Bonding im Krankenhaus

Klasse für die allererste Lebensphase: das „babyfreundliche Krankenhaus“. In Deutschland arbeiten 45 Kliniken nach diesem Konzept. Was ist das besondere daran? Und wo finde ich in meiner Umgebung so eine Klinik?
Die allerersten Momente im Leben sind etwas ganz besonderes. Neben praktischen Überlegungen („Wie weit ist es bis zur Klinik?“) spielt die Atmophäre auf einer Geburtsstation bei der Klinikwahl eine immer größere Rolle.
„Meiner Mutter hat mir erzählt, wie schrecklich sie den gekachelten sterilen Kreißsaal fand. Und wie schlimm es für sie war, dass ich als Neugeborene sofort auf die Säuglingsstation gebracht wurde und sie mich kaum sehen konnte, so wollte ich es nicht haben,“ berichtet Heike Lüning (36) aus Hamburg. „Als ich dann schwanger war und mich umgehört habe, hat mir eine Freundin das Amalie-Sieveking Krankenhaus empfohlen.“
Das kleine Krankenhaus am Hamburger Stadtrand erfüllte als erstes deutsches Krankenhaus die Ansprüche der Initiative „Babyfreundliches Krankenhaus.“ Die Weltgesundheitsorganisation WHO und Unicef starteten 1991 dieses Projekt, das sich zum Ziel gesetzt hat, die erste Lebensphase eines Neugeborenen besonders zu schützen. Die hohen Auflagen des besonderen Betreuungskonzepts erfüllen heute weltweit rund 20.000 Geburtskliniken. In Deutschland sind bisher 45 Geburtsstationen als „babyfreundlich“ anerkannt.
Das besondere ist, dass im Zentrum des Betreuungskonzeptes die Bindung von Eltern und Kind steht. Eine engmaschige Vor- und Nachsorge, angemessene Räumlichkeiten und ausgebildete Stillberaterinnen gehören daher zu den wichtigsten Kriterien. Heike Lüning hat ihre Tochter im letzten Jahr daher bewusst in dem babyfreundlichen Krankenhaus entbunden. „Es hat mir gleich gefallen, das alles so familär und persönlich hier war. Es gibt sogar ein extra Familienzimmer, so konnte auch mein Mann diese intensive Zeit mit in der Klinik verbringen.“
Die Geburt beschreibt Heike als entspannt: „Die Hebamme war ruhig und freundlich, alles war einfach nett eingerichtet, wir durften unsere eigene Musik hören, es sorgte sich auch jemand um den Papa und brachte ihm Kaffee. Aber das beste war, dass wir drei als frischgebackene Familie noch im Kreißsaal kuscheln durften. Man half mir die Kleine anzulegen, dann wurden wir fast eine Stunde lang allein gelassen und es war nur ein kleines sanftes Licht an. So hatten wir Zeit uns auszuruhen und kennenzulernen.“
Als Heike in ihre Zimmer gebracht wurde, hatte sie gleich das Baby dabei. Beim so genannten 24 Stunden Rooming-In bleiben die Säuglinge bei der Mutter. „Ich habe Mia nur ins Säuglingszimmer gebracht, wenn ich duschen wollte,“ sagt Heike. Für sie war die innige Nähe, das Bonding, besonders wichtig. „Schön war auch, dass die Väter einfach dazugehörten, sie durften mit zum Frühstücksbuffet und auch wenn sie nicht im Familienzimmer untergebracht waren, jederzeit zu Besuch kommen.“ Zum Konzept des „Babyfreundlichen Krankenhauses“ gehört auch eine intensive Stillberatung. „Das ruhige Stillzimmer und die professionelle Unterstützung waren super,“ so die Hamburgerin.
Familiäres Ambiente, möglichst wenig „Klinikroutine“, Angebote von Alternativmedizin und die Einbeziehung beider Eltern sind für das Konzept besonders wichtig. Mit Erfolg. Dadurch, dass die Nähe von Eltern und Kind von Anfang an gefördert wird, gewinnen Mutter und Vater Sicherheit im Umgang mit dem Kind und lernen, seine Signale zu verstehen und feinfühlig darauf zu reagieren. Und das Kind fühlt sich von Anfang geborgen und willkommen.
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Foto: © Michel de Nijs für istockphoto.com