Endlich Ruhe nach den turbulenten Weihnachtstagen. Susann* und ihr Mann Marco hatten mit ihren Töchtern einen wunderbaren Spaziergang durch das verschneite Wäldchen vor der Tür gemacht. Die Mädchen hatten rote Backen davon, dass Papa sie auf dem Schlitten gezogen hatte. Die fünfjährige Lena trank einen Kakao, ihre einjährige Schwester Jule stand am Couchtisch. Jule riss die Thermoskanne mit Tee herunter – doch die war nicht richtig geschlossen!
Der heiße Tee ergoss sich über Lenas Beine, und das Mädchen schrie vor Schmerz und Panik. „Wir haben nicht einmal gemerkt gehabt, dass das das eine Gefahr sein konnte“, erzählt Susann erschüttert. Erst vor wenigen Wochen hatte die Erzieherin einen Erste-Hilfe-Kurs besucht. Und so reagierte sie schnell und duschte ihre Tochter kühl ab. Lena hatte Glück – der Tee war schon so kühl, dass die Haut nur gerötet war.
Doch leider haben nicht alle Kinder so viel Glück. In Deutschland verbrennen oder verbrühen sich jährlich cirka 6000 Kinder so schwer, dass sie in Klinken – oft sogar in Spezialeinrichtungen – behandelt werden müssen. Ambulant werden sogar rund 50.000 Kinder wegen Verbrennungen oder Verbrühungen behandelt. Gefahrenquellen gibt es viele – die größten und vermeidbarsten sind Feuerwerk und Haushalt.
Gefahrenquelle Feuerwerk
In der Woche vor Silvester birgt vor allem Feuerwerk viel Gefahr. Der unvorsichtige Gebrauch von Böllern und Raketen kann zu schweren Verbrennungen führen. Vor allem Kinder zwischen 8 und 15 Jahren unterschätzen das Risiko, sie halten Kracher zu lange in den Händen oder in den Hosentaschen.
Kleineren Kindern droht vor allem durch die Unachtsamkeit von Erwachsenen Gefahr. Wunderkerzen beispielsweise halten viele für völlig harmlos. Aber bei den funkensprühenden Stäbchen ist Vorsicht geboten. Stecken kleine Kinder diese in den Mund, können sie sich damit vergiften, denn unbenutzte Wunderkerzen enthalten Bariumsalze, die Erbrechen, Schwindel, Durchfall und leichte Lähmungen auslösen können, wenn sie in den Mund gelangen. Abgebrannte Wunderkerzen sind ungiftig, die Dämpfe beim Verbrennen können bei Kleinkindern allerdings die Schleimhäute sehr reizen. Vor allem aber können umher fliegende Funken entflammbare Stoffe, wie etwa Kleidung, schnell in Brand setzen.
Tipps für den richtigen Umgang mit Feuerwerk
- Eltern sollten nur pyrotechnische Artikel mit behördlicher Zulassung (Aufdruck BAM-P I+II) kaufen. Importartikel ohne diesen Aufdruck können sehr gefährlich sein! Knallkörper der Stufe II sollten nur von Erwachsenen im Freien gezündet werden
- Kleine Kinder nie alleine in die Nähe von Feuerwerkskörpern lassen und immer auf einen großen Sicherheitsabstand beim Abschießen achten
- Am Silvestertag sollten kleine Kinder grundsätzlich nicht unbeaufsichtigt im Freien spielen, wenn in der Nachbarschaft „vorgeknallt“ wird. Am Abend sollten sie auf jeden Fall eng bei den Eltern sein
- Sind die Kinder um Mitternacht beim Feuerwerk dabei, gut im Auge haben. Knallkörper können beispielsweise in Kapuzen landen
- Eltern sollten darauf achten, dass die Kinder keine Blindgänger aufheben und selbst darauf achten, dass die „Reste des Festes“ gut entsorgt werden
- Während der Knallerei sollten Fenster und Dachluken geschlossen bleiben
Gefahrquelle Haushalt
Brennende Kerzen am Adventsgesteck sind nur ein kurzzeitige Gefahr. Tatsächlich achten die meisten Eltern sehr darauf, dass ihre Kleinkinder nicht mit offenem Feuer in Berührung kommen.
Doch ein Ziehen am Wasserkocher, eine gefüllte Thermoskanne oder auch nur eine Tasse Tee sind es, die Babys und Kleinkinder gefährden. „Bei Unfällen mit Kindern unter fünf Jahren verursachen in 80 Prozent Verbrühungen die schweren Verletzungen“, so Adelheid Gottwald, Vorsitzende des Vereins „Paulinchen – Initiative für brandverletzte Kinder“.
