Axel – mit Wehentropfen

Ich bin 2 Tage vor ET. Mein Bauch sagte bereits, dass mein Sohn diese Woche kommt. Ich habe Wehen im Abstand von 3-5 Minuten!

Donnerstag, 11.09.2008
16:30 Uhr Wir haben Sex.
17:30 Uhr Eine Wehe!? Menstruationsartiges Ziehen im Unterleib. Nur vorne, es strahlt nicht in Rücken oder Beine aus. Wehen tun im Steiß weh, hat meine Hebamme gesagt. Naja, aber zumindest hab ich mal so was wie Wehen?
17:35 Uhr Eine weitere Wehe. Holla!
17:40 Uhr Ich wehe erneut. Ich schöpfe Hoffnung.
17:45 Uhr Ich bin 2 Tage vor ET. Mein Bauch sagte bereits, dass mein Sohn diese Woche kommt. Ich habe Wehen im Abstand von 3–5 Minuten! Die Intensität ist gering. Was ist das?
„Geschlechtsverkehr bzw. das im Sperma vorhandene Hormon Prostaglandin kann wehenauslösend wirken, wenn der Körper der Schwangeren und das Baby bereit dazu sind.“ O-Ton Hebamme: Die Schwangerschaft ist ein Stoßgeschäft von Anfang bis Ende. Es ist im Übrigen dasselbe Hormon, das ich zum morgigen Wehenbelastungstest oral verabreicht bekommen soll.
20:00 Uhr Seit 2 1/2 Stunden geht das nun so. Gleicher Wehenabstand, gleiche (geringe) Intensität. Ich genieße es und habe Angst, dass es wieder aufhört. Ich bin furchtbar aufgeregt und nervös. Freudig erregt.

Sollte die Geburt tatsächlich in Gang gekommen sein? Heute Vormittag bei der VU beim Frauenarzt war das CTG völlig unauffällig, keine einzige Wehe. Die Wanne würde mir eine Antwort geben — hören die Wehen auf, war es falscher Alarm. Bleiben sie, geht es los. Ich traue mich aber nicht, will nicht, dass es aufhört. Noch nicht, bitte.<

20:15 Uhr Tatort im Fernsehen. Ich denke, ich sehe ihn mir an, um mich abzulenken. Aber ich habe keinen Nerv dazu, bin einfach nur unruhig und angespannt. Ich gehe in die Wanne, sitze in der Wanne, ohne Duschschaum. Nur ein paar ätherische Öle.

Ich warte auf die nächste Wehe und werde nicht enttäuscht — die Wehen bleiben! Echte Wehen! So langsam glaube ich daran. G E B U R T! 9 Monate habe ich darauf gewartet, der Moment ist gekommen, ich freue mich wahnsinnig. Zur Orientierung lese ich mir nochmals die Infoblätter durch, ab wann man in die Klinik fahren soll. Die Wehenabstände sind bei mir bereits seit Beginn alarmierend:- an Stärke haben die Wehen zugelegt, aber sie sind noch erträglich. Eins will ich vermeiden — zu früh ins Krankenhaus fahren und wieder heimgeschickt werden. Wie eine typisch Erstgebärende. Diese Blöße will ich mir nicht geben.

Ich gehe schlafen (auf das Sofa, im Wasserbett schlafe ich seit Wochen nicht mehr, es gefällt meinem Kind nicht). Die Wehen werden immer stärker und beginne die Wehen zu veratmen. Ich komme mir anfangs etwas blöd dabei vor. Ich kann nicht mehr liegen, der Schmerz wird zu stark. Ich setze mich aufrecht ins Sofaeck. Irgendwie geht das auch nicht und ich werde unsicher. Sicher habe ich Wehen, aber sind sie muttermundwirksam? Wie verkraftet mein Kind die Wehen? Ich rede mit meinem Mann, der bisher recht unbeteiligt wirkt und scheinbar nicht so recht an den Geburtsbeginn glaubt. Die nächste Wehe veratme ich vornüber gebeugt an der Waschmaschine und er nimmt mir die Entscheidung ab, ob ich schon bereit bin für die Klinik. Wir fahren. Ich bin nicht überzeugt, möchte es aber irgendwie auch. Seiner Nachtruhe beraubt bemerkt er noch schnippisch „Scheiße, zu früh gepoppt“. Das war am Freitag, dem 12. September 2008 um 00:15 Uhr.

