Kindheit im 21. Jahrhundert ist gar nicht einfach. Wer auf einen Spielplatz geht, wird bemerken, dass Eltern immer präsent sind. Ein paar Mütter sitzen vielleicht zusammen, doch die meisten Eltern sitzen gemeinsam mit ihren Kindern in der Sandkiste, rutschen und machen Spielangebote. Einfach mal alleine spielen? Das trauen Eltern ihren Kindern oft gar nicht zu.

Mama und Papa als unbezahlte Kinderanimateure
Erinnern Sie sich noch an die eigene Kindheit? Wie war das, wenn ein anderes Kind zu Besuch war? Heute jedenfalls meinen Mütter, dass sie ihrem Kind und dem Besucherkind etwas bieten müssen. Und zwar nicht nur einen Kakao, sondern noch ein tolles Bastelprojekt oder vielleicht ein Plätzchenbacken? „Kinder bespaßen“ wird das mit einem Schmunzeln genannt. Mama und Papa als Alleinunterhalter. Und das auch schon für die ganz Kleinen. Wenn Zweijährige ihre ersten Verabredungen haben, sitzen die Mütter immer daneben und bieten dem Nachwuchs Spielideen an.
Die Eltern organisieren das Spiel der Kinder, lösen Konflikte, entscheiden das tägliche Programm. Deshalb treffen sich Kinder nicht mehr wie früher auf der Straße oder spielen alleine in der Umgebung. Sie sind beim Kinderturnen, im Musikkurs, lernen Englisch oder werden zum Indoor-Spielplatz gebracht. Mama mutiert zum Taxi und Fachleute schütteln besorgt den Kopf. „Verinselung“ nennen die Soziologen diese Entwicklung, denn die Kindheit findet nur noch auf kleinen ausgewählten Flecken statt.
Eltern, die immer herumschwirren, rauben ihrem Kind Erfolge
Besonders schwierig ist es, dass viele Eltern konstant um ihre Kinder herumschwirren. Sie sind dienstbare Geister, jederzeit bereit einzugreifen oder sich einzumischen. Und damit tun sie weder sich, noch ihren Kindern einen Gefallen. Denn so rauben Sie ihren Kindern auch Erfolgserlebnisse. Obwohl sie eigentlich wissen müssten, wie wichtig es für den Nachwuchs ist, eigene Erfahrungen und Fehler zu machen.
Wieso werden Eltern Hubschrauber?
Die Amerikaner haben den Begriff der „helicopter parents“ – Helikopter-Eltern für diesen Erziehungsstil geprägt. Sie überbehüten und wollen vor Gefahren schützen und organisieren das Leben ihrer Kinder komplett. Aber warum?
Vielleicht weil viele Kinder eben langersehnte Wunschkinder später Eltern sind. Weil moderne Eltern sich eng an ihr Kind binden und es sehr lieben. „Wer über Jahre für sein Baby und Kleinkind da war, dessen Abhängigkeit gespürt hat, sein Bedürfnis nach Nähe, kann das alles nicht so einfach loslassen. Er möchte weiter wachen und über das Wohl seines Kindes bestimmen“, sagt der Entwicklungspsychologe Ulrich Diekmeyer.
Die sehr enge Bindung, Schwierigkeiten beim Loslassen können – und dazu kommt auch noch eine übersteigerte Erwartungshaltung. Wer mag sich schon den Vorwurf gefallen lassen, seinem Kind nicht alles bieten zu können? Und so werden eben Kurse angeboten und eine Animationsprogramm. Auch aus Unsicherheit heraus, denn es gibt immer weniger Kinder und vieles ist deswegen nicht mehr selbstverständlich. Beispielsweise war es in einer kleinen Wohnanlage mit 30 Wohneinheiten vor dreißig Jahren nie langweilig – einfach auf den kleinen Spielplatz gehen und schon fanden sich andere Kinder ein. Heute wohnen in solchen Anlagen einfach nicht mehr genügend Kinder, so dass sich eben auch nicht unkompliziert Spielpartner finden.
