Kreative Kindererziehung

Schimpfen, erpressen und bestrafen? Das muss nicht sein, meint die zweifache Mutter Sabine Bohlmann. Viel besser klappt alles mit Verstärkung wie dem Sockenmonster, einem fliegenden Teppich oder einer sprechenden Zahnbürste.

Der Pferdepulli ist in der Wäsche. Damit fängt der Tag schon mal schlimm an. Das Frühstück endet nach einem ausgekippten Joghurt mit einem Geschwisterstreit und draußen ist Dauerregen? Es gibt Tage, an denen alles mögliche passiert, nur nicht das, was passieren soll. Und für Eltern gibt es scheinbar kein Entrinnen.

Solche Gefühle kennt auch die Schauspielerin und Synchronsprecherin Sabine Bohlmann (40), Mutter von zwei Kindern. Sie war selbst genervt von ihrer schrillen Stimme beim Schimpfen. Und fragte sich: „Wie konnte ich es schaffen, ohne zu schimpfen, ohne Erpressung oder Versprechungen da zu bekommen, was ich wollte?“ Ihre Lösung: Spaß, Fantasie und kleine Tricks.

Die hat sie gesammelt und so einen etwas anderen Erziehungsratgeber veröffentlicht. Erziehen mit Spaßfaktor nennt sie auch das Mary Poppins Prinzip. Nach dem Motto „Oft genügt ein Löffel Zucker und was bitter ist wird süß.“

Es sind vor allem nervige Alltagssituationen, für die die Autorin sich etwas einfallen lassen hat. Etwa lange Autofahrten, unaufgeräumte Kinderzimmer, Regentage oder Ins-Bett-gehen.

 

Kindererziehung Sabine Bohlmann
Erziehung nach dem Mary Poppins Prinzip (© panthermedia.net, Phovoi R.)

 

Hier eine kleine Auswahl der schönsten Ideen:

Der fliegende Teppich

Jeden Abend haben die Kinder keine Lust ins Bett zu gehen? „Ich zähle jetzt bis zehn und dann…“ erntet nur nölen und motzen? Da hilft ein fliegender Teppich. Eine Decke oder ein kleiner Läufer wird den Kindern mit den Worten „Der fliegende Teppich, alles bitte einsteigen…“ hingelegt. Und los geht die Reise nach Badehausen und Schlafanzuganziehdorf… Die Kinder müssen sich nur noch anschnallen und werden über den Flur gezogen. Schon mal versucht, die Kinder ins Bett zu pusten? In Elternpuste steckt nämlich ziemlich viel Kraft. Ziel erreicht, Spaß gehabt, was will man mehr?

Die sprechende Zahnbürste

Kleine Kinder haben oft keine Lust, die Zähne richtig zu putzten. Wie wäre es mit einem kleinen Theaterstück und einem Streit zwischen Herrn Kamm und Frau Zahnbürste? Wer ist wichtiger? Wer kann lustigere Lieder singen? Und wärend Frau Zahnbürste etwa singt „Ich putze, ich putze, oben und unten,“ muss der kleine Zahnputzmuffel oft lachen (und hat schon den Mund geöffnet).

Das Sockenmonster

Das Sockenmonster ist ein freundlicher kleiner Helfershelfer. Hilft gerade bei verspielten kleinen Kindern gut, die partout keine Lust haben, sich anzuziehen. Ein Kindersocken wird dabei einfach über die Hand gestülpt und zwar so wie ein Handschuh. Bewegt man die Finger, entsteht eine Puppe. „Hallo, ist hier keiner, der mich anziehen will?“ Die meisten Kinder linsen neugierig um die Ecke. Wer spricht denn da? Während sich das Sockenmonster mit den Kinder unterhält, merken sie meist gar nicht, dass man sie nebenbei schon halb angezogen hat. Bei grösseren Kindern oder wenn man schon ein bisschen stinkig ist, hilft manchmal auch das Stinkesockenmonster.

Aufräumtag

Aufräumen und Kinder. Ein schwieriges Thema. Neben einem groben täglichem Aufräumen hilft ein spezieller Aufräumtag. Wie Kinder daran Freude finden können? Zum Beispiel durch Spiele. Lustige Musik wird aufgelegt und alle Tiere und Legosteine sollen in ihre Kisten. Daraus kann ein Wettbewerb werden. Wer hat seine Kiste als erster gefüllt?

Die Woche als Ritual

Für Kindergartenkinder ist es schwer, eine Woche einzuschätzen. Damit sie lernen ein Zeitgefühl zu entwickeln, hilft es, die Woche mit wiedergekehrenden Ritualen zu füllen. Das könnte dann so aussehen:

Samstag= Brötchentag
Sonntag= Eiertag
Montag= Bäckertag (da wird nicht zu Hause geschmiert, sondern auf dem Weg ein Brötchen geholt)
Dienstag= Turntag (im Kindergarten oder im Verein)
Mittwoch= Papatag (wenn er an diesem Tag früher Feierabend hat)
Donnerstag= Wunschtag (die Kinder dürfen sich ein Mittagessen aussuchen)
Freitag= Omatag

Jeder hat natürlich andere Dinge in seiner Woche. Aber feste sich wiederholende Ereignisse geben Kindern einfach Sicherheit. Wie wäre es auch mit festen Ritualen nur für die Eltern? Mottoabende wie Montag= Kerzenscheinabend, Dienstag= Sport- und Fernsehabend (er zum Sport, sie hat die Fernbedienung zur freien Verfügung), Mittwoch= Spieleabend nur für Eltern, Donnerstag= gemeinsamer Filmabend?

Teppich-Picknick

Kinder lieben Ritale – aber auch Ausnahmen. Wie wäre es, an einem fiesen Regentag mal ein Picknick im Kinderzimmer zu machen? Gemeinsam wird der Korb vorbereitet und die Decke ausgebreitet. Dazu passen Spiele oder eine Fantasiereise. Wohin möchten die Kinder denn gern fahren?

Das Trollhaus

Sie haben Lust auf einen Sonntagsmorgen-Spaziergang – die Kinder nicht? In dem Moment, in dem das ganze unter ein Motto gestellt wird, beginnt der Nachwuchs oft mit Freude dabei zu sein. Etwa: „Wir suchen im Wald eine gute Stelle um ein Trollhaus zu bauen.“ Die Stelle muss gefunden werden und dann aus Ästen und und Gestrüpp eine kleine Hütte für den Waldbewohner (und Besucherkinder) gebaut werden. Bei den nächsten Spaziergängen muss das Bauwerk natürlich immer wieder besucht werden…

Besondere Kisten

Kinder lieben Kisten. Aus alten Schuhkartons kann man gemeinsam Schatzkisten basteln. Oder besondere Mottokisten. Etwa ein Postkiste. Die wird gelb angemalt, mit Briefmarken, Stempeln und Formularen (bekommt man in jedem Postamt, besonders beliebt sind Luftpostaufkleber) und Postkarten versehen. Und schon ziehen kleine Postbeamte und Briefträger im Kinderzimmer ein. Eine andere Mottokiste wäre eine eigene Bastelkiste, ein Schminkköfferchen oder ein Detektivkiste (mit Schiebermütze, Lupe, Notizblock und Stift)

In dem liebevoll gestalteten Buch verbergen sich noch viele, viele weitere tolle Idee zum Nachmachen und Selbstausdenken.

Buchtipp: Sabine Bohlmann: Mit einem Ein Löffelchen voll Zucker …und was bitter ist wird süß! Das Mary-Poppins-Prinzip. Egmont Vgs, 14,90 €


©Christian Hartmann