00:45 Uhr Wir sind im Krankenhaus angekommen. Ich werde direkt ans CTG gehängt. Wehen werden im Abstand von 2 — 5 Minuten aufgezeichnet. Ich finde die Wehen liegend schwer erträglich und bin teilweise ziemlich genervt. Eine halbe Stunde, hieß es. Die ist rum, macht mich bitte ab!

Nach einer guten Dreiviertelstunde werde ich endlich erlöst. Wir haben festgestellt, dass bei stärkeren Wehen die Peaks der Wehen geringer sind???!! Ich verstehe das nicht und befürchte plötzlich, dass ich von echten Wehen noch weit entfernt bin. Ich frage die Hebamme nach der `Qualität` meiner Wehen, aber es heißt, das CTG sei nicht aussagekräftig. Es folgt die vaginale Untersuchung: Gebärmutterhals verstrichen, Muttermund 1–2 cm geöffnet und weich.

Ich bin enttäuscht, hatte auf 3–4 cm gehofft. Aber immerhin echte Wehen. Kein falscher Alarm — unser Sohn ist auf dem Weg! Ich bin also eine typisch Erstgebärende, viel zu früh im Krankenhaus. So langsam schwant mir, was da wohl noch auf mich zukommt. Ich hatte starke Wehen, Schmerzen. Aber es sollte wohl noch schlimmer kommen…

Die Hebamme möchte mich auf Station schicken, ich soll auf jeden Fall noch etwas schlafen, um Kraft zu tanken. Eine müde Gebärmutter produziere auch weniger kräftige Wehen. Ich würde gerne spazieren gehen. Ich konnte schon zuhause nicht schlafen — wie soll ich es dann auf Station? In einem Krankenhaus! In einem fremden Zimmer mit einer fremden Bettnachbarin, die ganz sicher schlafen möchte. Wie soll das denn überhaupt gehen bei den kurzen Wehenpausen?

Ich lehne meinen Hintern an einen Schrank und krümme mich ein wenig. Scheiße, ich habe Schmerzen, und es hat noch nicht mal richtig angefangen! Ungläubig und respektvoll jagt ein Gedanke den anderen. Wir treten den Rückzug an, die Ärztin hat grünes Licht gegeben, dass ich mich zuhause ausruhen kann.

Ich könne aber jederzeit wiederkommen, auch bereits am Ausgang wieder umdrehen. Spätestens in ein paar Stunden zu meinem Termin für den Wehenbelastungstest (weil unser Kind so zierlich ist und man eine Unterversorgung ausschließen wollte, wurden wir engmaschig kontrolliert) solle ich wieder da sein. Nicht zu diesem Test (den absolviere ich gerade im Moment), sondern um evtl. eine Doppleruntersuchung o.ä. durchführen zu lassen. Wenn ich doch schon den Termin habe … Das beruhigt mich, weil ich mich dadurch zeitnah wieder in ärztlicher Obhut wäge und dadurch auch die Muttermundöffnung kontrolliert werden wird (ohne erneut eine Schlappe wegen zu frühem Alarm einstecken zu müssen).

02:30 Uhr Wir sind wieder daheim. Ich verkrieche mich in mein Sofaeck. Mein Mann macht mir gedämpftes Licht, bevor er selbst im Bett verschwindet. Ich wehe, veratme und starre auf die Uhr. Der Zeiger bewegt sich nicht. Ich habe Schmerzen, trotzdem gelingt es mir, in den Wehenpausen zur Ruhe zu kommen. Wieder 10 Minuten geschafft. Ich setze mir immer wieder neue Zeitziele, die ich erreichen will. Jede Viertelstunde ist ein großer Erfolg für mich. Ich rechne ständig nach, wie lange mein Mann schon schläft. Ich würde ihm gerne 4 Stunden Schlaf gönnen, aber das ist momentan noch eine utopisch lange Zeit. Wie lange muss ich noch aushalten zu meinem Termin im Krankenhaus? Die nächste Wehe, wieder der Blick zur Uhr.

05:00 Uhr Ich muss mich übergeben. Es geht mir kurz besser. Aber nicht wirklich. Ich sehe zur Uhr.
05:30 Uhr Ich übergebe mich erneut. Die Wehen tun schrecklich weh, ich kann sie nicht mehr richtig veratmen. Ich habe nun das starke Bedürfnis, ins Krankenhaus zu fahren und wecke meinen Mann. Dann beuge ich mich über das Bett und habe (nur dieses eine Mal) keine Lust mehr, möchte aufhören.