Eltern sind zu ängstlich – so lernen Kinder keine Eigenverantwortung

Viele Eltern fühlen sich auch durch die Medien und schreckliche Geschichten sehr verängstigt. Eine Fünfjährige einfach alleine hinausschicken? Was könnte da alles passieren? Kinder gelten als dauergefährdet und das unbeaufsichtigte Spiel als bodenloser Leichtsinn. Der britische Soziologe Frank Furedi nennt das Eltern-Paranoia. Denn die Bedrohung sei nicht real, das Kind kann nicht so schnell verletzt werden. Es sind die Eltern, die ihre eigenen Sorgen auf das Kind übertragen.
Tatsächlich ist es so, dass die Gefahren für Kinder heute nicht größer geworden sind. Viele Kinder starben im Strassenverkehr – auch weil Eltern ihren Nachwuchs ohne jede Sicherung sogar im Kofferraum eines Kombis transportierten. Heute gibt es die Pflicht, Kinder im Kindersitz mitfahren zu lassen, Herdschutzgitter und diverse andere Sicherheitsmaßnahmen, die Kinder gut schützen. Die Unfallstatistiken zeigen, dass die Zahl der getöteten Kinder deutlich gesunken ist.
Kinder spüren die Ängste der Eltern. Wer permanent kontrolliert, zeigt damit nicht nur die eigene Verunsicherung, er signalisiert dem Kind damit auch: „Ich glaube nicht, dass du das alleine schaffst.“ Damit wird das Kind vielleicht geschützt – vor einer vermeintlichen Gefahr. Es wird aber auch nicht lernen, sich etwas zu zu trauen.
Die Erziehungswissenschaftlerin Prof. Sigrid Tschöpe-Scheffler nennt dies „Krisenklau“. Und erklärt: “Sätze wie ‚Dazu bist du noch zu klein‘ oder ‚Lass nur, ich mach das schon‘ erziehen Kinder dazu, die Verantwortung an andere abzugeben. Sie werden träge, lust- und einfallslos.“
Kinder, die nie alleine spielen können und immer unter Aufsicht sind, lernen nicht, sich selbst zu beschäftigen. Und sie machen nicht die Erfahrung, wie man mit Risiken und Gefahren umgehen kann. Wer selbst keine Fehler machen kann, kann auch nicht lernen, wie man damit umgeht und an ihnen wachsen kann.
Wieviel Überwachung muss sein?
Natürlich sollte man Kinder auch nicht selbst überlassen. Kleinkinder sehen wirklich schlimme Gefahren nicht, können sich mit dem Wasserkocher verbrühen oder in einem Fischteich ertrinken. Sie brauchen unsere Aufsicht – aber nicht unser permanentes Spielangebot. Zweijährige können alleine mit Lego-Duplo spielen. Sie müssen eben auch lernen, sich selbst zu beschäftigen – und das geht nur, wenn Mama eben auch mal nicht mitbaut.
Kinder brauchen Fürsorge, Schutz und auch Kontrolle! Aber damit sie selbstständiger werden können, müssen sie dies auch in kleinen Schritten lernen. Es gibt keine Gebrauchsanweisungen dafür, wie das geht. Jedes Kind ist verschieden, manch Fünfjähriger kann wirklich schon allein mit seinem Freund auf dem Spielplatz spielen – wenn die Mutter in der Wohnung ist und jederzeit geholt werden kann. Andere Gleichaltrige sind vielleicht noch nicht so weit.
Erinnerungen können Eltern helfen – was noch?
Eltern, die ihren Kindern etwas zutrauen, brauchen keine Handys, die per GPS das Kind orten können. Sie wissen, dass sie sich auf ihren Nachwuchs verlassen können. Kinder brauchen Mut und Zutrauen. Das ist nicht einfach für uns Eltern.
Aber vielleicht hilft es, sich an die eigene Kindheit zu erinnern. An die Freude daran, im Garten mit den anderen Kindern eine Hütte zu bauen, an den Ball, der in den Tümpel gerollt war und den man herausfischte – obwohl das verboten war. An viele kleine Krisen, die gemeistert wurden.
