Kündigung wegen Kinderwunsch?

Schwangeren Frauen dürfen Arbeitgeber nicht einfach kündigen. Doch was, wenn eine Frau offen mit ihrem Babywunsch umgeht – oder eine Kinderwunschbehandlung macht? Muss sie dann um ihren Job bangen? Aktuelle Urteile sollen Schutz geben. Aber reicht das?

In vielen Internetforen tauschen sich Betroffene aus – und fast jeder kennt Fälle im Bekanntenkreis. Junge Frauen, die schwanger werden könnten, verlieren schneller ihre Arbeitsplätze. Frischverheiratete bekommen eher betriebsbedingte Kündigungen, befristete Stellen laufen im Erziehungsurlaub aus – ohne Verlängerung. Traurige Realität in Deutschland. Schwangere Frauen genießen einen besonderen Kündigungsschutz, doch dieser gilt nicht bei Frauen mit Kinderwunsch. Das dachte sich jedenfalls ein Arbeitgeber in Dresden.

Die betroffene Frau war seit zwei Jahren als Restaurantfachfrau angestellt. Im Sommer 2009 teilte sie ihrer Firma mit, dass sie gerne schwanger werden möchte und deswegen medizinisch behandelt werden würde. Aus Rücksicht auf die arbeitsreiche Weihnachts- und Silvesterzeit verschob sie ihre Behandlung auf den Februar 2010.

Wegen des bevorstehenden Eingriffs wurde die Restaurantfachfrau vom 15. Januar 2010 an krankgeschrieben. Ende Januar erhielt sie dann die Kündigung, gefolgt von einem Schreiben, dass eine Weiterbeschäftigung möglich sei – wenn die Behandlung erfolglos verliefe.

Wir wissen nicht, ob die Frau schwanger wurde – aber sie wehrte sich erfolgreich gegen diese Kündigung. Ein Gericht in Dresden erklärte die Kündigung für unwirksam (AZ 9 Ca 576/10). Diese sei sittenwidrig und diskriminierend. Denn dass der wahre Kündigungsgrund die von Seiten des Arbeitsgebers unerwünschte Schwangerschaft mit eventuellen Ausfallzeiten war, sahen die Richter als bewiesen an.

Schon in ihrem Arbeitsvertrag hatte die Restaurantfachfrau schriftlich erklären müssen, dass sie nicht schwanger sei. Dies und das Schreiben des Arbeitgebers machte die Sache eindeutig. Die Frau erhielt gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz eine Entschädigung in Höhe von 3600 Euro zugesprochen. Denn durch die diskriminierende Behandlung habe sie unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen gelitten.

Kein Einzelfall

Auch das Arbeitsgericht Detmold (Az. 3 Ca 1058/06) verhandelte einen ähnlichen Fall. Auch hier wollte eine Zahnarzthelferin mit Hilfe einer künstlichen Befruchtung schwanger werden. Die damals 31jährige war ein Jahr bei ihrem Chef angestellt, als dieser von der bevorstehenden Behandlung erfuhr. Wegen zu erwartender Fehlzeiten kündigte er seiner Mitarbeiterin.

Auch sie wandte sich an das Gericht und berief sich auf das Kündigungsschutzgesetz. Die Richter stellten fest, dass die Entlassung unwirksam sei, denn der Zahnmediziner habe mit dem Rauswurf gegen das im Bürgerlichen Gesetzbuch verankerte Maßregelungsverbot verstoßen. Mitarbeitern müsse erlaubt werden, ihre Rechte in zulässiger Form wahrzunehmen. Zudem verstoße die Kündigung gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Doch nicht immer sind diese Fälle eindeutig. Hätte die Restaurantfachfrau beispielsweise nicht das Schreiben vorlegen können, in dem stand, dass bei erfolgloser Kinderwunschbehandlung die Weiterbeschäftigung möglich wäre, dann hätte sie wesentlich schlechtere Chancen vor Gericht gehabt.

Denn sogar der europäische Gerichtshof hat sich schon mit der Situation von Frauen mit Kinderwunsch beschäftigt. Einer Kellnerin aus Österreich war drei Tage vor einem geplanten Embryonentransfer gekündigt wurden. Das Arbeitsgericht gab ihr Recht, dass die Kündigung nicht Rechtens war. Doch in der Berufung wurde ihre Klage abgewiesen.

Der österreichische Obergerichtshof leitete diesen Präzedenzfall an den europäischen Gerichtshof weiter. Und der Entschied gegen die Klägerin. In der Begründung heißt es: „…(dass) eine Schwangerschaft im Sinn der Richtlinie zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz von schwangeren Arbeitnehmerinnen erst nach Einpflanzung befruchteter Eizellen vorliegen kann und erst dann Kündigungsschutz gewährt werden kann.“

Im Alltag ist Diskriminierung schwer zu beweisen

Damit hat es der europäische Gerichtshof nicht einfacher gemacht für Frauen mit Kinderwunsch. Tatsächlich können all die Urteile können nichts an der Alltagspraxis ändern. Wenn Arbeitgeber erfahren, dass Frauen schwanger werden möchten, sind sie ganz oben auf der Liste bei betriebsbedingten Kündigungen, Arbeitsverträge werden nicht verlängert oder das Betriebsklima wird so schlecht, dass die Frau von sich aus kündigt. Rechtlich ist dies meist sehr schwer zu beweisen.

Oft führt so eine Kündigung dann dazu, dass der Kinderwunsch nicht umgesetzt wird, wie eine groß angelegte und vom Wissenschaftsfonds FWF gestützte Studie der Universität Linz zeigt. Nach einer Entlassung überdenken viele Frauen ihre Lebensplanung. Einige entscheiden sich bewusst gegen eine Familie. Frauen, die eine Kinderwunschbehandlung machen, können diese wegen der finanziellen Belastung durch den Verlust des Jobs nicht fortsetzen.

Haben Sie auch etwa ähnliches erlebt? Dann schreiben Sie uns gerne einen Kommentar oder eine Mail an die Redaktion. Denn wir wünschen uns, dass Beruf und Familie auch in Deutschland vereinbar sind.

Bild: © Alexander Raths für istockphoto.com