Nachricht über den positiven Schwangerschaftstest schon vor der 12. Woche. Lange bevor die echten Freunde und der Chef informiert sind.
Und dann geht es langsam los. Wie groß ist der Mini im Bauch? Welches Kind ärgert Mama mit Übelkeit? Je mehr der Bauch wächst, desto mehr Vergleiche kommen. Spätestens wenn dann auch die Geburtsvorbereitungskurse anfangen. Wie aktiv ist der Nachwuchs, wie rund der Bauch – und wie streifenfrei? Schon die Schwangerschaft ist für einige Frauen ein wahrer Wettbewerb. Einer, in dem gejammert und gewehklagt wird. Meisterinnen dieser Sportart beginnen jetzt das meldodramatische Seufzen zu üben, sie werden es in den nächsten Jahren perfektionieren.
Es gibt auch die Heldinnen, die für ihre unendlichen Leistungen (Leistenbrüche, nebenbei Kleinkind betreuen und schwanger, dramatische medizinische Diagnosen) prinzipiell Medaillen erwarten. Und Übermütter, die jedem aber auch wirklich jedem stolz von den Meisterleistungen ihres Nachwuchses erzählen. Ist er nicht bezaubernd hübsch anzusehen auf dem Ultraschallbild? Und wie gezielt die Tritte sind, sicher später ein Spitzensportler. Das ist nur der Anfang.
Wie?! Das habt Ihr nicht?
Vor der Geburt geht es an die Ausstattung. Das Kinderzimmer will eingerichtet werden. Und da dürfen sich Supermamis und alle, die es werden wollen, nicht lumpen lassen. Wärmelampe über dem Wickeltisch, Schlafsäcke in diversen Ausführungen, wunderschöne Farben, edelste Möbel.
Und natürlich einen Kinderwagen, der fast so viel kostet wie ein gebrauchtes Auto. Am besten die, die aussehen, als ob ein Bürostuhl ein wenig fremd gegangen ist, denn die sind besonders angesagt in der Mütter-Szene. Einen einfachen Kinderwagen – gar schon benutzt? Nun ja.
Natürlich geht das auch. Man trifft neben den besonders shoppingbegeisterten Schwangeren auch die wahren Schnäppchenjägerinnen. Die kennen jeden Flohmarkt und die besten Ebayshops. Die Wochenenden sind verplant, denn für einen guten Deal muss man auch mal ein paar Kilometer zurücklegen. Angehende Mütter, die sich an diesen Sportarten noch nicht beteiligen, dürfen noch quer einsteigen. Denn bald kommt das Kind ja zur Welt…
Ach, sie kann den Kopf noch nicht allein halten?
Kaum ist so ein kleines Baby geboren, beginnen die ersten Vergleiche. Wann genau? Auf der Wöchnerinnenstation. Wehren ist zwecklos. Denn ob man will oder nicht, sieht man die gleichaltrigen Säuglinge, die mehr oder weniger Haare haben als der eigene Nachwuchs. Die lauter oder leiser Schreien, besser oder schlechter trinken. Die anderen Frischentbundenen, die ihr Baby nie abgeben und die, die sofort nach der Geburt wieder eine Zigarette rauchen. Der Wettbewerb geht los. Alles andere war nur das Vorspiel. Die ersten Fragen kommen. „Trinkt sie gut?“ „Ist er unruhig?“ Und die ersten Prahlereien: „Also meine Narbe merke ich gar nicht.“ „Der Milcheinschuss kam sofort.“
Und kaum ist man zu Hause geht es weiter. Ungefragt kommentieren die lieben Verwandten und Bekannten den Fortschritt von Mutter und Kind. Sie sind froh, dass das Kleine die ersten U-Untersuchungen verschlafen hat? Das Baby von Gisela oder Anja ein paar Blocks weiter ist ja viel lebhafter. Das kann schon seinen Kopf heben….
Also meiner steht schon gaaaanz lange!
Irgendwann ist es da. Das erste Treffen mit anderen Müttern in einer Krabbelgruppe, beim Pekip oder beim Pampersturnen. Und sofort geht es weiter mit den direkten Vergleichen. Das erste Greifen, das erste Umdrehen – alles Meilensteine in der Geschichte. Zumindest in den Augen der begeisterten Mütter. Wessen Baby robbt als erstes? Zieht sich hoch oder macht die ersten Schritte? Alles klare Anwärter auf die Medaillen.
Auch die Sondersportart der Jammernden wird in solchen Mutti-Gruppen eifrig ausgeübt. Ach, seit Monaten hat Jutta höchstens zwei Stunden im Stück geschlafen. Jule trinkt nicht richtig und der Mattis ist Stammkunde beim Kinderarzt. Neben den Müttern, die so gerne „Erste“ rufen und den Geplagten, zeichnet sich langsam aber sicher noch eine dritte Gruppe ab. Die Weisen.
