Bei der ersten Geburt war Nicole vorsichtig. Jedes Ziehen, jedes komische Gefühl in der unteren Körperregion wurde von dem Gedanken begleitet: ‚Ist das jetzt die Geburt? Geht es los?‘ Als ihre Tochter sich auch zehn Tage nach dem Geburtstermin nicht blicken ließ, musste sie ins Krankenhaus. Die Geburt wurde eingeleitet – und dann ging alles gleichzeitig so schnell und dauerte doch ewig. Wann die Fruchtblase geplatzt war? Das hatte Nicole nicht mitbekommen, dazu waren die eingeleiteten Wehen zu heftig.
Als sie ihre zweite Tochter erwartete, wollte Nicole die Geburt viel bewusster miterleben. Ohne Einleitung und Wehentropf, das stand für sie fest. Als sie drei Tage vor dem Stichtag ein heftiges Ziehen bemerkte, da war sie sich sicher: erste Wehen. Aber nur Übungswehen. Sie setzte sich ins Auto, holte die zukünftige große Schwester aus dem Kindergarten ab und stellte sich auf einen netten Nachmittag mit der ehemaligen Krabbelgruppe ein. Doch als sie gerade zu Hause angekommen war, kam alles anders.
Nachdem Nicole den ganzen Tag zu Hause geputzt hatte, einkaufen und unterwegs war, hatte sie endlich einen kleinen ruhigen Moment. Jana spielte im Kinderzimmer mit Lego. Und Nicole setzte sich auf ihren Lieblingsstuhl und entspannte sich. Augen zu. Die Hand auf dem Bauch. Plötzlich merkte sie, wie ein Schwall Flüssigkeit ihre Beine hinunter lief. Sie hatte nicht das Gefühl, dass es Urin war, es roch merkwürdig süßlich. Die Fruchtblase! Kein Zweifel! Nicole erinnerte sich daran, dass die Hebamme gewarnt hatte. Nicht mehr Auto fahren, wenn die Fruchtblase platzt. Was jetzt tun? Ihre vierjährige Tochter sollte ja nicht die Geburtshelferin werden!
Nicole tat das einzig richtige: Sie rief sofort den Notruf an und wurde umgehend mit einem Krankenwagen in die Klinik gebracht. Ihr Mann und ihre Mutter kamen hinterher – so war Nicole bei der schnellen Geburt ihrer zweiten Tochter nicht allein und Jana wurde von Oma betreut, bis das Schwesterchen geboren war.
Ist das ein Blasensprung?
Viele Schwangere sind irritiert. Woran erkennt man einen Blasensprung? Am Ende der Schwangerschaft drückt das Kind gelegentlich auf die Blase der Mutter, sodass ein paar Tropfen Urin im Slip landen. Manche Frauen haben auch sehr starken Ausfluss. Wer unsicher ist, sollte auf jeden Fall ins Krankenhaus oder zum Arzt gehen, um alles abklären zu lassen.
Das Fruchtwasser kann schwallweise oder auch tröpfchenweise abgehen. Wenn die Eihaut nur wenig eingerissen ist, führt dies dazu, dass das Fruchtwasser in Tropfen abgeht. Manchmal liegt auch der Kopf des Babys schon so tief im Becken, dass es abdichtet und das Fruchtwasser kaum vorbeilaufen kann.
Geht tatsächlich schwallartig eine grössere Menge warmer Flüssigkeit ab, ist es wichtig, dass Schwangere sich sofort hinlegen und das Becken hochlagern. Ein Krankenwagen sollte sofort gerufen werden, da der Transport in die Geburtsklinik möglichst im Liegen vonstatten gehen sollte.Ist die Blase gesprungen, so wird damit auf jeden Fall der Beginn der Geburt – auch wenn bis dahin noch keine Wehentätigkeit vorhanden war. Generell wird unterschieden zwischen:
- Vorzeitigem Blasensprung: Schon vor dem Beginn von Wehen platzt die Fruchtblase
- Frühzeitigem Blasensprung: Während der Eröffnungsphase springt die Fruchtblase
- Rechtzeitigem Blasensprung: Das Fruchtwasser geht ab, wenn der Muttermund vollständig geöffnet ist
Tritt ein vorzeitiger Blasensprung vor der 34. Schwangerschaftswoche ein, so wird versucht, die Geburt mit Gabe von Wehenhemmern und durch strenge Bettruhe so lang wie möglich hinaus zu zögern. Ist das Kind geburtsreif, wird das Abgehen des Fruchtwassers meist als Beginn der Geburt gesehen und eventuell wird die Geburt eingeleitetet, wenn die Wehen zu lange auf sich warten lassen.
Tut ein Blasensprung weh?
Die Fruchtblase hat keinerlei Nerven, daher ist das Platzen der Blase nicht mit Schmerzen verbunden. Einige Frauen berichten, dass sie einen innerlichen Knall bemerkt haben, andere nehmen vor allem einen heftigen warmen Flüssigkeitsschwall wahr. Viele Frauen bemerken gar nicht, dass die Fruchtblase platzt – bei einem rechtzeitigen Blasensprung überwiegen die Schmerzen der Wehen und das Fruchtwasser wird für Urin gehalten.
Ist ein Blasensprung für das Baby gefährlich?
Wenn ein Blasensprung sehr vorzeitig auftritt und die Geburt lange verzögert wird, können vermehrt Infektionen auftreten – bei der Mutter und bei dem Baby. Daher werden regelmäßig die Entzündungswerte im Blut der werdenden Mutter kontrolliert und eventuell Antibiotika gegeben. Dies gilt nur für das Platzen der Fruchtblase deutlich vor dem Geburtstermin.
Um die Gefahr von Infektionen möglichst gering zu halten, wird bei geburtsreifen Kindern daher die Geburt spätestens 48 Stunden nach dem Platzen der Fruchtblase eingeleitet.
Die Schwangere sollte auch deswegen liegend in die Klinik transportiert werden, da es sein kann, dass der kindliche Kopf noch nicht in das mütterliche Becken gerutscht ist. Nach dem Platzen der Fruchtblase könnte es in so einem Falle passieren, dass die Nabelschnur vor den Kopf des Kindes gerät und eingeklemmt wird, wenn das Köpfchen in das Becken rutscht.
Viele Frauen nehmen den Blasensprung nicht wahr – sie freuen sich auf ihr Baby
Bei etwas 20 bis 25 Prozent aller Schwangeren beginnt die Geburt mit dem Platzen der Fruchtblase. Meist kommen die Wehen nach einigen Minuten bis Stunden von selbst. Einen rechtzeitigen Blasensprung nehmen viele Frauen unter der Geburt gar nicht mehr wahr – denn ob die Blase nun platzt oder nicht, das wichtigste ist, dass sie ihr Baby bald im Arm halten werden.