Die ganze Wohnung ein Kinderzimmer?

Larissa ist unglücklich. Denn ihre Tochter hat die ganze Wohnung in Beschlag genommen. Wie können sich Eltern eigene Zonen in ihrem Zuhause erhalten? Welche Tricks funktionieren, damit eine Familienwohnung für alle behaglich ist? Wohnexpertin Constanze Köpp verrät, wie dies mit einfachen Mitteln möglich ist.

Larissa fühlt sich als miese Mutter: „Ich finde oft wirklich, dass meine einjährige Tochter unsere ganze Wohnung in Beschlag genommen hat. Klar, sie hat ein Kinderzimmer, aber vor allem spielt sie im Wohnzimmer, in der Küche oder im Flur. Auch im Schlafzimmer hat sie Kinderbücher und einiges an Spielzeug.“

Im Wohnzimmer hat Larissas Mann extra ein Gitter gezogen, damit Juli nicht an technische Geräte herankommt. Couchtisch und Sofa sind eingezäunt. Fernseher, Stereoanlage sind außerhalb dieses Zaunes. „Ich sitze also mitten drin im Kindergitter, überall liegt Spielzeug. Wie in einem Laufstall komme ich mir vor“, sagt Larissa.

Abends bleibt das Gitter aufgebaut, nur das Spielzeug verschwindet unter dem Tisch. Auch im Schlafzimmer und in der Küche hat die Kleine Spielecken.

So schön das für das Kind ist – die Mutter fühlt sich immer weniger wohl in ihrem eigenen Zuhause. „Ich habe das Gefühl, dass ich keine Ecke für mich habe, dass das Kind alles bestimmt. Was kann ich da tun?“

Einrichtungsexpertin Constanze Köpp: „Wer viel hat, hat viel Arbeit“!

Larissa ist mit ihren Sorgen nicht allein. Auch andere Eltern haben das Gefühl, dass für Sie selbst in der Familienwohnung wenig Platz bleibt. Die Einrichtungsberaterin und zweifache Mutter Constanze Köpp kennt diese Situation aus Kundengesprächen. Manchmal muss sie bei ihren Einsätzen als „Wohnkosmetikerin“ auch zwischen Kindern und Eltern vermitteln, wenn beide Parteien sich räumlich zu sehr auf die Nerven gehen.

Kinder spielen im Wohnzimmer
Die ganze Wohnung ist ein Kinderzimmer (© Thinkstock)

Aber was, wenn die Kinder noch zu klein sind, um mit ihnen in einen Dialog zu treten? Denn für Eltern gilt häufig: Wer viel hat, hat viel Arbeit und ist schneller überfordert. Und das gilt sicher auch für Larissa. Hier Constanze Köpps Rat für die unglückliche Mutter:

Ein Platz für das Kind im Wohnzimmer

„Kleine Kinder lieben die Nähe ihrer Eltern, und so verlagern sie natürlich auch gern ihre Spielsachen ins Wohnzimmer. Damit das Wohnzimmer aber ein Zimmer ist, in dem sich alle wohlfühlen, hier ein Tipp: Schaffen Sie EIN Regal im Schrank, das Ihrem Kind gehört. Auch eine schöne Kiste oder ein selbst gestalteter Karton sind spannend und für das jüngste Familienmitglied ein klares Zeichen. Am Abend wird alles wieder gemeinsam an den Kinderplatz oder ins Kinderzimmer gestellt.

Auf zur Loslass-Aktion XXL

Babys im Krabbelalter rauben natürlich jedem Elternpaar auch mal den Nerv. So süß sie sind, sie fordern und überfordern uns auch gelegentlich. Alles normal, alles menschlich! Krabbeln auch Sie durch die Räume und empfinden Sie nach, was spannend, aber auch gefährlich sein könnte. Lassen Sie das Baby ausprobieren, sinnliche Erfahrungen machen – aber vorher müssen Sie Gefahren aus dem Weg räumen! Loslass-Aktion XXL! Am Ende sind Sie selbst sogar froh, weil sich das Entrümpeln befreiend anfühlt!

Keine Käfighaltung sondern Wohnen mit Wohlfühlzonen

Ganz wichtig: Bitte keine Zäune im Wohnzimmer! Ihre Wohnung darf kein Käfig sein, das Kind kein Tier.Und Sie selbst sollten auch nicht eingesperrt sein! Sie sind der Boss, aber das weiß ein kleines Kind noch nicht. Es will entdecken, Neugierde befriedigen. Wundervoll! Wenn Sie alle Gefahren gebannt habe, kann die kleine Entdeckerin dies auch problemlos tun.

Trotzdem werden Sie sicher noch oft „Nein, Nein, Nein!“ sagen müssen, aber irgendwann wird es ihre Tochter begreifen, wenn Sie geduldig am Ball bleiben. Kinder müssen lernen, dass bestimmte Schubladen eben tabu sind. Notfalls hilft eine Kindersicherung.

Wichtig ist, dass Sie sich auch wohlfühlen und sich nicht einschränken lassen. Das Einzige, das für eine längere Zeit umgestellt wird, sind die HiFi-Anlagen: Vielleicht mal höher auf ein Regal? Oder vor die Anlage ein Holzpodest stellen? Und Nippes verstauen Sie zunächst. Aber Sie wissen ja, für wen Sie das alles tun!