06:30 Uhr Wir sind wieder beim Krankenhaus, ich übergebe mich auf dem Parkplatz. Im Kreißsaal war gerade der Schichtwechsel erfolgt, aber man erwartete mich trotzdem schon, war entsprechend informiert. Wieder kam ich ans CTG, ich musste erneut liegend die Wehen ertragen. Anfangs ging es noch, dann richtete ich mich auf, konnte nicht mehr liegen.

Ich übergab mich ein weiteres Mal. Der Sensor für die Herztöne unseres Kindes fiel aus dem Gurt, es war mir so was von egal. Ich konnte nicht liegen, aber niemand kam, um mich vom CTG zu befreien. Ich hing bereits fast eine halbe Stunde daran und mein CTG wurde auf den Monitor am Empfang übertragen. Merkte denn keiner, dass es die Herztöne nicht mehr aufzeichnete?

Gefühlte Ewigkeiten später drückte ich den Sensor dann doch wieder an meinen Bauch, um zu sehen, wie es Sohnemann ging. Es ging ihm gut. Da kam dann endlich auch die Hebamme wieder. Die folgende vaginale Untersuchung ließ mich aufatmen — der Muttermund war bereits 6-7 cm geöffnet! 6cm unter den Wehen, 7cm in den Pausen. Ich hätte gut gearbeitet. Ich war unendlich froh, mehr Wehenschmerz traute ich mir auch nicht zu. Ich dachte, bald würde ich nur noch pressen müssen und dann sei es vorbei. *schmunzel*

Mit diesem Befund ist der Kreißsaal nun reserviert. Ich darf meinen Rucksack stehen lassen und noch ein wenig über die Gänge kriechen. Mir wird noch Blut abgenommen und eine Braunüle in die Hand gelegt. Dann gehen wir nach draußen. Ich hänge während der Wehen vornüber gebeugt an den Schultern meines Mannes, an den Wänden, Fensterbänken oder Handläufen. Ich soll mit den Fußsohlen auf dem Boden bleiben, breitbeinig. Daran denke ich aber nicht, die Schmerzen sind heftiger, vernebeln jegliche Gedanken und das Gelernte. Mein Mann korrigiert mich ständig, ab und zu konzentriere ich mich. Ein Schmerzmittel!

Wir begegnen der Ärztin von der Nachtschicht. Sie meint, eine PDA wäre noch möglich. Ich weiß, es ist zu spät. Es würde aufgrund der kurzen Wehenabstände von mittlerweile 1 — 2 Minuten niemals funktionieren. Das Setzen der Spritze würde allein mehr Zeit in Anspruch nehmen als ich still halten könne; den Anästhesisten rufen und das Einsetzen der Wirkung der PDA … das konnte nicht klappen. Außerdem war mein Muttermund doch schon bei 7cm! Ich soll die Hebamme nach Alternativen zur Schmerzlinderung fragen.

Ich will an die frische Luft, die Treppe runter. Mein Mann ist dagegen. Gut so, es ist 5 vor 12. Ich will zurück in den Kreißsaal. Die Wehen kommen wie Donnerschläge. Ich versuche den Gymnastikball, er drückt jedoch gegen meine Scheide.  Ich spüre einen massiven Druck von dem Köpfchen unseres Kindes. Ich beuge mich vornüber auf den Tisch und frage nach einem Schmerzmittel.

Die Hebamme hat zum jetzigen Zeitpunkt kein wirksames Mittel mehr, nur eines, welches die Übelkeit verstärken würde. Sie spritzt mir dennoch etwas, vielleicht ein Placebo. Zumindest nix, was die Schmerzen lindert.

Sie fragt mich noch, ob ich in die Wanne möchte, was ich verneine. Ich habe den Eindruck, als ob ich nur noch zeitverzögert antworten kann. Ich bin vom Schmerz ein wenig gelähmt … und jetzt sollte es erst richtig losgehen! Die letzten Eröffnungswehen veratme ich kniend auf einer Matte vor dem Kreißbett. Mein Mann zieht mir immer wieder die Knie auseinander und drückt mein Becken nach unten, ich verkrampfe ständig und mache unten dicht 🙁 Die Schmerzen sind weiterhin nur im Unterleib und strahlen nicht aus (und dabei bleibt es auch).

