In unserer Sprache gibt es ein Wort, das sich kaum übersetzen lässt: Kinderlärm. Wieso sind die natürlichen Geräusche, die Kinder nun einmal machen, Lärm? Lärm ist etwas Schlimmes, tut weh – und lässt sich abstellen. Kindergeräusche sind Lachen, Toben, Reden und natürlich auch mal Poltern. Und es ist eben nicht möglich, den Geräuschpegel gänzlich ausschalten.
ln letzter Zeit häufen sich Klagen gegen Kinderlärm. In Hamburg musste eine Kindertagesstätte umziehen, ähnlich auch in Berlin. Nachbarn hatten wegen der Lärmbelästigung geklagt – und gewonnen. Der Frankfurter Kindergarten „Krabbelstube“ musste nach Beschwerden von Anwohnern das Fahren von Bobbycars einschränken und in München wünschten sich die Nachbarn, dass die Kinder einer Krippe nicht mehr auf dem Hof der Einrichtung spielten. Allerdings gaben die Richter hier den Kleinen Recht.
Rechtsexperten rechnen wegen der geplanten neuen 750.000 Krippen- und Tagespflegeplätze, die die große Koalition bis 2013 schaffen will, mit einer wachsenden Zahl solcher Klagen. „Die Empfindlichkeit derjenigen, die keine Kinder haben, wächst“, so ein Sprecher des Münchner Verwaltungsgerichts in der Berliner Morgenpost.
Gegen eine mögliche Klagewelle wollen jetzt die Berliner SPD und auch die CSU mit einem Gesetzentwurf angehen. Laut Experten wird sich dies wohl eher nicht durchsetzten. Ein solches Gesetz enstpricht auch nicht einer allgemeinen Grundstimmung. Die Berliner Morgenpost befragte ihre Leser: Fast 50 Prozent von über 500 Lesern antworteten, dass weiter gegen Kinderlärm geklagt werden dürfe, denn „Jeder Mensch hat ein Recht auf Ruhe.“
Hier zeigt sich die Ursache der vielen Klagen: Familienfeindlichkeit. In Deutschland gibt es immer weniger Kinder. Die große Mehrzahl der Bevölkerung lebt in einem Haushalt ohne Kinder. Und die Überalterung der Gesellschaft kombiniert mit einem Rückgang der Geburtenrate sorgt dafür, dass Familien mit Nachwuchs bald etwas Exotisches sind.
Eines ist klar: Die Notwendigkeit, Familienfeindichkeit per Gesetz regeln zu wollen, zeigt, dass in unserer Gesellschaft Kinder als Belastung wahrgenommen werden. Sie stören, sind laut und machen Unordnung. Teuer ist ihre Erziehung auch noch. Dabei sind Kinder unsere Zukunft und das wichtigste Kapital. Familienfreundlichkeit beginnt im Kopf. Das wünschen sich alle Eltern von Nachbarn, Vermietern, Mitwartenden in Supermarktschlangen und den anderen, die über unsere Sprösslinge schimpfen.
Was meinen Sie? Sollen solche Klagen gegen Kinderlärm per Gesetz verboten werden? Haben Sie selbst schon Familienfeindlichkeit erlebt?