Gift im Essen!?

Schwangere und Stillende möchten sich besonders gut ernähren. Und auch Eltern von Kleinkindern achten sehr auf gesundes Essen. Klar, dass da im Supermarkt vor allem beim Obst und Gemüse zugegriffen wird. ABER…
Obst und Gemüse – grün, knackig und gesund? Das stimmt leider nicht immer. Denn die Tester von Stiftung Warentest und von Greenpeace sind sich einig: Die Ware in Supermärkten ist oft mit Resten von Pflanzenschutzmitteln belastet.
 
Pflanzenschutzmittel, in der Fachsprache Pestizide, sollen vor Pilzen, Unkraut und Insekten bewahren. Wie hoch die Rückstände dieser Mittel an Obst und Gemüse sein dürfen, legen seit neuestem EU-Standards fest. Aus deutscher Sicht eine Verschlechterung, denn viele Grenzwerte wurden hochgesetzt.
 
Gefahr im Regal?
 
Viele Experten sehen die Hochsetzung der Werte sehr kritisch, denn bereits vorher wurden die Giftstoffe in der Nahrung kritisiert. Greenpeace hat eine schwarze Liste gefährlicher Gifte veröffentlicht, die weiterhin in der EU zugelassen sind. Darunter ist beispielsweise Boscalid, ein Pilzbekämpfungsmittel, das vermutlich Krebs erzeugt. Dies darf nun in deutlich höher Menge beispielsweise bei Feldsalat eingesetzt werden. Auch Iprodion, benutzt bei Erdbeerpflanzen, steht im Verdacht Krebs zu fördern. Das Bundesinstitut für Risikobewertung sieht keine Gefahr für Menschen.
 
Doch die Experten der Stiftung Warentest sehen das anders: „Etwa vier Prozent der europaweit zugelassenen Pestizide stehen im Verdacht, Krebs zu erzeugen, Nerven zu schädigen, das Hormonsystem oder die Fortpflanzungsfähigkeit zu beeinflussen.“ Wissenschaftler haben bis heute nicht erforscht, welche Wechselwirkungen verschiedene Pestizidcocktails haben können.
 
Risiko für Kleinkinder, Schwangere und Stillende
 
Das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) hat vor gut zwei Jahren ausgerechnet, was passieren würde, wenn 2- bis 5-Jährige Kinder ihre normale Obstportion essen und dieses Obst die neuen akutellen Höchstmengen an Belastung hat. Fazit: Der Gesundheitsschutz wäre nicht gewährleistet. Denn Kleinkinder sind aufgrund ihres geringen Körpergewichtes besonders empfindlich gegenüber Schadstoffen.
 
Gleiches gilt für Schwangere. Es gibt Studien, die belegen, dass Umweltgifte bei ungeborenen Kinder zu Fehlbildungen führen. Die Belastung gilt aber vor allem für Schwangere, die auf dem Land leben und direkt dem Pflanzenschutzmittel ausgesetzt sind. Weniger hoch ist die Gefahr durch Verzehr von Obst und Gemüse.
 
Wie sieht es mit der Belastung in der Muttermilch aus? Tatsächlich konnten Wissenschaftler noch 1984 einen so hohen Pestizidanteil in der Milch feststellen, dass man ernsthaft erwog, eine Höchstmenge für Milch festzulegen. Durch das Umdenken ist die Muttermilch heute deutlich gesünder, doch durch die Nahrung der Mutter wird auch ein gestilltes Kind belastet. Experten raten daher, auf keinen Fall während der Stillzeit eine Crash-Diät zu machen, so würde der Pestizidanteil in der Muttermilch plötzlich sehr konzentriert sein.
 
Pestizide in Lebensmitteln
Giftstoffe in Nahrungsmitteln (© panthermedia.net James Peragine)
Kritik am Handel
 
Tatsache aber ist, dass der Handel belastetes Obst und Gemüse verkauft. „Es ist unverantwortlich, dass Supermärkte jungen Eltern wissentlich derart belastete Ware für ihre Kinder anbieten“, sagt Landwirtschafts-Experte Eckehard Niemann von Greenpeace. Die Organisation fordert, dass Händler ihre Ware  mit dem Hinweis „Für die Ernährung von Kleinkindern ungeeignet“ kennzeichnen sollten.
 