Die Super-Mamis mit den besten Ratschlägen, die immer wissen, welcher Kinderarzt angesagt ist, welche Kügelchen garantiert bei Zahnungsschmerzen helfen und die stets mit einem Keks aus der Tupperdose aushelfen können. Die Ehrgeizigen, die Leidenden und die Ratgeber werden von überall dabei sein. Denn je älter das Kind wird, desto weniger ist es möglich, sich dem Wettbewerb zu entziehen.
Meiner kann schon Auto sagen!
Kaum können die Kleinen sitzen, zieht es Mütter magisch an die Sandkisten. Klar, für den Nachwuchs ist buddeln schön. Und für Mütter ein wenig Austausch. Lieben muss man seine Kollegen auf dem Arbeitsplatz ja auch nicht. Ähnlich verhält es sich auf dem Spielplatz. Wenn da nun also die Knirpse ihre ersten sozialen Kontakte knüpfen, dann vergleichen ihre Mütter wieder eifrig. Ein beliebtes Thema ist der Spracherwerb. „Huhu“, nuschelt so ein Wicht mit ein paar Zähnen. Und die Mutter bricht in Entzücken aus. Dass der Jannis nun schon Auto sagt. So ein cleveres Kerlchen. Medaillien-Mütter interpretieren viel in das, was andere noch für „Dabamdabum“- Lallen halten.
Schere, Messer und das wahre Licht
Je älter die Kinder werden, desto mehr gibt es zu vergleichen. Wenn die Fortbewegung und das Sprechen geübt sind, geht es für viele Kinder in den Kindergarten. Wieder ein Thema, mit denen sich die verschiedenen Mutter-Typen lange aufhalten können. Die Übermutti hat entweder drei Kindergartenplätze organisiert oder bleibt zu Hause, weil eh keine Erzieherin ihr Kind angemessen fördern kann, die Jammerige wehklagt darüber, dass sie nicht die gewünschte Zahl an Betreuungsstunden bekommt und überhaupt so lange fahren muss und die Ach-so-Kluge hat natürlich zahlreiche Tipps parat.
Ist der Nachwuchs erst einmal in der Betreuung angekommen, gibt es wieder viele Vergleichsmöglichkeiten. Mit ganz neuen Eltern. Welches Kind kann am ersten sicher mit einer Schere umgehen oder gar mit dem Besteck? Was wollen die Kritzeleinen über das wahre dreijährige Genie aussagen?
Wie – es gab nur Topfschlagen?
Kaum sind die Kinder ein wenig älter, können Eltern sich auf vielfältige Art als Supermamas präsentieren. Mit den coolsten Kreationen bei der Faschingsfeier, einem engagierten Clown oder einem Pony im Garten bei der Geburtstagsfeier. Mit fünfjährigen einfach nur ein bisschen Topfschlagen spielen. Sehr uncool. Die anderen Mütter müssen ja sehen, dass Übermuttis Mottopartys mit unschlagbaren Kuchenkreationen arrangieren können.
Mein Kind ist ja so begabt
Und dann kommt die Einschulung. In einigen Grundschulen wurden in den ersten Klassen die Noten abgeschafft. Was das für Spannung verursacht. Da können doch die Muttis gar nicht mehr vergleichen, wer denn nun das klügste und talentierteste Kind hat.
Abgesehen davon, dass sich nun aber auch noch deutlich zeigt, dass besonders engagierte Eltern im Elternbeirat sind, als Fahrdienst für ein umfangreiches Nachmittagsprogramm zur Verfügung stehen und die Wochenenden in Turnhallen verbringen, um dem Nachwuchs beim Sport treiben anzufeuern.
Meiner studiert ja Jura
Mit dem Ende der Schulzeit hört für wahre Übermuttis der Dauervergleich und die Prahlerei übrigens nicht auf. Da wird angeregt beim Rommé-Abend über Studiengänge und Nebenjobs („finanziert sie alles allein“, „seine Professoren schätzen ihn ja so“) geplaudert und der jüngste angehende Meister im ganzen Bundesland schon frühzeitig gelobt. Und dabei wird meistens furchtbar übertrieben, denn die Bürogehilfin ist da die rechte Hand des Chefs, unersetzbar und der planlose Dauerstudent rasch mal einer, der parallel zwei Studiengänge meistert.
Endlich ist es soweit!
Wann das aufhört mit dem Mutti-Wettkampf? Ganz klar meist nach einem Test. Und zwar nach einem Schwangerschaftstest. Denn dann, richtig geraten, geht es wieder von vorne los. Da werden Ultraschallbilder gezeigt und Fortschritte beweihräuchert. Wer ist die beste Oma im Land?
Foto: © WoodKey für istockphoto.com
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