Generell gilt, dass Kinderzimmer erst spannend sind, wenn Kinder ihren Raum begreifen können. Vorher ist es ihnen so egal, wo sie sind – Hauptsache, nicht allein! Kinderzimmer zu planen und einzurichten, ist wundervoll. So darf jeder Elternteil selbst noch einmal Kind sein. Und auch hier: Wenig ist mehr, denn Viel überfordert! Aber das ist ein anderes spannendes Thema.

Gewinnen Sie neuen Freiraum – auch für sich

Kinder spiegeln uns. Sie lernen von uns – und auch leider, dass Aufräumen den Großen oft keinen Spaß macht. Und woran liegt es? An der Fülle und an fehlenden Stauraum- bzw. Aufbewahrungsmöglichkeiten. Vielleicht ist das auch bei Ihnen der Fall? Wie wäre es, wenn Sie die Loslass-Aktion so erfolgreich in der ganzen Wohnung durchführen, dass Sie neuen Freiraum gewinnen – im doppelten Sinn des Wortes?

Sie sollten sich bei der Gelegenheit auch ein Zone für sich allein in der Wohnung schaffen, denn offensichtlich vermissen Sie so etwas. Das kann ein Lese- und Entspannungseckchen im Schlafzimmer – oder ein Lieblingssessel im Wohnzimmer sein. Denken Sie auch an sich und schaffen sich eine kleine Oase für ein paar Minuten Auszeit.

Im Sommer locken besondere Abenteuer

Und noch ein letzter Tipp gerade jetzt im Sommer: Rausgehen! Denn an der frischen Luft sind immer noch die besten Spielplätze, mit denen ein Wohnzimmer ohnehin nicht konkurrieren kann! Und zuhause, da gibt es eine große Kuscheldecke auf dem Boden, auf der ausgebreitet Spielzeug liegt. Es wird nicht lange dort liegen bleiben, genau wie der kleine Nachwuchs – aber Routine, Gewohnheiten und Rituale haben irgendwann auch was Vertrautes, das auch Kleine so lieben! Und am Abend packen Sie gemeinsam das Spielzeug in die schöne Kiste und freuen sich auf das nächste Abenteuer.“

Constanze Köpp (41) – die Wohnkosmetikerin

Für die Hamburgerin wurde eine Berufung zum Beruf: Möbelrücken, Loslassen, Struktur  – Zaubern mit Vorhandenem! Und so rückt die Gründerin der „Wohnkosmetik“, Buchautorin und Mutter von zwei Töchtern mit ihren Kunden aus ganz Deutschland Wohnungen und Häuser zurecht. Was Constanze Köpp tut, tut sie mit brennender Leidenschaft, darum schreibt sie an einem weiteren Buch, verfasst Kolumnen und hat und ein soziales Wohnprojekt für Hartz4-Familien ins Leben gerufen.Wir freuen uns, dass wir Constanze Köpp für die liliput-lounge als Expertin gewinnen konnten. Wer mag, darf auch gerne Wünsche und Fragen an die Redaktionstellen. Denn wir möchten über das berichten, was die liliput-lounge Userinnen wirklich interessiert.Mehr über Constanze Köpp: http://www.wohnkosmetik.de/Buchtipp:
Constanze Köpp und Thomas Ritter: Die Kunst des Aufräumens, Rowohlt Verlag, Taschenbuch, 144 Seiten, ISBN 978-3-499-62513-8, 8,95 €.

 Bild unten: Constanze Köpp ©wohnkosmetik.de

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1 Gedanke zu „Die ganze Wohnung ein Kinderzimmer?“

  1. Schlimm, dass so ein Artikel wirklich nötig ist, wann lernen Eltern wieder vernünftig zu reagieren? Der Aktionsradius eines Kindes wächst langsam, man hat also Zeit Gefahren zu bannen. Bei uns lag der Spielteppich genau vor Papas Schreibtisch, der natürlich unheimlich interessant war, weil Papa da auch oft saß. Also haben wir die eine Seite geräumt und dort sein Spielzeug drin. Dadurch lag es auch nicht mehr offen rum bzw musste es nicht mehr aus dem Kinderzimmer geholt werden, sondern war da, wo man es brauchte. Vorm offenen Bücherregal steht die Couch auf die er nur mit uns kam. So waren die Bücher geschützt und wir konnten ihm zeigen, welche Dekostücke er nutzen und entdecken darf. In der Küche gibt es genug spannende Sachen, da brauchts kein Spielzeug, im Bad hat er 3 Büchlein und in´s Schlafzimmer kommt zum Abendritual ein Buch mit, welches ich aufräume, wenn er beim Stillen eingeschlafen ist. Bis auf das eine Fach in der Stube ist alles andere im Kinderzimmer. Aufgeräumt wird immer mal zwischendrin, bevor was neues kommt, das hat er früh gelernt und macht das ganz automatisch. Nur größere Sachen, die er aufgebaut hat (zB. Duplo-Eisenbahn) dürfen im Kinderzimmer auch mal stehen bleiben – übrigens das einzige, wofür ich ein Kinderzimmer sinnvoll finde, denn meist kommt er ja mit, wenn ich den Haushalt schmeiße und schlafen tut er ohnehin bei uns im Bett. Also eigentlich recht sinn-frei das Kinderzimmer – zumindest für die ersten Lebensjahre, seine erste Freundin darf er dann doch im eigenen Bett abschleppen 😉

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