Bereits zwei Wochen vor dem ET meinte unsere Hebamme, es kann jetzt jederzeit losgehen. Ich bekam Panik, da ich immer noch nicht alles für die bevorstehende Geburt vorbereitet hatte und startete sofort mit dem „Nestbau“. Dabei hatte ich doch die ganze Zeit das Gefühl, dass unser kleiner Schatz sich Zeit lassen würde.
So war es dann auch. Nach 14 Tagen konnte ich die ständigen Fragen: „Spürst du schon was?“ „Ist es bald so weit?“ „Hast du schon Wehen?“ nicht mehr hören. Es verging kaum ein Tag, an dem nicht das Telefon klingelte und eine bekannte Stimme sich meldete. Mein Mann hatte schon Bedenken, dass auch diesmal mein Vater bei der Geburt dabei sein könnte (er hatte bei unserer Großen vorbeigeschaut, während ich Wehen hatte und ist dann einfach dageblieben) und hoffte sehnsüchtig, möglichst viel Ruhe zu haben, wenn unser Schatz endlich das Licht der Welt erblickt.
Fünf Tage nach ET war es dann soweit. Wir saßen im Garten bei Kaffee und Kuchen, als ich ein leichtes Ziehen spürte. Meine Eltern und mein Bruder, die gerade vorbeigekommen waren, merkten nichts. Nur mein Mann wusste gleich, was los ist, als ich ihm ein paar aussagekräftige Blicke zuwarf. Puh, waren wir froh, als sie sich endlich verabschiedeten und wir uns ganz auf die bevorstehende Geburt konzentrieren konnten.
Auch unserer Tochter sagten wir noch nichts und brachten sie daraufhin ins Bett. Anschließend machten wir es uns so gemütlich, wie das mit leicht einsetzenden Wehen und Babybauch möglich war, und versuchten noch etwas zu schlafen.
Gegen Mitternacht spürte ich bereits ein starkes Ziehen im Rücken und ließ Wasser in die Wanne, um etwas zu entspannen. Es war auch gleich etwas angenehmer, doch irgendwann konnte ich nicht mehr sitzen oder knien und wanderte mit Handtuch ins Wohnzimmer. Auf der Couch fühlte ich mich jetzt wohler und konnte während der Wehen etwas schlafen. Immer wieder richtete ich mich auf und veratmete eine Wehe nach der anderen. Meinen Mann schickte ich ins Bett und meinte, er solle noch etwas schlafen, denn vor dem nächsten Morgen komme das Kleine ja sowieso nicht.
Um 6.30 Uhr rief er dann die Hebamme und meinte, sie solle in aller Ruhe frühstücken und dann mal vorbeischauen, ob alles in Ordnung ist. Später stellte sich jedoch heraus, dass er nur mit ihrem Besuch telefoniert hatte und dieser das ganze für einen schlechten Scherz hielt.
Eine Stunde später hatte ich dann meine Hebamme persönlich am Telefon und ich erzählte ihr, dass ich das Gefühl habe, der Wehenschmerz müsse noch viel intensiver werden und die Wehen auch noch sehr unregelmäßig waren. (Alle 10 / 15 / 20) Minuten. Außerdem wurden es im Moment eher weniger und sie meinte das sei völlig normal, dass die Wehen morgens etwas schwächer werden und gegen Mittag geht’s vermutlich richtig los.
Also ging ich noch mal in die Badewanne und anschließend wieder aufs Sofa. Gegen 8.30Uhr wachte meine Tochter auf und wir erzählten ihr gemeinsam, dass das Baby jetzt bald kommt. Sie freute sich riesig! Papa richtete ihr das Frühstück und anschließend kuschelten sie noch ein bisschen im Bett.
Dankbar, dass er mich wieder in Ruhe ließ (ich konnte einfach niemanden um mich brauchen, war bereits bei unserer Großen so), wartete ich im Wohnzimmer auf die nächsten Wehen und hoffte, dass sie endlich stärker werden würden (bei meiner Großen musste ich wahnsinnig schreien und rief immer wieder“ Ich kann nicht mehr!“ und glaubte gleich sterben zu müssen). Doch es war gleichbleibend und ich veratmete jede Wehe ohne Probleme.
Meine Zwei schauten immer wieder vorbei und irgendwann spielte meine Große bei mir, (mein Mann war nach der durchwachten Nacht wohl doch noch eingenickt), während ich mich leise dem Wehenschmerz hingab. Meine Wehen waren immer noch gleichbleibend, nur hatte ich jetzt das Gefühl auf die Toilette zu müssen. Eigentlich verfolgte mich das bereits seit dem Einsetzen der ersten Wehen, doch jetzt war es stärker, aber aufstehen wollte ich auf keinen Fall.
Immer noch glaubte ich, die Wehen müssen schmerzhafter werden, und dann platzte die Fruchtblase. Unsere Tochter lief zu Papa und berichtet ihm alles. Dieser sprang aus dem Bett, sprintete ans Telefon und ich hörte nur noch wie er sagte: „Komm schnell, die Fruchtblase ist geplatzt!“ Anschließend wollte ich ins Wasser, denn augenblicklich war mir klar, dass wir in wenigen Minuten unseren Schatz in den Armen halten würden.
Ich weiß nicht, was meinem Mann nun alles durch den Kopf ging, auf alle Fälle spürte ich, dass nun die Presswehen einsetzten. Ich fühlte, wie der Kopf immer stärker nach unten drückte und presste vorsichtig, während nun langsam der Kopf sichtbar wurde und dann unser Baby sanft ins Wasser glitt. Vorsichtig nahm ich es auf den Arm und wir vier genossen den Augenblick. Dann schauten wir, was uns der liebe Gott geschenkt hatte: Eine Tochter! Wir gaben ihr den Namen Anja.
Endlich klingelte es und unsere Hebamme war eingetroffen. Sie schaute nach Anja und war sehr zufrieden. Dann holte sie die Nachgeburt und unsere Große durfte die Nabelschnur durchschneiden. Anschließend half sie uns ins Wohnzimmer, wo mein Mann es mir auf der Couch bequem machte, und nun wurde unsere Anja gemessen und gewogen: 51cm, 3730g.
Mein Mann war erleichtert und froh zugleich, dass unsere Tochter völlig gesund war, denn so hatte er sich die Geburt nicht vorgestellt.
Unsere Große war mit Feuereifer dabei und war sehr stolz auf ihre kleine Schwester. Lange hatten wir überlegt ob es richtig ist, sie bei der Geburt dabei zu haben, doch wir haben diese Entscheidung keinen Augenblick bereut. Ihr Strahlen nach der Geburt hat uns gezeigt, dass es für sie das schönste Erlebnis war, bei diesem einmaligen Ereignis dabei sein zu dürfen.
* Das Foto ist ein Agenturbild und stammt von crestock