Jedes Paar, das sich ein Baby wünscht, kennt dieses Hibbeln. Doch für Paare, bei denen eine Schwangerschaft ohne medizinische Hilfe nicht möglich ist, ist die seelische Belastung ungleich größer. Denn eine Kinderwunschbehandlung ist aufwändig und teuer. Wäre es nicht praktisch, wenn es eine Möglichkeit gäbe, gleich festzustellen, ob eine IVF einem Paar überhaupt zu einem gesunden Kind verhelfen kann? Das dachte sich jedenfalls ein britisches Forscherteam.
Die Wissenschaftler haben einen Online-Rechner ausgearbeitet, mit dem die indivduellen Chancen auf ein gesundes Baby ausgerechnet werden können. Dazu wertetet die Wissenschaftler die statistischen Unterlagen von 144.018 Behandlungszyklen aus.
Folgende 9 Punkte spielen bei der Berechnung eine Rolle:
- Alter
- Dauer des Kinderwunschs
- Eizellspende oder eigene Eizellen
- Ursache der Kinderlosigkeit
- Wievielte IVF-Behandlung und wieviele ohne Erfolg
- Bestanden bereits Schwangerschaften oder sind eigene Kinder vorhanden?
- Geplante Medikation
- IVF oder ICSI geplant?
Wie zuverlässig ist so eine Berechnung?
Tatsächlich haben die englischen Forscher eine große Zahl an Daten ausgewertet. Das spricht eindeutig für den Online-Rechner. Sicher ist er für neugierige Paare nicht uninteressant. Aber es sollte sich auch niemand entmutigen lassen, denn tatsächlich haben die Wissenschaftler einige wichtige Faktoren nicht berücksichtigt, wie der Kinderwunschexperte Dr. Elmar Breitbach kritisch anmerkt: „Gewicht und Nikotinkonsum sicherlich auch Punkte, die man mit einbeziehen sollte.“ Auch der AMH (Anti-Müller-Hormon)-Wert, der grob gesagt die Aktivität der Eierstöcke anzeigt, wird nicht berücksichtigt. Dabei zeigen neue Forschungen – auch aus England- wie wichtig dieser Faktor bei der Fertilitätsbehandlung ist.
Auf der Website wird eine 100-prozentig zuverlässige Prognose für Kinderwunsch-Paare versprochen. „Dies ist natürlich aus Sicht einer individuellen Person Nonsens“, erklärt Dr. Elmar Breitbach. Denn Zahlen sind geduldig. Sicher, die Ergebnisse sind durchaus aussagefähig. Aber es handelt sich um eine statistische Wahrscheinlichkeit.
Gibt man beispielsweise das Alter „39 Jahre“ ein, dann ist die Schwangerschaftsrate doppelt so hoch wie bei einer 40jährigen. Das ist statistisch gesehen richtig – in der Realität und im individuellen Fall sicher nicht. Was genau sagt denn das Ergebnis aus, dass von 100 Paaren, die einen ähnlichen medizinischen Hintergrund haben zehn ein gesundes Kind bekommen haben? Als Betroffene kann ich nicht wissen, ob ich nun zu den 10 oder zu den 90 Prozent gehöre. Das kann auch kein Online-Rechner sagen.
Entweder es klappt oder es klappt nicht
Tatsächlich ist es ein bisschen so wie die berühmte die Geschichte mit dem Autounfall. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich gleich von einem Auto überfahren werde, ist sehr gering. Dieses Wissen nützt mir aber nichts, wenn ich verletzt im Krankenwagen liege. So sieht das auch der Experte Dr. Breitbach: „Was bedeutet es denn, wenn einem eine Wahrscheinlichkeit von 10 Prozent für ein lebendes Kind errechnet wird und wie wird dieses Ergebnis verifiziert? Entweder es klappt oder es klappt nicht.“
Ein bisschen schwanger geht eben nicht. Doch der Rechner prognostiziert ja auch nicht die Schwangerschaftsrate nach einer IVF-Behandlung, sondern die Wahrscheinlichkeit, ein gesundes Baby zu bekommen. Vielleicht ein zu hohes Ziel. „Anhand von neun Faktoren die Chance auf ein Kind ausrechnen zu wollen ist sicherlich schwierig und das Versprechen einer 100-prozentigen sicheren Aussage mehr als vermessen“, so Dr. Breitbach.
Interessant ist der Rechner sicher schon. Zumal er auch bekannte Zusammenhänge deutlich zeigt. Trotzdem warnt Dr. Breitbach: „Man sollte die Ergebnisse als betroffenes Paar jedoch mit Vorsicht genießen. Der behandelnde Arzt kennt wesentlich mehr signifikante Faktoren eines Paares mit Kinderwunsch und ist daher viel eher in der Lage die Chancen zu bewerten.“
Was sagen Betroffene über den Online-Rechner? Wir freuen uns auf Kommentare.
Quelle: Nelson SM, Lawlor DA. Predicting Live Birth, Preterm Delivery, and Low Birth Weight in Infants Born from In Vitro Fertilisation: A Prospective Study of 144,018 Treatment Cycles. PLoS Med 8(1): e1000386. doi:10.1371/journal.pmed.1000386
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Für Fehlen der eigenen Eizellen können die Ursachen
verschieden sein. Dazu gehört Alter, Durchstehen einer Krankheit oder sogar das
angeborene Fehlen der Eierstöcke. Die armen Frauen mit diesen Problemen können
in Deutschland das Kind leider nicht geboren, weil die Eizellspende hierzulande
verboten ist. Ihnen kann die ukrainische Klinik Biotexcom helfen, die sich mit IVF (In-vitro-Fertilisation),
ICSI (Intracytoplasmatische Spermieneinjektion), Eizellspende und
Leihmutterschaft beschäftigt.
Ich bin mit Anfang 41 beim ersten IVF Versuch schwanger geworden (eigene Eizellen, Spendersperma) und habe nun einen gesunden Sohn. Berechnete Chance: 16.8% Nach diesem Rechner lägen meine Chancen auf eine zweite Schwangerschaft jetzt bei 21.4%, sind also gestigen, obwohl ich jetzt älter bin (42). Mit einer Eizellenspende lägen sie bei berechneten 48.8%!
Was dieser Rechner auch nicht einbezieht ist, dass Frauen ohne Partner nicht unbedingt eine Fruchtbarkeitsstörung haben müssen. Manchmal fehlt einfach nur ein Partner. Bei mir wurde nur eine Blastocyste übertragen weil alle Blastocysten von guter Qualität waren.
Soweit also meine Erfahrungen. Ich hoffe, ich mache irgendjemanden Mut da draußen, die ebenfalls 40 oder darüber ist. Ich habe mir übrigens vorher keinen großen Kopf über Statistiken gemacht; entweder es klappt oder nicht.
October