Waren unsere Eltern locker, unbesorgter oder unbedarfter? Auf jeden Fall mutiger. Sätze wie: „Ach, mein Kind kann das schon“ waren häufiger. Erstklässler als Schlüsselkinder? Heute undenkbar, vor dreißig Jahren modern und normal.
Es ist nicht einfach, Kindergartenkinder und kleine Grundschüler alleine durch die Gegend stromern zu lassen. Aber vielleicht können wir lernen, wieder weniger Angst zu haben? Mehr Freiraum zu lassen, damit Kinder wieder mehr freie Kindheit erleben können?
Sehen Sie das auch so? Oder ist es vielleicht besser, dass Eltern heute viel vorsichtiger sind als ihre eigenen Eltern?
Endlich habe ich wieder ein Puzzle-teil gefunden. Ich bin als Helikopterkind aufgewachsen und habe leider meine 3 Kinder auch so erzogen. Es fällt mir jetzt wie Schuppen von den Augen und für mich ist es jetzt auch eine Erklärung, warum ich mich an viele Lebensphasen, selbst in der Kindheit nicht mehr erinnern kann.
Über dieses Thema bin ich wie man so schön sagt durch Zufall gestolpert, als ich in unsere Wochenzeitung geschaut habe. Ich hätte auch schon einen Namen für dieses Phenomen: „Helikopter-Syndrom“.
Ich bin so froh, das ich jetzt weiß was mit mir und meinen Kindern los ist. Meine Kinder sind unselbstständig und ich war die ganze Zeit überfordert! Mal sehen, wenn ich die nötige Hilfe bekomme, vielleicht schreibe ich darüber ein Buch, wie es sich bei uns auswirkte und was es für ein Höllenritt für das Kind ist. Auf jeden Fall, haben die Psychologen wieder mehr zu tun.
Liebe Gabipaulsen,
ich studiere Kulturjournalismus in Karlsruhe und arbeite gerade an einem Radiobeitrag zum Thema Helikoptereltern. Wären Sie denn bereit, mir ein, zwei Fragen am Telefon zu beantworten?
Liebe Grüße,
Julia
Gut, dass ich das jetzt schon lese. Unser Kleiner ist gerade 1 geworden und ich denke, dass ich meine Frau ab und an mal zurückhalten muss. Fragen wie „Glaubst du wir beschäftigen uns genug mit ihm?“ oder „Glaubst du wir fördern ihn genug?“ sind schon ein klares Zeichen, dass loslassen für Mutti echt schwierig ist. Ich war in meiner Kindheit tatsächlich frei. Konnte ohne kontrolliert zu werden aufwachsen, auch weil meine Eltern beide berufstätig waren. Natürlich heißt das nicht, das es keine Regeln gab. Auch die kleine Frage, was man am Tag erlebt hat, ist denke ich ein wichtiges Kontrollinstrument und offenbart das ein oder andere Abenteuer und Wagnis. Und dann kann man ja immer noch mal ans Gewissen appellieren. Oder war die Freiheit zu groß? Streiche, Übermut und Leichtsinn habe ich so auf jeden Fall kennengelernt. 🙂
Man muss seinen kindern vertrauen das is der trick
Ich kenne ein Mädchen, das ist 18 und wird noch derartig von den Eltern überwacht (Mutter stalkt FB-Account, loggte sich vor kurzem sogar noch heimlich darüber ein um die Nachrichtenvrläufe zu kontrollieren) und lässt sich den Umgang mit mir verbieten – bin eine Klassenkammeradin und zwar 5 Jahre älter als sie, rauche aber nicht, trinke nicht, habe noch nie im Leben eine Droge angelangt und soll jetzt ein schlechter Umgang für sie sein, weswegen sie nichteinmal für Schulangelegenheiten mehr zu mir kommen darf. Das traurigste an dieser Geschichte ist, das sie, mit ihren 18 Jahren, das auch noch mit sich machen lässt…
Diese Eltern machen ihr auch immerwieder glaubwürdig klar, das sie nichts ohne sie ist.Ich mach mir wirklich sorgen um ihre Zukunft. Ich meine, wer will schon ein Leben leben, das die Eltern für einen vorschreiben? Beziehungsweise, wer könnte damit wirklich glücklich werden? …
Ich war auch so ein freies Kind aber wenn man heutzutage sein kind mit 5 oder 7 Jahren alleine zum Spielplatz gehen lässt und es stellt was an dann steht gleich das Jugendamt vor der Tür und es heißt Aufsichtspflicht verletzt.