„Die Gifte können zu Langzeitschäden im Nerven- und Immunsystem führen“, erklärt Niemann. Der Gesetzgeber hat scharfe Grenzwerte für Baby- und Kleinkindkost festgelegt. So darf Kleinkindnahrung nur 0,01 Milligramm Pestizide pro Kilogramm Nahrung enthalten. Verkauft werden aber Obst und Gemüse, für die normale Grenzwerte von bis zum 500fachen gelten.  

Greenpeace untersucht kontinuierlich Obst und Gemüse. Trauben, Paprika und Erdbeeren aus herkömmlichen Anbau sind demnach für Kleinkinder – und für Schwangere und Stillende –  mit Vorsicht zu genießen. Die Tester der Organisation gehen davon aus, dass etwa 40 Prozent der Frischware mit Spritzmittel-Resten belastet ist, die Hälfte davon sogar mit mehreren Pestiziden. In Deutschland war jede fünften Probe in der Höhe der gesetzlichen Grenzwerte oder darüber.

Verbraucher wollen kein Gift 

Und doch gibt es auch Erfolgsmeldungen. Denn Verbraucher wollen kein Gift im Essen.Sie reagieren durch den Kauf von Biowaren und das hat der Handel erkannt. Immer mehr führende Ketten achten auf die Belastung und auch die Landwirtschaft sucht nach biologischen Alternativen.

Das ist nicht nur für uns als Endverbraucher wichtig. Denn die Pestizide in der Landwirtschaft belasten die Menschen, die hier arbeiten. Nach WHO-Angaben sterben jährlich rund 200.000 Menschen an Pestizidvergiftungen. In vielen Ländern sind Grundwasser und Flüsse wegen der Verseuchung durch Pflanzenschutzmittel nicht mehr als Trinkwasserquellen nutzbar.

Wer aktiv für gute Qualität im Essen einsetzten möchte kann sich an das Greenpeace-EinkaufsNetz wenden. Hier werden aktuelle Untersuchungen veröffentlicht und Verbraucher-Aktionen gefördert. Die Tester untersuchen regelmäßig, welche Ware als besonders belastet gilt.

Laut Greenpeace-Liste gelten akutell als besonders belastetes Obst und Gemüse:

  • Frische Kräuter
  • Erdbeeren (aus Spanien, Marokko)
  • Feldsalat
  • Trauben (insbesondere die kernlose Sultana)
  • Rucola
  • Himbeeren
  • Paprika
  • Spinat
  • Aprikosen (aus Spanien, Italien)

 

Wie kann man Gifte in Obst und Gemüse vermeiden?

Gut abwaschen: An der Oberfläche haftende Pestizide lassen sich so reduzieren, am besten mit warmen Wasser. Gegen Gifte im Inneren der Frucht hilft Waschen allerdings nicht.

Schale entfernen: So können beispielsweise Pestizide bei Gurken vermieden werden. Nachteil: Wertvolle Vitamine und Pflanzenstoffe die in der Schale stecken, gehen verloren.

Unbehandelt: Dieser Hinweis auf Produkten bezieht sich auf die Schale und stimmt laut Stiftung Warentest nicht immer.

Die Vielfalt macht’s: Wer Obst- und Gemüsesorten variiert, läuft weniger Gefahr, sich zu oft von stark belasteten Sorten zu ernähren. Abwechslung tut also gut.

Bio im Vorteil: Greenpeace und Stiftung Warentest haben getestet und kamen zum gleichen Ergebnis: Bioware ist deutlich weniger belastet.

Saisonal und regional einkaufen: Besonders belastet sind Importe aus südlichen Ländern oder gar anderen Erdteilen. Je weiter der Weg, desto mehr Chemie. Greifen Sie am besten zu regionalen Produkten, die gerade Saison haben.