Gefährliche Busfahrten

Immer wieder liest man Meldungen über verunglückte Kinder bei Busunfällen. Keine Wunder, denn während im Auto oder im Flugzeug strikte Sicherheitsvorschriften gelten, gibt es in Deutschland bei Bussen keine wirkliche Anschnallpflicht. Ein Skandal auf Kosten der Sicherheit der Kinder?

Wenn Kinder unter 1,50m im Auto mitfahren, brauchen sie immer einen Kindersitz, so schreibt es der deutsche Gesetzgeber vor. Halten sich Eltern nicht daran, auch nur bei einer kurzen Strecke, müssen Sie ein Verwarngeld zahlen und erhalten einen Punkt in Flensburg.

Aufprall ohne Kindersitz entspricht einem Sturz aus dem 3. Stock auf Beton

Einerseits nerven solche Vorschriften, denn als wir Kinder waren, wurde einfach ein ganzer Kindertrupp hinten eingeladen und schwupps ging es zum Badesee.

Heute undenkbar. Aber bedenkt man, wie gefährlich fahren ohne Kindersitz ist, so macht das Verbot Sinn. Die Arbeitsgemeinschaft Kinder weist ausdrücklich darauf hin, dass bei Fahren ohne Sitz ein Aufprall von 50 km/h mit einem Sturz aus dem 3. Stock auf Beton zu vergleichen ist. Und das kann tödlich enden.

Wir Eltern haben uns arrangiert, haben meist eine Sitzerhöhung für Freunde der Kinder im Auto und sprechen eben ab, wie der Badesee gemeinsam sicher zu erreichen ist.

Der hohe Sicherheitsstandard gilt nicht im Bus

Doch sobald ein Kind nicht in einem Auto, sondern in einem Bus mitfährt, scheint der Gesetzgeber plötzlich wenig Wert auf Sicherheit zu legen.

In Bussen des öffentlichen Nahverkehrs haben Mütter und Babys manchmal Pech. Wenn Sie nicht wegen einer stinkenden Windel rausgeworfen werden, so stehen sie meist ziemlich unsicher im Gang. Bremst der Fahrer, so droht das ein oder andere Kind aus dem Kinderwagen zu fallen.

Auch wenn die Kinder sitzen können, wird es nicht wirklich besser. Keine Spur von Gurten, es gibt ja nicht einmal Absicherungen an den Seiten! Mütter halten ihre Kinder meist fest, aber Unfälle passieren gar nicht so selten. Der Mangel an Gurten ist nicht nur im Stadtverkehr offensichtlich. Auch Überlandbusse, die über 80 km/h fahren, weisen in Deutschland keinerlei spezielle Absicherung für Kinder vor.

Wenn die Kinder dann älter sind, nimmt die Gefahr sogar zu: Denn auch in Schulbussen gibt es keine Sicherheitsgurte oder ähnliches. Wie kann das sein?

Gurte sind nur in neuen Bussen vorgeschrieben

Tatsächlich ist per Gesetz vorgeschrieben, dass bei neu zugelassenen Kraftomnibussen bis 3,5 t ( also den Kleinen mit bis 9 Sitzplätzen) ab 01.10.2001 Dreipunkt-Sicherheitsgurte installiert sein müssen. In diesen Fahrzeugen müssen Kinder dann mit geeigneten Kindersitzen gesichert werden.

Bei Omnibussen über 3,5 t (mehr als 9 Sitzplätze) müssen seit dem 01.10.1999 Zweipunkt-Gurte verbaut werden. Busse im Linienverkehr mit Stehplätzen sind von dieser Regel ausgenommen. Busse, die vor 1999, bzw. 2001, zugelassen wurden sind, müssen nicht nachgerüstet werden. Dies sei auf Grund von technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht möglich, so die Erklärung. Generell gilt: sind Gurte im Bus vorhanden, so müssen diese von den Insassen auch benutzt werden.

Eine Vorschrift zur Kindersicherung mit Kindersitzen gibt es in großen Omnibussen bis heute tatsächlich nicht. Die Begründung liefert der ADAC: Nur wenige Kindersitz-Systeme können mit einem Bus-Beckengurt befestigt werden können.

Und so können Kinder ohne Gurt, teilweise im Stehen, in Bussen gefahren werden. Der Schulweg kann dann wirklich zum Risiko werden. Und Mütter müssen weiterhin um ihre Kinder beim Bus fahren bangen.

Warum ist es in anderen Ländern möglich, dass Kinder sicher fahren?

Ehrlich gesagt, glaube ich, dass dies alles vorgeschobene Argumente einer kräftigen Lobby sind. In vielen Zügen gibt es Gurte für Fahrräder und Kinderwagen – und in Schweden sind mit solchen Gurten auch Linienbusse ausgestattet. Dort, und in allen skandinavischen Ländern herrscht eine Anschnallpflicht für alle Fahrzeuge. Überlandbusse haben dann praktischerweise sechs bis acht Sitzerhöhungen an Bord. Linienbusse sind generell mit Beckengurten ausgestattet und Schulbusse fahren erst dann los, wenn alle Kinder sicher sitzen.

Aber so etwas scheint hier nicht zu funktionieren. Aus technischen Gründen? Das kann ich nicht glauben. Es wäre teuer, wenn alle Busse umgerüstet werden müssten. Aber wäre das die Gesundheit von Kindern nicht wert?

Bild: © Joshhh – Fotolia.com

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