Ganz ehrlich? Ich habe als beruflich öfters mit dem Jugenamt zu tun & so etwas beachten die gar nicht. Ok, Kleinkinder brauchen eine Aufsicht, Zweijährige kann man schlecht alleine schicken. Aber kein Jugenamt in Deutschland sagt etwas, wenn Grundschulkinder alleine radfahren, auf dem Spielplatz gehen oder ähnliches. Wirklich nicht. Die haben andere Dinge zu tun. Aber: In den USA kann so etwas wirklich passieren. Da sieht das Überbehütungsverhalten auch noch ganz anders aus.
ich habe selber eine Helicopter Mutter. Mein bruder ist jetzt ausgezogen und ich werde noch mehr überwacht. Ich brauche dringend Hilfe was ich tun kann. HILFE
Hallo, leider können wir da aus der Ferne keinen Rat geben. Ein qualifiziertes gutes Angbot bietet die bke: https://jugend.bke-beratung.de/views/home/index.html
Herzlichen Gruß aus der Redaktion, S. Plagge
Hallo Ver_Flix,
ich studiere Kulturjournalismus in Karlsruhe
und arbeite gerade an einem Radiobeitrag zum Thema Helikoptereltern.
Wären Sie denn bereit, mir ein, zwei Fragen am Telefon zu beantworten?
Liebe Grüße,
Julia
Eltern sind doof mekern immer nur rum
Und was wenn doch etwas passiert? Wer ist dann für die Eltern da? Heißt es dann nicht, hätten sie nicht besser aufpassen können? Warum braucht alles und jedes einen Begriff?
Jeder sollte sein Kind so erziehen, wie er es für richtig hält, und zwar mit seinem Herzen.
Dann wird das Kind es auch eines Tages den Eltern danken.
Es gibt aber eben auch Erziehungsmethoden, die conrtraproduktiv sind. Wenn Eltern den Stundenplan ihres erwachsenen studierenden Sohnes vom Prof haben wollen, wenn Kinder kein Fahrrad mehr fahren dürfen, weil es zu gefährlich ist, wenn Eltern die Hausaufgaben erledeigen, dann läuft shcon etwas falsch. Und es gibt halt auch psychologische studien dazu. Extreme sind in der Erziehung nie gut. Und Kinder müssen sich eben auch mal langweilen, Frust aushalten, ihren Körper beim Klettern erproben, Konflikte mit Gleichaltrigen selbst regeln. Das sind Kompetenzen, die sie selbst erwerben müssen. Wenn Eltern ihnen dies verwehren, fehlt den Kindern später als Erwachsenen einiges.
Also ich muss mal dazu sagen, dass ich meinem Kind vertraue.. Mein Mann behauptet zwar auch das ich eine ,,Helikopter -Mami“ sei, was aber daran liegt das ich dem Rest der Welt nicht vertraue. Ich habe oft große Probleme einzuschlafen, da ich oft sowas wie Wachträume habe.. Und in meinem Kopf die schrecklichsten Dinge mit meinem Kind passieren.. Wie z. B. Ein Hund greift an, das Haus brennt, sie wird entführt, usw. Also die Liste ist endlos lang und meine Nächte oftmals dadurch sehr kurz. Das was mich so sein lässt, ist die Frage könnte ich mein Kind in jeder dieser Situationen beschützen? In meinem Träumen werde ich zur ,,Superman-Mama,, sozusagen und kann es,ja. Aber im realen Leben, weiß ich das ich das wohl nicht könnte!!
Und lässt mich zum ,,Helicopter“ werden!
Liebe Grüße
Meine mutter hat ähnliche träume und lässt mich einfach nicht los.. ihre träume sind auch immer sehr auf meine letzten erlebnisse die ich ihr mehr oder weniger freiwillig erzählte. Ich weiß leider aber nicjt wie und ob ich sie drauf ansprechen soll.