Plötzlich setzt der Druck auf den After ein. Die Hebamme ist gerade nicht da. Ich weiß, was da gerade passiert, fange unwillkürlich an zu stöhnen. Ja, es gibt eine Steigerung zu Eröffnungswehen. Meinem Mann wird es unheimlich und er geht die Hebamme holen. Die Presswehen sind der Hammer schlechthin. Automatisch quillt der Schmerz laut stöhnend aus mir heraus.

Die Hebamme kommt und will mich untersuchen. Sie ermahnt mich mehrmals, mich auf das Kreißbett zu legen. Ich kann ihrer Forderung nicht gleich folgen, der Schmerz lähmt mich. Endlich schaffe ich es. Der Muttermund ist komplett geöffnet, ich darf pressen. Es ist aber keine Erleichterung für mich. Ich presse auf dem Rücken liegend. Als die Hebamme erkennt, dass mir das Pressen in dieser Stellung schwerfällt, lässt sie mich in den Vierfüßlerstand gehen, die Arme auf die hochgestellte Lehne des Kreißbetts gelehnt. Ich gebe dem Drang zu pressen nach, während ich meine Finger in die Lehne kralle.

Ich merke, wie die Hebamme an meinem Popo etwas Stuhl abnimmt. Ist mir aber nicht wirklich peinlich. Ich ziehe mich bei den Wehen nach oben, lasse im Becken nicht locker und mache dadurch erneut dicht, versperre unserem Kleinen den Weg nach draußen 🙁 Alle Mahnungen und Hilfestellungen fruchten nicht, es ist wie ein Reflex.) Dann soll ich die Presswehen veratmen. Die Hebamme atmet vor, geht nach draußen und mein Mann atmet weiter vor. Das ist furchtbar hilfreich für mich, denn ich komme durcheinander — habe das Gefühl, pressen zu müssen, darf aber nicht.

Warum?? Also atme ich meinem Mann nach und es dauert eine ganze Weile, bis die Hebamme wieder da ist und ich pressen soll. Ich habe erneut Schwierigkeiten mich zu öffnen. Also soll ich mich wieder auf den Rücken legen, lasse die Knie auseinander fallen und hebe zusätzlich das linke Bein an. Mein Mann hält es nach oben. Zwischendurch wischt er mir immer wieder mit einem feuchten Lappen über die Stirn. Ich presse nicht lange genug und schließe meine Beine nach jeder Wehe.

So hat unser Kleiner keine Chance. Ich werde immer wieder von der Hebamme ermahnt, aber ich kann es nicht umsetzen. Sie fragt mich, ob ich etwas getrunken hätte und als ich verneine, hängt sie mich an den Tropf, um mir einen Liter Flüssigkeit zuzuführen. Sie sticht die Fruchtblase an und erklärt mir, dass die Wehen dadurch etwas stärker werden, aber der Vorgang beschleunigt wird. Ich spüre, wie eine Menge warmer Flüssigkeit an mir herunter schwappt, vom Schmerz her bemerke ich aber keinen Unterschied.

Ich presse, erhole mich, presse, erhole mich … Ich habe Angst vor Krämpfen, so langsam verlassen mich die Kräfte. Das Köpfchen ist am Damm, ich darf ihn mit den Fingern spüren. Bei jeder Wehe drücke ich einen Teil seines Köpfchens nach draußen und ziehe ihn dann wieder zurück, da ich dicht mache und die Beine wieder zusammenziehe. Um halb 9 ist sein Köpfchen das erste Mal zu sehen gewesen. Ich kann es nicht, will nicht mehr pressen. Ich muss aber.Mein Mann reicht mir zwischendurch immer wieder ein Glas Wasser. Ich bekomme Wehentropfen, damit die Wehe länger andauert und ich länger pressen kann. Es geht tatsächlich etwas länger (denke ich), aber dennoch erfolglos. Dann liege ich auf dem Rücken, beide Beine angewinkelt und nach außen gestellt.

Erneut strömt Fruchtwasser nach draußen. Die neue Stellung fühlt sich angenehmer an und ich strenge mich mächtig an. Tief in den Bauch einatmen, hier unten zu ihrem Baby höre ich die Hebamme immer wieder sagen. Ich atme tief nach unten in den Bauch, gebe unserem Kind Sauerstoff. Die nächste Presswehe kommt. Manchmal atme ich die Luft wieder aus anstatt zu pressen und manchmal presse ich laut stöhnend.

