liliput-lounge: Wie kamen Sie dazu, sich mit dem Thema der schwierigen Schwangerschaft und dem Dialog zwischen Mutter und Embryo zu beschäftigen?
Dr. med. Ute Auhagen-Stephanos: In meinem nahen Verwandtenkreis waren Betroffene. Ich fing 1977 an darüber nachzudenken, wie Paare mit unerfülltem Kinderwunsch seelisch unterstützt werden können. Durch die medizinische Entwicklung, gerade im Bereich der assistierten Befruchtung, ist der Bedarf nach zusätzliche Unterstützung bei vielen Frauen da.
Sie bevorzugen den Begriff assistierte Befruchtung, warum?
Die Formulierung „künstliche Befruchtung“ klingt abwertend. Und sie ist inhaltlich falsch, denn tatsächlich kann kein Mensch die eigentliche Befruchtung beeinflussen. Ob Samen und Eizelle sich wirklich verbinden, dass bestimmt allein die Natur. Der natürliche Prozess kann heute allerdings unterstützt werden, indem eben Samen und Eizelle zusammengebracht werden. Der Begriff „assistierte Befruchtung“, wie er auch im Englischen üblich ist, passt daher besser.
Inwieweit spielt denn die Psyche der werdenden Mutter eine Rolle?
Unser Körper macht ständig aus Psychologie Biologie. Die Gedanken einer Frau beeinflussen auch ihren Kinderwunsch. Ängste und Depressionen bewirken negative Blockaden, die dazu führen können, dass weniger Eizellen produziert werden oder ein befruchtetes Ei sich nicht richtig einnisten kann.
Fühlen sich viele Frauen sehr machtlos und ausgeliefert, wenn eine Schwangerschaft lange auf sich warten lässt?
Ja, aber das sind sie überhaupt nicht. Denn der Dialog mit dem ungeborenen Kind kann schon vor der Zeugung anfangen. Stellen Sie sich vor, Sie erwarten einen Gast. Schon im Vorfeld werden Sie alles für ihn schön machen wollen, Sie putzen und kochen und richten das Gästezimmer wohnlich ein.
So ähnlich können Sie auch den Körper auf die bevorstehende Schwangerschaft vorbereiten. Zunächst ist das ein erweiterter Dialog, bei dem die Mutter Arbeit leisten muss.
Gibt es eine Übung, die Sie Frauen mit Kinderwunsch empfehlen können?
Ja, bereiten Sie Ihren Körper auf die Schwangerschaft vor. Man kann seinen Körper mit dem Verstand beeinflussen und durch Nachdenken mit seinen Organen in Kontakt treten. Eine einfache Übung ist es, seinem zukünftigen Kind noch vor der Zeugung täglich einmal zuzulächeln.
Wie kann so ein Dialog Frauen mit schwerer Schwangerschaft helfen?
Sie müssen sich nicht mehr als wehrlos erleben, sich nicht länger als Objekt sehen, dass eine medizinische Behandlung bekommt. Passivität und eine enge Überwachung, dazu noch Angst um das Kind, das ist etwas, vor dem viele Frauen kapitulieren. Aber sie sind eben nicht hilflos, sondern haben als Mutter eine aktive Aufgabe.
Ich nenne dies das Kind ‚einlieben’, mit ihm reden. Es in Gedanken streicheln und ihm deutlich machen, wie willkommen es ist. So können Frauen im wahrsten Sinne des Wortes guter Hoffnung sein.
Wie können Frauen denn lernen auf ihre Seele zu hören und in einen solchen „Erweiterten Mutter-Embryo- Dialog“ zu treten?
Man kann seinen Körper mit dem Verstand beeinflussen, das zeigt die Hirnforschung. Durch Nachdenken ist es möglich, mit den eigenen Organen in Kontakt zu treten. Dann können auch die Gefühle kommen. Wichtig ist es, liebevoll an sich zu denken, sich zu fragen, wie es der Gebärmutter, den Eierstöcken und den Eileitern geht.
Wie kann denn so eine Kommunikation geübt werden?
Versuchen, den Kontakt zum Körper zu intensivieren, zu spüren, was tut sich in meinem Unterleib? Und beginnen, meinen Körper so wie er ist, zu lieben und das Wunderwerk in mir selbst zu schätzen. Wenn die Periode kommt, beispielsweise nicht enttäuscht und vorwurfsvoll sein, sondern stolz auf die Gebärmutter sein, die so brav Hausputz gemacht und alles für den willkommenen Gast vorbereitet hat.
Es gibt sicher Frauen, die sich mit einem solchen Zwiegespräch schwer tun. Haben Sie für die einen Rat?
Es ist nicht schwer, jede Frau kann damit anfangen. Mit dem Verstand kann man sich vorsichtig an die eigenen Organe herantasten, sich fragen, was ist da? Die Gefühle und Bilder kommen von allein.
Und ein Mutter-Embryo-Dialog erhöht auch die Chancen bei Risikoschwangerschaften oder nach dem Einsetzen eines Embryos?
Ja, die Chancen sind größer, wenn der Körper vorbereitet ist, und die Mutter sich selbst liebevoll annimmt. Positive Lebensenergie verleiht gute Hoffnung. Eine Patientin hat einmal formuliert: ‚Angst essen Embryo auf’ – in diesen Worten liegt viel Wahrheit.
Eine Frühschwangerschaft – egal, wie sie eingetreten ist – ist immer etwas, das als Glück gesehen werden sollte. Voller Freude ein innerliches Zeugungsfest feiern, stolz auf die Leistung der eigenen Organe sein und sie auch sehr loben, das unterstützt und hilft dem Embryo.
Wie wirkt sich denn diese Unterstützung und Hilfe aus?
Eine ganz frühe Bindung erhöht die Chancen der Einnistung. Wenn wir unser Kind lieben, drohen ihm weniger Gefahren im Mutterleib, die Ammenzellen werden gestärkt und die Killerzellen, die ja zunächst dafür sorgen wollen, dass sich nichts Fremdes in unserem Körper einrichtet, vermindern sich.
Babys sind bindungshungrig, sie spüren die Liebe. Willkommene Kinder sind gesünder und kommen sicherer und leichter zur Welt.
![]() Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, sowie für Psychotherapeutische Medizin und Psychoanalytikerin begleitet seit 30 Jahren Paare mit Kinderwunsch. Vor allem Frauen, die in einer medizinischen Behandlung sind, werden von ihr psychologische unterstützt. Dr. Aughagen-Stephanos ist verheiratet, Mutter zweier Kinder und arbeitet in einer eigenen Praxis. Zum Thema „Unfruchtbarkeit“ veröffentlichte sie „Wenn die Seele nein sagt: Unfruchtbarkeit. Wie Sie neue Hoffnung schöpfen – Wo Sie Hilfe finden“.
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Bild Dr. Aughagen-Stehpanos© Foto Fritz