Geschlechterunterschied

Sind kleine Mädchen schon anders als kleine Jungen? Was ist dran am so genannten kleinen Unterschied? Nicht viel, meint eine Wissenschaftlerin. Oder können Sie erkennen, welches Geschlecht die Babys auf diesem Bild haben?
Männer sind schon als Babys blau – so sang es einst Herbert Grönemeyer. Doch was ist wirklich dran an dem berühmten kleinen Unterschied? Diese Frage stellt sich die amerikanische Neurobiologin Lise Eliot in ihrem neuesten Buch. Denn eigentlich machen wir Eltern keine Unterschiede zwischen unseren Töchtern und Söhnen, verschenken an beide Puppen und Autos. Oder sind unsere Vorurteile unterbewusst?
 
Die Wissenschaftlerin führte dazu verschiedene Studien aus. So wurden Eltern Bilder von Babys gezeigt, die anhand ihrer Kleidung nicht eindeutig zu identifizieren waren. Dann sagte man ihnen, ob es ein Junge oder ein Mädchen sei und sie sollten die Kinder beschreiben. Fazit: Sobald die Eltern glaubten, einen Jungen zu sehen, schrieben Sie ihm Attribute wie aggressiv und fordernd zu, die vermeintlichen Mädchen wurden als schüchtern und püppchenhaft beschrieben. Doch in Wirklichkeit hatte man den Eltern das falsche Geschlecht genannt.
 
Natürlich sind kleine Jungen und Mädchen biologisch gesehen nicht gleich. Neugeborene Mädchen sind robuster und entwicklen sich schneller als Jungen. Sprachlich und feinmotorisch legen sie früher los. Schon mit vier Monaten haben sie mehr Augenkontakt als gleichaltrige Jungen. Kleine Jungen sind stressanfälliger, haben schneller Krankheiten. Auch wenn sie später loslegen, so entwickelt sich ihre Motorik meist sehr gut und im Kleinkindalter sind sie deutlich körperlich aktiver als gleichaltrige Mädchen.
 
Insgesamt gesehen, so Lise Eliot, sind die biologischen Unterschiede allerdings sehr klein. Sicher Jungen haben mehr Muskelmasse und bei der Geburt ist ihr Nervensystem of noch nicht ausgereift – aber das ist sehr Allgemein. Betrachtet man konkrete Kinder, wird man schnell feststellen, dass es Jungen gibt, die sprachlich weiter sind als bestimmte Mädchen und Mädchen, die einfach gerne toben.
 
Alle Studien zeigen, dass es wir Eltern sind, die Unterschiede der Kinder manifestieren. Wenn kleine Jungen ihre Puppen knuddeln oder Mädchen mit Beinen voller blauer Flecken nach Hause kommen, reagieren Eltern unterschiedlich, selbst wenn sie es eigentlich nicht möchten. Schon mit männlichen Säuglingen wird wilder gespielt als mit weiblichen. Kleinen Jungen werden gefährliche Kletteraktionen eher zugetraut als kleinen Mädchen.
 
Insgesamt haben Jungen es oft sogar schwieriger als Mädchen. Sehr viel schneller gelten sie als auffällig oder langsam. Sie sind umgeben von Frauen – Müttern und Erzieherinnen und ihre Vorliebe fürs Bewegen wird ihnen rasch als Verhaltensauffälligkeit ausgelegt. Aber auch kleine Jungen mögen basteln, malen und Geschichten hören. Nur manchmal eben anders als Mädchen. Das fällt Müttern – die nun einmal kleine Mädchen waren – manchmal schwer.
 
Und Mädchen? Die gelten als lernfreudig und pflegeleichter. Aber auch sie müssen toben dürfen und sollten vor allem an mathematisch-technische Spielzeuge herangeführt werden. Lego beispielsweise schult hervorragend das räumliche Denkvermögen – und findet sich leider seltener in Mädchen-Kinderzimmern.
 
Wichtig ist, es den Kinder die gleichen Chancen zu geben. Und die Unterschiede zu akzeptieren. Als Mutter eines Sohnes und einer Tochter finde ich es immer wieder fazinierend, wie verschieden die Kinder sind. Das erste Wort meiner Tochter? „Schuhe“ – das meines Sohnes „Auto“. Mein dreijähriger Sohn ist ein köperbetontes Kind mit riesigem Bewegungsdrang, meine vierjährige Tochter braucht dagegen ihre tägliche Basteleinheit. Der Junge ist eindeutig wehleidiger. Ist das wirklich ein Unterschied der Geschlechter – oder doch eher einer der Persönlichkeit? Ich bin mir nicht sicher.
 
 
Foto: © Galina Barskaya – fotolia.com
 
 
Was meinen Sie? Sind die Unterschiede zwischen kleinen Jungen und Mädchen wirklich deutlich zu sehen? Wie sind Ihre Erfahrungen?