Kleine Helfer

Chaos in der Küche? Alles dauert länger? Klarer Fall von Kindern, die im Haushalt helfen. Aber mit etwas elterlicher Gelassenheit können die ersten Aufgaben eine tolle Frühförderung sein – und Spaß machen!

Abenteuer Wäschekeller. Mit hochroten Pausbacken reicht die 18 Monate alte Eva ihrer Mutter die Wäscheklammern. Mit tiefer Konzentration bückt sie sich und wählt bedächtig eine Farbe aus. Der zweijährige Finn liebt Laubsammeln und die gleichaltrige Finja besteht darauf, nach dem Essen ihr Besteck in den Geschirrspüler zu stecken.

Hilfe im Haushalt – die beste Frühförderung

Tatsächlich sind die Jüngsten meist sehr hilfsbereit. „Kleine arbeiten gerne mit“,  erklärt die Pädagogin und zweifache Mutter Betina Seibold aus Wiesbaden. „Kinder nehmen sehr genau wahr, was ihre Eltern tun und versuchen sie nachzuahmen.“ Wie kleine Schwämme saugen die Kinder dabei Informationen auf und lernen, wie einzelne Abläufe funktionieren. Erst muss die Wäsche sortiert werden, dann in die Maschine gepackt werden. Nach dem Drücken des Knopfes wird es laut und ich kann sogar im Fenster sehen, wie die Wäsche Karussell fährt.

Für Erwachsene ist es selbstverständlich, dass ein nasser Pullover mehr wiegt als ein trockener. Ein Kind ist überrascht. Und lernt so auch den Alltag besser kennen und begreifen. „Im Haushalt mitmachen – das ist die beste Förderung überhaupt“, sagt Betina Seibold.

Auch viele andere Dinge sind in Kinderaugen aufregend: Rasenmähen, Laubfegen oder Staubsaugen. Mit einem kleinen Kinderbesen wird eifrig mit gefegt und auch im Bad wird mit der Mutter gemeinsam die Wanne gewischt. Kleinkinder sehen solche Aufgaben nicht als lästig an. Sie mögen es, mit Mama und Papa etwas gemeinsam zu tun. „In unseren Studien mit Kleinkindern haben wir herausgefunden, dass die besonders gern helfen, wenn sie dadurch zu einer Gruppe gehören“, erklärt die Entwicklungspsychologin Harriet Over.

Die Gemeinschaft unterstützen von Anfang an

Helfen – ohne davon selbst zu profitieren, das ist laut Wissenschaft evolutionär angelegt. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Unterstützung der Gemeinschaft entscheidend für das Überleben der Menschen ist. „Andere Experimente zeigen, dass Kleinkinder vor allem dann helfen, wenn andere wirklich Hilfe brauchen“, so Harriet Over. Tatsächlich möchten schon Baby oft mit helfen und ein Teil der Gemeinschaft sein. Knapp Einjährige können schon Dinge geben oder ausräumen. Und freuen sich furchtbar darüber.

Doch so gerne Kleinkinder auch helfen – ihr Interesse kann sehr sprunghaft sein. Heute ist der Geschirrspüler interessant – morgen die Sockenschublade. Hier ist elterliche Geduld gefragt. Denn nicht ohne Grund ist eben aller Anfang schwer. Umso kleiner Kinder sind, desto weniger sollten Eltern Mithilfe fordern. Aber sich natürlich freuen. Nicht sehr sinnvoll sind Extra-Aufgaben. Kinder merken sofort, ob sie wirklich die Eltern unterstützen oder nur eine Schein-Tätigkeit bekommen haben, um nicht zu stören. Das kann Kinder schnell frustrieren.

Das gilt auch für Aufgaben, die noch zu schwierig sind. Zum Lernen brauchen Kinder schließlich Zeit. Krümel aufheben, eine Banane mit einem stumpfen Messer klein schneiden oder etwas abwischen ist zunächst nicht einfach. „Einen Teller aus der Spülmaschine zu nehmen oder den Boden zu fegen, erfordert viel Feingefühl“, sagt die die Pädagogin Betina Seibold.

Wichtig ist nach getaner Arbeit ein ehrliches Lob. Das macht stolz und spornt auch an. Genauso wie gemeinsamer Spaß. Denn natürlich merken die Kinder, wenn auch die Eltern bei ungeliebten Tätigkeiten vor sich hinmurren.

Kindergartenkinder können mehr

Wenn die Kinder im Kindergartenalter sind, kann hier ein Familien-Haushaltstag allen helfen. Zunächst werden die Aufgaben für alle festgelegt. Die Kinder können etwa alles auf dem Fußboden im Kinderzimmer aufräumen oder Wäsche sortieren. Wichtig ist, dass die  Kinder selbst bestimmen, welche Pflichten sie übernehmen. Jedes Familienmitglied darf abwechselnd bestimmen, welche Musik dabei laut gehört wird. Nach getaner Arbeit können sich dann alle gemeinsam belohnen – etwa mit einem gemeinsamen Ausflug.

Ganz wichtig ist es, das Gemeinsame zu betonen und nicht etwa gezielt zu belohnen. Wenn Eltern erklären, dass Kinder dann Schokolade bekommen, wenn sie die Legos aufgesammelt haben, dann kann das Aufräumen zu einem Machtspiel werden. Es geht nicht mehr darum, dass gemeinsam etwas geschafft wird oder dass es toll ist, wenn alle Sachen am Platz sind, sondern nur um die Nascherei.

Genauso wie übertriebenes Loben kann dies sogar schaden. Die Entwicklungspsychologin Over hat dies in Studien herausgefunden: „ Es hemmt sogar die Hilfsbereitschaft von Kleinkindern, wenn sie belohnt werden.“ Im Mittelpunkt sollte stehen, dass Kinder begreifen, dass jeder in der Familie seinen Teil tun sollte, damit es allen gut geht und genug Zeit für schöne Sachen bleibt.

Kinder sollten für ihre Aufgaben wirklich zuständig sein dürfen

Ab etwa vier Jahren können Kinder mehr Aufgaben regelmäßig Aufgaben übernehmen. Den Tisch decken, Servietten falten oder beim Kochen mithelfen. Wichtig ist, dass die Kinder nicht das Gefühl haben, dass dies eine Strafe ist und die Unterstützung nicht aus heiterem Himmel eingefordert wird. Also nicht das Kind mitten im Spiel stören, sondern schon beim Mittagessen erklären: „Ich möchte, dass du mir am Nachmittag beim Backen hilfst“.

Wenn Kinder eine Aufgabe übernommen haben, dann sollten sie auch wirklich dafür zuständig sein dürfen. Für die Eltern ist daher meckern und nacharbeiten tabu. „Man kann das Kind auf etwas hinweisen, aber wer sofort nachputzt gibt ihm das Gefühl, es nicht zu können“, sagt Betina Seibold.

Und wenn Kinder ihre Hilfe verweigern? Dann sollten sie die Konsequenzen merken. Der Dreijährige will seinen Lieblingskäse nicht auf den Tisch stellen? Pech. Dann gibt es eben keinen. So merken Kinder tatsächlich, dass ihr Handeln wichtig ist – und dass etwas fehlt, wenn sie Mama und Papa nicht unterstützen.

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