Titus – Notkaiserschnitt mit Vollnarkose

Titus hatte es eilig. Schon im Bauch war er ein großes und schweres Kind, und ab dem 7. Monat sah es so aus, als könnte er sich jederzeit auf den Weg ins Leben machen: ich konnte seinen Kopf mit einem Finger ertasten und hatte manchmal den Eindruck, er würde bald aus der Gebärmutter rutschen. Er hing echt tief.
Knapp 3 Wochen vor dem Entbindungstermin platzte mir eines Abends beim Gang auf die Toilette die Fruchtblase. Es lief ein richtiger Schwall warmes, klares Wasser aus mir heraus (zum Glück auf die Fliesen, dachte ich noch), und ich packte zuerst meine Siebensachen und rief dann den Krankenwagen an. Mein Mann musste nämlich bei unserer großen Tochter bleiben, die schlief – es ging auf Mitternacht zu.
Wehen hatte ich noch keine, und so fuhr ich ganz entspannt die 5 Minuten zur Klinik im Krankenwagen, den ich geholt hatte, weil ich wusste dass das bei einem kompletten Blasensprung besser ist. Die diensthabende Hebamme untersuchte mich kurz, sagte, dass der Gebärmutterhals schon weich und ein bisschen geöffnet sei, und versah mich mit einem Wehenschreiber. Ich hatte gehört, dass es manchmal noch sehr lange dauern kann, bis die Wehen einsetzen, und dachte, ich würde die Nacht im Krankenhaus verbringen, bis dann am nächsten Tag die Geburt eingeleitet werden würde.
Von wegen, Banane – nach 30 Minuten hatte ich so heftige Wehen, dass ich in den Kreißsaal verlegt wurde. Meinen Mann holte ich per Handy aus dem Bett (wobei mir gar nicht wohl war, denn nun war meine große Tochter alleine zuhause!), denn ich ahnte, dass das Kind bald da sein würde. Um 1 Uhr nachts war mein Mann endlich an meiner Seite, aber die Schmerzen waren so stark, dass mir seine Anwesenheit überhaupt nichts half. Die Hebamme sagte, ich solle atmen und mich entspannen, was mich echt geärgert hat. Ich hatte Höllenschmerzen, so gut wie keine Wehenpausen, und soll mich entspannen?!
Und dann blieben plötzlich die Herztöne meines Babys weg. Kurz vorher, gegen 2 Uhr früh, gerade noch rechtzeitig, war eine Ärztin geweckt worden. Alle wurden sehr nervös, mir war das völlig wurscht, ich wünschte mir nur, dass die Schmerzen endlich aufhören. Selbst sterben wäre mir lieber gewesen, als weiter so zu leiden.
Also war ich froh, als ich vom Schmerz umnebelt die  Wörter „Notkaiserschnitt“ und „schnell“ hörte. Auf einmal tauchten viele Ärzte und Schwestern auf, ich wurde in den OP-Raum gerollt und bekam eine Maske auf die Nase gesetzt. „Das ist nur Sauerstoff“, schwindelte man mir vor (ich glaubte kein Wort, sog gierig das Narkosemittel ein), und wenige Sekunden später war ich weg.
Als ich um etwa 4 Uhr früh zu mir kam, war mir speiübel. Mein Mann hielt meine Hand, ich musste mich übergeben (noch mehrfach im Lauf der nächsten Stunde), und ich fragte etwas bang, ob das Kind lebt. Ja, das tat es. Ein Glück, aber es war wirklich knapp gewesen. Titus war reanimiert worden, lag nun auf der Neugeborenen-Intensivstation mit Schläuchen und Apparaten. Mein Mann zeigte mir ein Bild, das er mit seinem Handy gemacht hatte, und ich war so erschöpft, dass ich bis in den Vormittag schlief.
Am Abend nach der Geburtsnacht wurde ich dann zu Titus in die Neonatologie gerollt. Vom Rollstuhl aus streichelte ich vorsichtig durch die kleinen Löcher im Brutkasten seine winzigen Hände. Er schlief und atmete gleichmäßig. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Wir haben einen Riesendusel gehabt!

Foto: © Juan Herrerafür istockphoto.com
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