Gene machen Mütter dick

Gute Nachrichten für jede fünfte Frau! Wer nach der Geburt mit zusätzlichen Pfunden zu kämpfen hat, kann oft gar nichts dafür. Denn Wissenschafter fanden heraus, dass es ein „Fett-Gen“ gibt. Da freut sich mein Schweinehund…

Frauen und Gewicht. Wie viel darüber schon geschrieben wurde. Leider ist es aber so, dass viele von uns mit zusätzlichen Pfunden kämpfen. Vor allem weil diese sich gern an unliebsamen Stellen ansammeln. Ich beispielsweise trage tapfer einen Ring. Im Englischen spricht man von „Love Handels“, klar so ein kleiner Rettungsring um die Hüfte kann ja auch praktisch sein. Von „Liebe“ kann ich allerdings nicht sprechen. Wir führen so eine Art Waffenstillstand, meine Speckrolle und ich. Das ist neu.

Denn nicht immer herrschte Frieden. In der Schwangerschaft war sie zunächst verschwunden. Kein Wunder, denn da war ja auch ein Baby drin, das kaschiert elegant jede Rolle. Wie war das noch mal: In den 40 Schwangerschaftswochen nehmen Frauen im Schnitt 12 bis 15 Kilogramm zu: 3 bis 4 kg für das Baby, je 1 kg für Gebärmutter, Fruchtwasser und Mutterkuchen, 500 Gramm für das zusätzliche Brustgewebe, 1 kg zusätzliches Gewebswasser und 4 kg zusätzliches Körperfett.

Ich wog etwa 16 Kilo mehr und das Baby 3500 Gramm. Eigentlich nicht soooo viel. Aber es waren eindeutig ein paar Pfund zu viel. Warum meinten diese Extrapfunde, sich nur um meinen Bauch herum ansiedeln zu müssen? Und warum waren sie so hartnäckig?

Eigentlich war ich ja stolz auf meinen Körper, weil er mir so ein wunderbares Geschenk wie mein Kind gemacht hat, aber dass ich auch zwei Monate nach der Entbindung in Umstandshosen herumlief, frustrierte mich.

Diäten in der Stillzeit sind tabu. Als ich meine Tochter endgültig abstillte, hatte ich mir schon ein wunderbares Kochbuch gekauft. Denn der Göttergatte und ich wollten gemeinsam die Ernährung umstellen. Weg von Pizza, hin zu Salaten. Doch dann kam mir der zweite positive Schwangerschaftstest dazwischen.

Ich habe es noch immer nicht geschafft, die zusätzlichen Pfunde der zwei Geburten wieder loszuwerden. Zweimal „4 kg zusätzliches Körperfett“ sind in meinem Fall etwa acht Kilo. Man kann es auch in zwei Ziffern beschreiben: „44“. Schluck. Immer wenn ich in einer Umkleidekabine stand, herrschte alles andere als Liebe.

Wieso ich nun einen Waffenstillstandsabkommen habe? Aus zwei Gründen. Den ersten verdanke ich Essener Wissenschaftlern. Die Forscher haben nämlich herausgefunden, dass jede fünfte Frau ziemlich unschuldig an ihrem Übergewicht ist.

Ein Fett-Gen ist nämlich verantwortlich. Die Professoren Winfried Siffert, Institut für Pharmakologie, Norbert Müller, Institut für Transfusionsmedizin, und Raimund Erbel, Abteilung für Kardiologie, untersuchten insgesamt 800 Frauen. Sie fanden heraus, dass ein „Ur-Gen“, Einfluss auf das Körpergewicht von Frauen nach der Geburt ihres ersten Kindes hat. „Trägerinnen des „Ur-Gens“ mit einer Veränderung in einem so genannten „G-Protein“ – betroffen sind 10 bis 20 von hundert Schwangeren – wogen nach der Geburt ihres Babys erheblich mehr als vor der Schwangerschaft, und die Gewichtssteigerung war auch ein Jahr nach der Entbindung noch deutlich sichtbar.“ So die Zusammenfassung.

Irgendwie war ich erleichtert. Endlich bin ich nicht mehr verantwortlich. Gut, gut, in der Studie stand natürlich noch, dass mit ausgewogener Ernährung und viel Sport auch Frauen mit ungünstiger genetischer Disposition die Pfunde bekämpfen können. Aber wenn ich nicht schuld bin, muss ich das auch nicht mehr, oder?

Es gibt noch einen Grund, warum ich mich momentan mit meinem Hüftgold abfinde. Ich mag die langen Strickjacken, die so hübsch meine Figur umschmeicheln. Und ich habe festgestellt, dass es eigentlich völlig egal ist, ob im Pulli nun „44“ oder „42“ steht. Mein Sohn sagte gerade: „Du bist so schön kuschelig, Mami“. Schönheit liegt eben in den Augen des Betrachters.

Im Frühjahr kann ich mir ja dann noch mal zu Herzen nehmen, dass die Wissenschaftler auch herausfanden: Jede dritte Übergewichtige schafft es mit Motivation und Konsequenz zurück zum Normalgewicht. Das Risiko für Bluthochdruck, Herzinfarkt und Zuckerkrankheit nimmt dann wieder deutlich ab. Aber jetzt herrscht nun einmal Frieden. Und außerdem kommt die Plätzchen-Backsaison. In diesem Jahr werde ich sie wieder ausgiebig genießen. Und meine „Ur-Gene“ füttern…

Quelle: A. Gutersohn, C. Naber, N. Müller, R. Erbel, and W. Siffert. G protein beta3 subunit 825 TT genotype and post-pregnancy weight retention. Lancet 355 (9211):1240 – 1241

Zitate: Deutsches Grünes Kreuz für Gesundheit (www.dgk.de)

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