Herdprämie – nein, danke!

Ab 2013 soll das neue Betreuungsgeld kommen. Es soll an Mütter gezahlt werden, die ihre unter 3 Jahre alten Kinder zu Hause behalten und nicht in eine Krippe geben. Eine schlimme Idee, meine ich…

Nein, neu ist die Idee mit dem Betreuungsgeld nicht. Sie wird schon einige Jahre diskutiert und bisher hat sich Familienministerin von der Leyen (CDU) heftig gegen die Einführung der „Herdprämie“ gewehrt. Doch nun ist gerade diese im Koalitionsvertrag der neuen Regierung festgelegt wurden. Ab 2013 sollen alle Frauen, die ihr Kind nicht in eine Krippe geben oder es zu einer Tagesmutter gehen lassen, 150 Euro monatlich erhalten.
 
Das Argument: Die Mütter müssten dafür belohnt werden, dass sie Erziehungsarbeit leisten und die Erziehungseinrichtungen nicht nutzen. Also eine Prämie für Nichtbenutzung? Tolle Idee, dürfen dann auch Menschen, die kein Auto besitzen Geld dafür fordern, dass sie die Autobahnen nicht benötigen und kinderlose haben keinen Bedarf an Schulen?
 
Natürlich nicht, dies ist alles vorgeschoben. Denn die Realität ist, dass die Politiker die Frauen gern weiter am Herd sehen. Wo kämen wir denn hin, wenn alle Mütter einfach arbeiten wollten und ihre Kinder betreut haben lassen möchten? Auf jeden Fall kämen auf den Staat immense Kosten zu. Denn auch wenn es ab 2013 einen rechtlichen Anspruch auf die Kinderbetreuung gibt, es sind nur Plätze für etwa 30 Prozent aller Kinder in Krippen und bei Tagesmüttern vorhanden. Eine Wahlfreiheit gibt es also sowieso für viele Mütter nicht, das ist ebenfalls ein Scheinargument.
 
Für wen sind denn überhaupt 150 Euro im Monat ein Grund, nicht arbeiten zu gehen? Qualifizierte Mütter, die nach dem Ende der Erziehungszeit zurück in ihren Job kehren, verdienen doch meist mehr. Sämtliche Sozialexperten sind sich einig: Es ist nicht die vielzitierte schwäbische Hausfrau, die von dem Betreuungsgeld profitieren wird. Sicher, sie wird es vielleicht auch gern in der Haushaltskasse haben, aber allein deswegen, weil sie keinen Krippenplatz findet und nur einen befristeten Arbeitsvertrag vor der Kinderzeit hatte – glücklich ist sie aber nicht über die Lösung. Auch an ihre Rente darf die schwäbische Hausfrau gar nicht denken. Da in Deutschland noch immer so viele Frauen auf Grund von Kindererziehungszeiten gar nicht oder nur in Teilzeitstellen arbeiten, gehen die Experten von einer großen Altersarmut unter Frauen in einigen Jahren aus. Und da die Scheidungsraten hoch sind – und die Gesetzte heute andere sind – werden die Frauen auch nicht mehr von den eingezahlten Beiträgen ihrer Männer profitieren. Die schwäbische Hausfrau hat also wenig Wahl.
 
Und die Berliner Aushilfskraft aus Neukölln? Die hat schon drei Kinder und wird mit nicht viel Rechenkünsten feststellen, dass sie mit Betreuungsgeld und Harz IV deutlich besser lebt, als wenn sie wieder Regale bestücken würde. Gar nicht gut. Gerade die so genannten „bildungsfernen Schichten“ werden genau kalkulieren, ob sie ihre Kinder in eine Betreuungseinrichtung bringen. Kinder, die in Kindertagesstätten die Chance haben, Grundlagen zu lernen, die sie zu Hause nicht bekommen, werden sie nun nicht mehr erhalten. Genau dies war bisher immer eines der Gegenargumente zum Betreuungsgeld. Chancenlosigkeit wird damit festgeschrieben.
 
Ich meine, dass das Betreuungsgeld einem völlig veralteten Rollenbild entspricht, das mit der Realität kaum etwas zu tun hat: die Familie mit dem Alleinverdiener und der fröhlichen Nur-Hausfrau. Politiker, bitte guckt mal, wie die Menschen wirklich leben. Kaum eine Familie kann nur noch von einem Gehalt leben, dazu sind Mieten und Lebenshaltungskosten zu hoch. Wir brauchen kein zusätzliches Taschengeld für Muttis, sondern qualifizierte gute Betreuung für Kinder und familiengerechte Arbeitsplätze für Eltern. Sicher, das kostet kurzfristig Geld. Aber es ist ein Investion die Zukunft des Landes: Familien und Kinder.
 
