Wer kennt Ihn nicht, denn Suppenkasper aus dem Struwwelpeter? Gut geht die Geschichte leider nicht aus. „Am vierten Tage endlich gar, Der Kaspar wie ein Fädchen war“ Dann stirbt der Verweigerer. Der Alptraum vieler Eltern.
Auch die Mutter von Liv (2) hat schon viele schlaflose Nächte verbracht. Aus ihrer pausbäckigen Einjährigen ist ein schmales kleines Mädchen geworden, dass am Tisch meist „Nein, will nicht“, erklärt. Kein Obst, kein Gemüse wandert freiwillig in den Kindermund. Kartoffeln, Reis – bäh.
Wie bekommt man sein Kind dazu, wenigstens eine winzige Menge an gesunden Vitaminen und Nährstoffen zu sich zu nehmen, auch
wenn es kein Gemüse mag? Müssen Eltern eine Mangelversorgung wie bei Kasper befürchten? Immerhin soll laut einer DAK-Studie jedes zweite Vorschulkind gesunde Kost verweigern. Keine guten Aussichten.
Selbst ein gutes Vorbild sein, die Kinder beim Einkaufen beteiligen, gemeinsam essen und die Nahrung appetitlich und in kleinen Happen herrichten, diese Empfehlungen gehören zu den Standards der Ernährungspsychologie. Doch was tun, wenn das alles nicht hilft und das Kind auch die liebevoll mit einem lustigen Gesicht verzierte Gurke verweigert? Und wann wird das Gemäkel am Essen bedrohlich für die Gesundheit des Kindes?
Ist mein Kind zu dünn?
Die Proportionen eines Kindes ändern sich in den verschiedenen Phasen. Oft ahnt man einen anstehenden Wachstumsschub an den eher runden Pausbacken. Am Ende des 2. Lebensjahres und zwischen dem 4. und 7. Lebensjahr machen Kinder meist ein rasantes Längenwachstum durch. Sie wirken plötzlich dünner und schlanker, weil der Babyspeck nun verschwindet.
Durch die Wachstumsphasen gibt es bei Kindern nicht so eindeutig ein Normalgewicht, auch wenn es natürlich Tabellen gibt. Wer das Gefühl hat, dass das Kind zu mager ist, sollte das Kind beim Waschen oder in der Badewanne genau angucken. Treten die Knochen deutlich hervor? Wirkt das Kind antriebslos oder apathisch? Ist es häufig müde? Wenn eine dieser Fragen mit ‚Ja’ beantwortet werden kann, sollte unbedingt ein Kinderarzt aufgesucht werden.
Gesund aber mäkelig?
Viele Kinder, die von ihren Eltern als Problemesser wahrgenommen werden, sind durchaus gesund und normalgewichtig. Sie nörgeln nur konstant am Essen und verweigern eben das, was Mama und Papa für gesund und wichtig halten. Solange die Kinder aktiv und fröhlich wirken, machen sich Experten wenig Sorgen.
Kinder haben ein natürliches Gefühl für Sättigung und verhungern nicht. Verweigerung ist häufig ein natürlicher Teil der Persönlichkeitsentwicklung, erklärt der Psychologe Markus Wilken von der Uniklinik Bonn.
Kinder wissen selbst am besten, was ihr Körper braucht
Die amerikanische Kinderärztin Clara Davis in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine legendäre Studie betrieben, weil sie wissen wollte, ob Kinder selbst ihre Nahrung regulieren können. Davis verfolgte über mehrere Jahre eine Gruppe von kleinen Kindern, die ganz allein entscheiden durften, was sie essen wollten. Viele Kinder ernährten sich über Monate hinweg ganz einseitig, bevorzugten beispielsweise Nudeln oder nahmen fast nur Brot zu sich. Interessanterweise wies trotzdem kein Kind am Ende der Studie einen Nährstoffmangel auf.
Als diese Studie in den 90er-Jahren wiederholt wurde, war das Ergebnis das gleiche. Psychologe Markus Wilken: „Kinder wissen selbst, was ihr Körper braucht, wenn man ihnen die Wahl lässt.“ Seine Empfehlung an besorgte Eltern: dem Kind immer wieder Obst und Gemüse anbieten, ihm aber die Wahl lassen und es vor allem zu nichts zwingen.
Oft ist es nur eine Phase, in der Kinder bestimmte Lebensmittel nicht mögen. Manchmal brauchen sie einfach weniger Energie oder haben sich schon satt getrunken. Auf keinen Fall sollte das Essen zu einem Machtkampf werden. Wenn Ihnen Gelassenheit schwer fällt, dann denken Sie an die amerikanische Studie.
Wer sich trotzdem sorgt, sollte eine Woche lang ein genaues Ernährungsprotokoll des Kindes führen. Oft ist man erstaunt, wie viel die Kleinen eben doch essen und auch trinken (beispielsweise Milch und Saft, die ja auch wertvolle Nährstoffe liefern). Im Zweifel wenden Sie sich an Ihren Kinderarzt oder an eine Ernährungsberatungsstelle – und vertrauen Sie ihrem Kind.
Tipps und Tricks um Problemesser motivieren
1. Achten Sie auf geregelte Tischzeiten und eine angenehme Atmosphäre beim Essen. Kleine Kinder mögen es gern, beim Aufdecken zu helfen und alles schön zu gestalten.
2. Dauerknabbern ist tabu. Bei heiklen Essern auch auf Zwischenmahlzeiten achten, denn sonst essen die Kinder sich schon vorher satt bzw. nach dem Essen, wenn sie wissen, dass es noch Kekse gibt.
3. Salat und Obst anbieten, wenn das Kind wirklich hungrig ist.
4. Die Kinder das Menü mit auswählen lassen und in den Einkauf und die Zubreitung einbeziehen. Eine selbstbelegte Pizza schmeckt einfach besser.
5. Bei manchen Kindern genügt schon die Bezeichung ‚Obst’ und sie stellen auf stur. Kleinen Kindern kann man eine leckere Pfannkuchensoße anbieten – die wird viel eher gegessen als Apfelmus. Phantasie-Namen wie Prinzessinenbrei verführen zum Probieren.
6. Früchte lassen sich prima in Püree verwandeln und dies verschwindet in Quark oder Milchreis. Im Tiefkühlfach wird es zu leckerem Eis. Auch Shakes und Marmeladen werden von heiklen Essern eher gegessen.
7. Auch Gemüse kann unauffällig versteckt werden. Etwa pürierte Zucchini in der Hackfleischsoße, gemuster Kohlrabi im Kartoffelbrei. Gemüse mit starkem Eigengeschmack, wie etwa Blumenkohl, sollte hier eher nicht benutzt werden.
8. Süßes wertet auf: Kinder mögen oft süß-saure Rohkost aus geriebenen Äpfeln und Karotten (mit Zitronensaft und Honig) oder Salat mit Nüssen und Trauben.
9. Kleine Portionen und Finger-Food steigern den Appetit. Ein Joghurt-Dip macht Gurke, Karotte oder Kohlrabi zu gesunden Knabberkram. Und Essen mit Fingern ist immer eine beliebte Aktion.
Linktipps:
www.was-wir-essen.de Informationen über Lebensmittel
www.witzigmann-buffet.de Marmeladen- und andere Rezepte für Vitaminverweigerer
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