Weiter — noch ein kleines Stück — noch weiter — noch mal — kurz Luft holen und sofort wieder pressen — über den Schmerz hinaus pressen — die Wörter der Hebamme hämmern durch die Luft. Ich bemühe mich, aber es gelingt mir selten. Eine Ärztin ist da. Ich bin wohl schon ein wenig im Delirium, denn ich beantworte die Frage der Hebamme nach der Lage der Füße des Babys ohne mich daran zu erinnern. Meine Oberschenkel zittern, ich bin Krämpfen nahe.

Ich bin am Ende meiner Kräfte. Bei der nächsten Wehe drückt die Ärztin unterstützend auf meinen Bauch. Mit Erfolg, ich höre die erlösenden Worte der Hebamme, ich hätte es geschafft, der Kopf wäre draußen. Ich spüre eine starke Spannung meiner Scheide. Ich kann das Köpfchen nicht sehen, aber ich höre ihn 🙂 Er beppert schon vor sich hin und die Hebamme redet mit ihm. Ich sehe in das Gesicht meines Mannes und sehe pures Glück.Mit der nächsten Presswehe befördere ich unser Kind komplett ans Tageslicht. Ich sehe unseren bläulichen rumble fish hinausglitschen. Super hat er das gemacht! Die Hebamme entfernt mit einer schnellen Handbewegung die Nabelschnur um seinen Hals, dann liegt er bereits in Handtücher gewickelt auf meinem Bauch (den er dann auch vollkäckert). Mein Mann durchtrennt die Nabelschnur.

Ich weiß nicht, was ich fühle. Es ist nicht dieser äußerst emotionale Moment, den ich erwartet habe. Ich bin noch zu überwältigt von der Geburt, kann unser jüngstes Glück nur ansehen und seinen Kopf streicheln. Ich kann das alles gar nicht begreifen, es ist ein intensiver Moment, der mir aber erst später richtig bewusst wird. Die Hebamme zieht vorsichtig an der Nabelschnur, aber die Plazenta sitzt noch fest.

Wir dürfen weiter kuscheln. Ich traue mich nicht, unter das Handtuch zu gucken, um den kleinen Mann zu begutachten. Die Hebamme zieht erneut an der Nabelschnur, ich muss wieder pressen, dann ist die Nachgeburt draußen.

Ich frage, ob ich noch mal pressen muss und bin erleichtert, als ich ein Nein höre. Die Hebamme zeigt uns den Mutterkuchen, die dem Kind zu- und abgewandte Seite und die Eihäute. Dann verschwindet die Plazenta in einer Tüte und wir können erneut unseren Sohn genießen. Die Hebamme fragt mich, ob sie mir den Kleinen zum Wiegen und Vermessen abnehmen darf, während mir die Ärztin den leichten Damm- und Schamlippenriss näht. Ich stimme zu und mein Mann verfolgt den ersten Apgar-Test und übernimmt das erste Wickeln und Anziehen. Ich bemerke derweil laut, dass mein Bauch weg sei. „Der fiept jetzt hier drüben“ meint die Hebamme.

Sie macht 2 Fotos von unserem Kind, eins davon erscheint wenige Stunden später im Internet im Babyalbum des Krankenhauses. Das andere druckt sie aus und klebt es in eine Glückwunschkarte mit all den Daten unseres kleinen Sonnenscheins. Sie zeigt mir die Karte und übergibt sie dann meinem Mann.

Ich stehe noch völlig neben mir, denn ich erkenne nicht, dass das Foto darin unser Kind ist. Ein Stationsbett wird in den Kreißsaal geschoben, ich werde umgebettet und bekomme nochmals eine Flüssigkeit als Infusion. Mein Mann hat unseren Sohn im Arm und meint, er würde bereits schmatzen; ich lege ihn mit Hilfe der Hebamme an. Das erste Mal in meinem Leben saugt an ein kleiner Mensch an meiner Brust.

Das Stillen klappt auf Anhieb. Die Hebamme lässt uns drei allein. Wir sind völlig verliebt. Ich schaue und schaue. Unser neues Leben hat begonnen. Für meinen Mann verlief die Geburt viel zu schnell. Für mich nicht…

Axel – geboren am 12.09.2008 mit 51cm und 2900g.

*  Das Foto ist ein Agenturbild und stammt von colourbox.