Die Mutter eines brandverletzten Kindes gründete 1993 mit einer weiteren betroffenen Familie den Verein, um Eltern in ähnlich ernsten Situationen eine Anlaufstelle zu bieten. Vor allem möchten Adelheid Gottwald und ihre Mitstreiter auf die Problematik von Brandverletzungen hinweisen. „Schon eine Tasse reicht aus, um bis zu 30 Prozent der Körperoberfläche eines Säuglings oder Kleinkindes zu verbrühen“, sagt Adelheid Gottwald. Eine ab 52 Grad heiße Flüssigkeit kann zu schweren Schädigungen führen. „Bei Kindern ist die Haut dünner, so kommt es bereits bei wenigen Sekunden Einwirkzeit zu starken Brandverletzungen“, so die Fachfrau.
Wichtig sind daher Schutzmaßnamen. Geräte wie Wasserkocher oder Kaffeemaschine möglichst hoch stellen und darauf achten, dass auch kein Kabel in „Greifnähe“ ist. Vor allem aber sollten Kinder frühzeitig das Wort „heiß“ lernen. Sie müssen wissen, dass „heiß“ Gefahr bedeutet. Und weh tun kann. Tatsächlich hilft es einigen Kindern sogar, dies im wahrsten Sinne des Wortes zu begreifen – in dem man ihren Finger vorsichtig an etwas sehr Warmes führt – das darf unangenehm, aber nicht schädigend sein.
Tipps für Sicherheitsmaßnahmen im Haushalt:
- Tassen und Kannen mit heißen Getränken weit weg von der Tischkante stellen
- Keine herunterhängenden Tischdecken verwenden, an denen Kinder ziehen könnten
- Nichts Heißes trinken, wenn man das Kind auf dem Schoß oder dem Arm hat
- Den Herd mit einem Herdschutzgitter sichern, nach Möglichkeit die hinteren Herdplatten bevorzugen und Stiele von Töpfen und Pfannen immer zur Wand hin drehen
- Heißwasserregler nie auf heiß stehen lassen. Wasserhähne mit einem Thermostat sichern, der die Wassertemperatur auf 50°C begrenzt
- Darauf achten, dass Heizkörper nicht zu sehr erhitzen können , sonst einen Thermostat einbauen
- Kamine oder Heizöfen stets im Auge behalten, wenn Kleinkinder sie berühren könnten
- Niemals eine Wärmflasche mit richtig heißem Wasser ins Babybett legen! Denn läuft das heiße Wasser aus, kann das bei Babys zu Verbrennungen dritten Grades führen
Was tun im Notfall?
Sollte es doch zu einem Unfall kommen, muss schnell gehandelt werden. Die betroffene Stelle sofort unter fließendem kaltem Wasser (20 Grad) mindestens 10 Minuten lang zu kühlen. „Das Wasser sollte nicht kälter als 15°C sein, sonst besteht Unterkühlungsgefahr“, rät Adelheid Gottwald. Vorsicht ist bei kleineren Kindern geboten, da sie schnell auskühlen. Kleine Verbrennungen oder Verbrühungen geringen Grades (ohne Blasenbildung) können an der Luft heilen, ein leichter Verband oder eine Wundheilsalbe hilft zusätzlich.
Handelt es sich um eine schwere Brandverletzung oder Verbrühung ist immer der Notarzt (112) zu rufen. Die Kleidung des Kindes sollte bei Verbrühungen entfernt werden, bei Verbrennungen nur, wenn sie nicht haftet. Ist die Kleidung „eingebrannt“ kann der Versuch sie zu entfernen zu zusätzlichen Hautverletzungen führen. Auf keinen Fall sollte man zu Hausmitteln wie Butter, Salben oder Ölen greifen, diese schädigen die verbrannte Haut extrem.
Da die Gefahr einer Unterkühlung und eines Schocks droht, sollten die nicht betroffenen Hautpartien warm gehalten werden, etwa mit einer Decke. Und weil Verbrennungen und Verbrühungen sehr schmerzhaft sind, ist es vor allem wichtig, nah beim Kind zu sein und es zu beruhigen bis der Rettungsdienst kommt.
Trotz aller möglichen Sicherheitsmaßnahmen lassen sich leider nie alle Gefahren ausschließen. Aber Eltern von betroffenen Kindern belasten oft Schuldgefühle und die vielen Behandlungen ihres brandverletzten Kindes. „Bei einer Verbrennung dritten Grades sind häufig mehrere Operationen nötig, auch die Nachbehandlung mit Kompressionsanzügen zur Vermeidung von Narbenbildung ist langwierig. Bei all diesen Problemen sind wir ansprechbar“, so Adelheid Gottwald.
Mehr Tipps und Informationen zum Thema in der Broschüre „Aktion Paulinchen – So schützen Sie Ihr Kind vor Verbrennungen und Verbrühungen“ unter www.paulinchen.de
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