Schwerer Start ins Leben

Runde Pausbäcken, knubblige Beine und Speckröllchen – runde Babys gelten als niedlich. Aber die Experten schlagen Alarm, denn in Deutschland haben immer mehr Neugeborene Übergewicht. Welche Gesundheits-gefahren drohen und wie können Eltern sie verhindern?

Auf der Geburtsstation war Max eindeutig der König. „Alle waren begeistert von meinem strammen Kerlchen,“ sagt Simone Heppner (35). Mit seinem kleinen Doppelkinn, den knubbligen Beinchen und dem Kugelbäuchlein war er ein richtiger Wonneproppen. Gesund und prall. Kein Baby, bei dem man Angst haben muss, wenn es mal einen Tag lang wenig zu sich nimmt oder spucken muss.“ Der Kinderarzt allerdings sah das anders. Er erklärte, dass Max mit seinem Geburtsgewicht von stolzen 4800 Gramm übergewichtig sei.

 
Max ist nicht allein. Experten warnen: Deutschlands Babys werden immer schwerer, viele leiden schon bei der Geburt an Übergewicht. Doch Eltern nehmen das Problem oft gar nicht wahr. Das Geburtsgewicht des deutschen Nachwuchses steigt pro Jahrzehnt um gut 20 bis 70 Gramm. Im aktuellen Ernährungsbericht erklärt die deutsche Gesellschaft für Ernährung, dass dieses Phänomen kaum genetische Gründe haben kann. In britischen Studien wurde das Geburts-gewicht von Neugeborenen und das Essverhalten der Mütter in der Schwangerschaft untersucht – auch Leihmütter waren dabei. Ergebnis: Hauptursache für übergewichte Säuglinge ist eine Fehlernährung der Mütter während der Schwangerschaft.
 
immer mehr übergewichtige Babies
Immer mehr Neugeborene sind zu dick! (© panthermedia.net James Martin)
Nimmt die Mutter zuviel zu oder ernährt sich falsch, erhalten die Kinder schon im Mutterleib zu viel Zucker, produzieren so zu viel Insulin und legen unnötige Fettreserven an. Ein schwerer Start ins Leben: „Sie sind quasi auf ein Zuviel an Insulin programmiert. Dadurch werden sie ihr Leben lang die Neigung haben, mehr zu essen“, erklärt die Frauenärztin Dr. Elke Rodekamp vom Berliner Charité-Klinikum. Für die Kinder sind so auch gesundheitliche Probleme wie ein erhöhtes Übergewichtsrisiko und stärkere Anfälligkeit für Diabetes und Herz-Kreislauf-Krankheiten vorprogrammiert.
 
Dass die Babys immer kräftiger werden, führt auch zu immer mehr Komplikationen bei der Geburt. Die Körper der Mütter haben sich nicht entsprechend mitentwickelt , ab etwa 4500 Gramm werden natürliche Geburten seltener. Mediziner definieren hier auch die Grenze zum Übergewicht von Neugeborenen.
 
Ingesamt waren in Deutschland im letzten Jahr 31 von 1000 Neugeborenen übergewichtig, vor vier Jahren waren es noch 17 von 1000 gewesen. Besonders alamierend: Laut Ernährungsbericht werden die Säuglinge in den neuen Bundesländern sogar um 151 Gramm pro Jahrzehnt schwerer – ein weltweit einmaliger Wert. Den Grund dafür vermuten die Experten in der rasanten Veränderung der Lebensweisen nach der Wende.
 
Laut Gesellschaft für Ernährung sind in Deutschand etwa ein Drittel der Frauen im gebärfähigen Alter übergewichtig. Mütter, die zuviel Gewicht haben, bringen doppelt so oft übergewichtige Kinder auf die Welt. Zudem nimmt das Gesundheitsriskiko, etwa durch eine Schwangerschaftsdiabetes, rasant zu.
 
Dagegen hilft nur eine einfache Regel: „Während der Schwangerschaft keinesfalls für zwei essen, aber für zwei denken“, sagt Dr. Elke Rodekamp. Eine zusätzliche Aufnahme gut 300 Kilokalorien pro Tag sei für werdende Mütter ausreichend: „Das entspricht einem Joghurt mit etwas Obst.“
 
Doch wie kann kräftigen Kindern wie Max geholfen werden? Auch hier gibt es eine neue Untersuchung aus Berlin. Die gute Nachricht: Stillen hilft gegen Übergewicht bei Neugeborenen. Besonders gut ist es, die Kinder möglichst lange zu stillen. Pro Monat Stillen verringert sich die Übergewichtsgefahr der Kinder um immerhin vier Prozent. Netter Nebeneffekt: Je länger gestillt wird, desto mehr überschüssiges Fettgewebe wird auch bei der Mutter abgebaut.