Die meisten Deutschen ernähren sich unregelmäßig und schlingen zwischendurch Fast-Food herunter. Zu dieser Erkenntnis ist die aktuellle Nestlé-Ernährungs-Studie „So is(s)t Deutschland 2011“ gekommen.
Nur noch 31 Prozent der Befragten essen, wenn sie Hunger haben. Zu festen Zeiten essen 20 Prozent – die meisten jedoch, 43 Prozent, lassen sich bei der Nahrungsaufnahme nicht vom eigenen Hungerempfinden leiten, sondern von den äußeren, wechselhaften Bedingungen ihres Alltags.
Kein Wunder, dass die Ernährungswissenschafler alamiert sind. Denn eine ausgewogene, über den Tag verteilte Ernährung sollte Standard sein. Es ist erwiesen, dass gesunde Ernährung den Alterungsprozess verlangsamt und für den gesamten Organismus das Beste ist.
Gerade zu Jahresbeginn stellen viele ihre Ernährung um, nehmen sich vor, endlich weniger und vor allem gesünder zu essen. Doch werdende Mütter sollten au f keinen Fall Diät halten, denn das kann schlimme Folgen haben! „Während der Schwangerschaft… insbesondere in der ersten Hälfte, stellt auch eine leichte Reduktion der Energiezufuhr eine Gefährdung für die gesunde Entwicklung des Baby-Gehirns dar“, so der Jenaer Neurologe Professor Matthias Schwab.
Dies beweist die Studie eines Wissenschaftlerteam aus Neurologen des Jenaer Universitätsklinikums, Genetikern des Primatenforschungszentrums San Antonio und Fetalphysiologen der Universität San Antonio in Texas. Dort wurde die fetale Gehirnentwicklung von Primaten untersucht.
Pavian-Mütter erhielten in der Schwangerschaft dreißig Prozent weniger Nahrung als gewohnt. Nach der Hälfte der Schwangerschaft verglichen die Forscher den Entwicklungsstand der fetalen Hirnreifung mit von Kindern von normal ernährten Müttern.
Zu wenig Nährstoffe bremsen die Hirnentwicklung
Das Gewicht der Babys und ihrer Gehirne unterschied sich nicht. Aber bei der Entstehung der Nervenzellen und beim Grad ihrer Vernetzung zeigten sich Defizite. „Die Ursache hierfür ist eine Verminderung von Wachstumsfaktoren“, erklärt Professor Schwab. „Dies schränkt die Expression von Genen und Eiweißen ein, die für die Hirnentwicklung wesentlich sind.“ Die Folge: eine gestörte oder zumindest verzögerte Entwicklung des kindlichen Gehirns.
Bisher ging man davon aus, dass der Köper der Mutter einen Nahrungsmangel gut ausgleichen kann. Doch die Studie widerlegt dies. Eine Minderernährung in der Schwangerschaft kommt nicht nur in Entwicklungsländern vor – gerade in Industrienationen sorgt das Schlankheitsideal dafür, dass werdende Mütter verunsichert sind. Falsche Ernährungsgewohnheiten vor der Schwangerschaft machen es den Frauen zudem schwer.
Die Schäden, die das ungeborene Kind durch Nährstoffmangel erleidet, wird es zeitlebens nicht mehr ausgleichen können. „Wir vermuten, dass die Defizite in der strukturellen Hirnentwicklung, die aus einer Minderernährung der Mütter während der Schwangerschaft resultieren, die Hirnfunktion zeitlebens beeinflussen“, betont die Jenaer Wissenschaftlerin Iwa Antonow-Schlorke.
Schwangere, die unsicher sind, wieviel sie essen dürfen oder selbst ahnen, dass ihr Essverhalten ungesund ist, sollten sich auf jeden Fall Rat und Hilfe bei einer Hebamme oder einer Ernährungsberatung holen. Ansonsten lautet die gute Nachricht: Hungern ist out – Schlemmen ist für Schwangere erlaubt. Natürlich ausgewogen und nicht für zwei essen, versteht sich.
Literatur: I. Antonow-Schlorke, M. Schwab, L. A. Cox, C. Li, K. Stuchlik, O. W. Witte, P. W. Nathanielsz, T. J. McDonald. Vulnerability of the fetal primate brain to moderate reduction in maternal global nutrient availability, PNAS, 2011.
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