Große Liebe Kuscheltier

Bis vor ein paar Tagen war Lenas Welt noch in Ordnung. Doch dann passierte das Unglück. Oskar war weg. Lenas Mutter berichtet, welche Katastrophen Schmusetiere auslösen können und wie Eltern damit umgehen sollten – dazu ein paar Surftipps, die vielleicht die Rettung für verzweifelte Kinder sein können…

Vor einer Woche war Lenas Welt noch in Ordnung. Meine dreijährige Tochter kuschelte sich jeden Morgen beim Aufwachen an Oskar und dann kamen die beiden in mein Bett. Lena und ihr geliebter Stoffbär. Seine Nase ist abgewetzt, sein Fell an einigen Stellen sehr kahl. Hübsch ist er wirklich nicht. Aber das stört Lena nicht. Oskar ist immer dabei.

Er begleitet Lena zur Tagesmutter, fährt mit zu Oma und brauchte im Urlaub unbedingt ein eigenes Flugticket – fand jedenfalls Lena. Der kleine Bär war ein Geschenk zur Taufe. Warum sich Lena aus ihrem Kuscheltierzirkus ausgerechnet ihn zum Liebling erkoren hat- keine Ahnung. Oskar ist ein wunderbarer Tröster und Zuhörer. Wenn Lena sich ungerecht behandelt fühlt, dann höre ich, wie sie in Oskars Ohr flüstert. Und der Bär versteht.

Doch vor vier Tagen passierte das Unglück. Oskar war weg. Lena kann sich nicht erinnern, wo sie ihr Schmusetier hat. Mein Mann und ich haben alles abgesucht – die Tagesmutter angerufen. Er bleibt verschollen. Oskar ist nicht auf dem Spielplatz, nicht im Bett, nicht im Auto und auch nicht unter dem Sofa. Keine Ecke des Kinderzimmers haben wir ausgelassen. Wo kann der kleine Bär nur sein?

Lena ist seitdem todunglücklich. Und nicht nur sie. Denn die ganze Familie kann nicht mehr schlafen. Lena weint jeden Abend, bis sie erschöpft einschläft. „Habt Ihr denn nicht gleich zwei Bären gekauft?“ fragt mich eine Freundin. Nein. Auf die Idee war ich nicht einmal gekommen. Aber ganz klar. Oskar II muss her.

Als erstes ein Anruf beim Patenonkel. In einem Spielzeuggeschäft irgendwo in Hannovers Innenstadt habe er den Bären gekauft. Ein Sonderangebot. Immerhin kann ich mich an den Hersteller erinnern und schreibe der Firma eine Mail. Fehlanzeige. Die Produktion ist eingestellt, schon vor Jahren, teilt man mir mit. Die Nachricht ist freundlich geschrieben. Mein Mann versucht sein Glück im Internet- aber kein Bär in irgendeiner Auktion gleicht Oskar.

Gestern war ich nun mit Lena im Spielzeugladen. Aber sie wollte keinen neuen Bären. Sie wollte ein Buch. „Der Hase Felix“ hat es ihr angetan. Kein Wunder – es ist ja auch die Geschichte eines Stofftieres, das wundersamerweise verschwindet und tolle Abenteuer erlebt. „Mama, vielleicht macht Oskar auch Urlaub und kommt wieder?“ fragt mich Lena hoffnungsvoll. Vielleicht. Immerhin hat das Buch den Kummer ein wenig leichter gemacht. Aber der Schmerz bleibt.

Ich frage mich, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn Oskar Stubenarrest bekommen hätte. Mir war nicht klar, wie unersetzlich er für Lena war. Meine Schwester berichtete übrigens, dass ein Zwillingskuscheltier auch keine Lösung ist. Denn der geliebte Deido ihrer Tochter, ein Wichtel mit Spieluhr, hatte in der Waschmaschine sein Leben ausgehaucht. Eingelaufen bis zur Unkenntlichkeit. Im Gegensatz zu uns hatten die Eltern Glück und fanden einen Zwilling. Aber der roch anders. Und hatte auch noch die falsche Melodie in der Spieluhr.

Kuscheltiere sind für viele kleine Kinder die erste große Liebe. Und der Verlust kann unendlich schlimm sein. Aber Kinder müssen diese Trauer aushalten. Ein geliebtes Wesen kann eben nicht einfach ersetzt werden. Das ist mir beim Durchblättern meiner eigenen Kinderbilder heute aufgefallen. Denn Kuschel, mein geliebter Teddybär, ging bei einem Umzug verloren. Auf den Bildern meiner Kindheit sehe ich auch meinen Vater. Auch ihn habe ich verloren. Und es gibt eben keinen zweiten Doppelgänger. Geliebte Menschen sind unersetzbar. Und geliebte Kuscheltiere auch.

Ich möchte meiner Tochter zwar Leid ersparen, aber ich merke, dass Trauer und Abschiednehmen auch wichtig sind. Vielleicht macht Oskar ja wirklich nur eine Reise und taucht noch wieder auf. Das Buch vom Hasen Felix hat Lena bei ihrem Kummer auf jedem Fall geholfen. Vielleicht wird irgendwann ein neues Tier Platz in Lenas Bett finden. Oder Oskar wird von seiner Reise zurück kehren. Lena hat gelernt, dass auch nach einem schlimmen Verlust das Leben weiter geht. Unendlich wichtig, denke ich.

*Namen auf Wunsch geändert
Protokoll: Silke R. Plagge
Bild:© tirc83 für istockphoto.com

 

Empfehlen können wir zwei Seiten, die verzweifelten Eltern und Kindern oft bei der Suche helfen können:

http://www.ersatz-kuscheltier.de
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