Hüft-Probleme beim Säugling

Schon bald nach der Geburt schaut sich der Kinderarzt die Hüfte des Neugeborenen an, denn gerade am Anfang kann man mit geringem Aufwand dafür sorgen, dass sich einige Probleme noch „einrenken“ lassen.
Die Hüftentwicklung
Die Entwicklung der Hüfte ist bei der Geburt noch nicht abgeschlossen, es handelt sich bei der Hüftdysplasie also meist um eine Reifungsstörung der Hüfte, bei der die Hüftgelenkspfanne zu klein angelegt ist, so dass der Hüftkopf nur unzureichend überdacht wird.
Man unterscheidet die sogenannte Hüftgelenksdysplasie (eine Unreife, wenn die Hüftgelenkspfanne noch nicht genügend ausgebildet ist) von der Hüftgelenksluxation (eine Ausrenkung, wenn der Hüftkopf nicht mehr in der Gelenkspfanne ist). Dadurch kann es zu einem Herausrutschen des Oberschenkel-Hüftkopfes aus der Hüftpfanne kommen, der Hüftkopf verlässt teilweise oder komplett die Hüftpfanne.
 
Häufigkeit
Die Hüftgelenksdysplasie ist eine der häufigsten angeborenen Fehlbildungen mit einer Häufigkeit von bis zu 4 % aller Neugeborenen.
 
Ursachen
Es sind einige Risikofaktoren bekannt, die die Entstehung einer Hüftdysplasie begünstigen können. Mädchen sind von der Hüftluxation (Ausrenkung) etwa 5-7 x häufiger betroffen als Knaben, die Hüftdysplasie (Unreife) kommt aber bei beiden Geschlechtern gleich häufig vor. 
 
Eine Geburt aus Steißlage und auch hormonelle Faktoren können eine Rolle spielen, die Hüftdysplasie kann gehäuft mit anderen Fehlbildungen der unteren Extremitäten oder der Wirbelsäule vorkommen. Auch Zwillinge, Frühgeborene oder Kinder nach einem Kaiserschnitt sind öfters betroffen. Das Risiko ist auch erhöht, wenn in einer Familie bereits Hüftdysplasien vorgekommen sind (altersbedingte Verschleißerscheinungen des Hüftgelenkes stellen aber kein Risiko dar).
 
Hüftprobleme bei Säuglingen
Diagnose durch Hüftultraschalluntersuchung (© panthermedia.net, Gunnar Eden)
Diagnose
Standard in der Diagnostik ist heute die Hüftultraschalluntersuchung. Es kann nur ein Teil der Hüftgelenkserkrankungen bei der Routine-Untersuchung durch den Kinderarzt festgestellt werden.
 
Äußere Zeichen sind unterschiedlich lange Beine, seitenunterschiedliche Falten am Oberschenkel oder eine Abspreizhinderung eines oder beider Hüftgelenke. Eine spezielle Untersuchung ist das sogenannte Ortolani-Zeichen, ein Schnappgeräusch, das in den ersten Lebenstagen und Wochen entsteht, wenn sich der Hüftkopf durch Druck und Anspreizung aus der Pfanne herausbewegen lässt.
Ein Röntgenbild hilft in den ersten Lebensmonaten nicht genügend bei der Beurteilung der Hüftgelenke und ist wegen der Strahlenbelastung möglichst zu vermeiden. Eine Röntgenuntersuchung des Hüftgelenkes wird nur bei älteren Kindern notwendig, wenn der Ultraschall altersbedingt nicht mehr aussagekräftig genug ist. Auch sollte bei jedem Kind, das im Säuglingsalter eine behandlungsbedürftige Hüfte hatte im Alter von etwa 1 – 1 1/2 Jahren einer Röntgenkontrolle durchgeführt werden.
 