Noch ist der Gesetztentwurf ja noch nicht bewilligt, ich jedenfalls hoffe, dass das Betreuungsgeld nicht kommt, sondern dass bessere Zukunftslösungen gefunden werden.
 
Foto: ©fotolia.com
 
Und Sie? Stimmen Sie mir zu oder finden Sie das Betreuungsgeld gut? Bin gespannt auf Kommentare…
 
 

1 Gedanke zu „Herdprämie – nein, danke!“

  1. Die Berliner Mutti mit schon drei oder noch mehr Kindern wird sicher vor allem feststellen, dass es mehr als schwierig ist, neben MEHREREN Kindern arbeiten zu gehen und die Betreuungszeiten in den verschiedenen Einrichtungen (Krippe für die Jüngsten, Kindergarten für die 3 – 6jährigen, Schule und Hort für die Älteren) zu koordinieren. Und: So wird es nicht nur Müttern aus „benachteiligten“ Schichten gehen, sondern so ist eben die Situation für Familien mit mehr als einem Kind. Und selbst bei Einkindfamilien gehen die Übergänge zwischen den verschiedenen Betreuungseinrichtungen (Beispiel: von Krippe in Kita von dort in Schule/Hort) nicht so reibungslos als dass berufstätige Eltern sich darauf verlassen könnten. Beispiel: Kindergartenöffnungszeit bis 17:30 Uhr, Hort dann nur noch bis 16:30 Uhr. Hort und Schule an unterschiedlichen Orten… und kein organisierter Fahrdienst… also werden Lösungen für die „Zwischenzeiten“ benötigt etc. Von einem ausgeklügelten System kann keine Rede sein und wer sich auf der sicheren Seite fühlt, weil er für sein einjähriges Kind einen RundumdieUhr-Krippenplatz bekommen hat, muss sich zwei Jahre später möglicherweise sehr den Kopf darüber zerbrechen wie’s nun weitergehen kann. Und erst recht, wenn die Familie zwischenzeitlich weiter wächst… Mit Schuleintritt wird auch nichts einfacher… denn schon in der Grundschule wird darauf gebaut, dass in den Familien intensiv geübt wird.

    Sind Eltern und Kinder aber nach einem langen Tag in Betrieb, Schule und Einrichtungen erschöpft, kann man keinen hohen Aufwand mehr erwarten. Ohne einen vorbildlichen Hort mit kleinen Gruppen, in denen die Horterzieher auch schulisch fördern können, kann dieser Mangel nicht aufgefangen werden. Steht allerdings am Wohn- oder Schulort kein Hortplatz zur Verfügung (denn diese müssten ja mit der gleichen Intensität ausgebaut werden wie die Krippenplätze) und das Kind im GS-Alter ist sich nachmittags selbst überlassen, ist dies natürlich die schlechteste denkbare Lösung (die aber dennoch gewählt wird).

    Fazit: Die Realität besteht auch heute noch darin, dass in vielen Familien (und Regionen) nur ein Elternteil in Vollzeit berufstätig ist und eine nennenswerte Berufstätigkeit des anderen Elternteils nur dann möglich ist, wenn (flexible und daher nicht-berufstätige) Verwandte in der Nähe sind, die für die Kinderbetreuung einspringen! Allenfalls in Einkindfamilien in größeren Städten mag die Kindesbetreuung in staatlichen Betreuungseinrichtungen so gut funktionieren, dass beide Eltern uneingeschränkt ihrer anspruchsvollen Arbeit nachgehen können.

    Warum sollte also die engagierte schwäbische Hausfrau nicht dieses kleine Zubrot von 100 oder 150 € erhalten, wenn sie sowieso wegen mehrerer Kinder ihren bisherigen Beruf nicht ausüben kann und allenfalls einen schlecht bezahlten und zudem langweiligen Nebenjob für die paar Stunden in der Woche, in denen alle Kinder gut betreut sind, bekommen könnte? Die kluge schwäbische Hausfrau könnte das Betreuungsgeld Monat für Monat beispielsweise für ihre private Altersvorsorge verwenden.

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