Der Hüftultraschall
Die Hüftultraschall ist für Säuglinge nicht belastend, schmerzfrei und kann zur Verlaufskontrolle öfters wiederholt werden. Mit dem Ultraschall kann die Entwicklung des Hüftgelenkes bereits in der ersten Lebenswoche beurteilt werden.
 
Im Vorsorgeheft ist eine Untersuchung in der ersten Lebenswoche und eine Kontrolle mit 6-8 Wochen vorgesehen. Bei auffälligem Befund oder Therapiebedürftigkeit müssen Kontrollen in kürzeren Abständen durchgeführt werden.
 
Schweregrade der Erkrankung:
Im Ultraschall wird das Verhältnis von Hüftkopf zu Hüftpfanne beurteilt und vermessen; Beurteilungskriterien sind der Winkel Alpha und Beta. Je größer der Winkel Alpha, desto günstiger ist die Form des Hüftgelenkes.
Therapie

Wenn eine Behandlung erforderlich ist, sollte diese so früh wie möglich begonnen werden. Je rascher das Hüftgelenk nachreift, umso kürzer ist in der Regel die Therapiedauer und operative Maßnahmen sind oft vermeidbar.
Bei der Hüftdysplasie ist das Therapieziel eine weitere Nachreifung der Gelenkspfanne.
 
Breitwickeln

Eine gering ausgeprägte Hüftdysplasie, die schon in der ersten Lebenswoche erkannt wird, kann auch durch „Breitwickeln“ behandelt werden. Dieses Breitwickeln kann mit Hilfe eines Handtuches (etwa 15 cm breit gefaltet), das zwischen Körper und Strampelanzug eingelegt wird, durchgeführt werden. Auch mit einer zusätzlichen Windel die über der eigentlichen Windel getragen wird, ist dieses „Breitwindeln“ gut möglich.
 
Spreizhose
Die klassische Behandlungsmaßnahme ist die Spreizhose, die über der Kleidung getragen wird und nur zum Wickeln und Baden abgenommen werden sollte. Mit einer Spreizhose werden die Beine besser fixiert als bei dem „Breitwickeln“. Die Spreizhose besteht aus einem Schultergurt, einem Leibgurt der geknöpft ist und zwei gepolsterten Beingurten.
 
Die Pavlik-Bandage

Die Pavlik-Zügel bestehen aus einem Brustgurt und zwei Unterschenkelgurten. Durch die Zügel werden die Kräfte der Beine derart umgeleitet, dass die Strampelbewegungen den Hüftkopf in Richtung Pfanne drücken. Die Pavlik-Zügel müssen vom Orthopäden ausgemessen und regelmäßig kontrolliert werden.
 
Der Hüftgips
Die strengste Ruhigstellung geschieht in schweren Fällen mit einem Hüftgips, der meist vom unteren Rippenbogen bis zum Unterschenkel der Säuglinge reicht und eine Aussparung im Bereich der Windel besitzt. Bei sehr schlechten und instabilen Hüften kann auch eine Operation notwendig werden.
 
Allen Methoden ist gemeinsam, daß die Beine in Beugung und Abspreizung gehalten werden. Als sehr hüftkopfschonend hat sich ca. 120° Hüftbeugung und etwa 50° Beinspreizung erwiesen Die Dauer der Behandlung ist individuell verschieden und abhängig vom Alter des Kindes zu Beginn der Behandlung und der Hüftgelenkssituation.
 
Prognose
In den allermeisten Fällen kommt es unter einer konsequenten Therapie zu einer Ausheilung des Hüftgelenkes. Bei übermäßiger oder forcierter Therapie der Hüftgelenke besteht die Gefahr der Hüftkopfschädigung; bei nicht ausreichender Therapie können sogenannte Restdysplasien resultieren, sodass im späteren Verlauf weitere Maßnahmen notwendig sein können.
Wesentlichste  Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung ist jedoch die korrekte und frühzeitige Diagnose!
 

© www.kinderarzt.at by Dr. Peter VoitlDr. Peter Voitl