Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen – so beginnt die Weihnachtsbotschaft. Doch leider ist es gar nicht so einfach, ein friedliches Weihnachtsfest zu feiern, an dem alle sich wirklich wohl fühlen. Dabei könnte es doch so schön sein.
Der 24. Dezember beginnt traditionell mit ein wenig Hektik, letzte Einkäufe, denn immerhin haben die Läden ja für ein paar Tage zu. Zum Mittagessen gibt es dann immer Bockwurst und Kartoffelsalat, danach wird gemeinsam der Baum aufgestellt und geschmückt. Die feierliche Stimmung beginnt mit dem Umziehen, ab in festliche Garderobe. Nach dem Familiengottesdienst hibbeln die Kinder in ihrem Zimmer und Mama lässt den Weihnachtsmann herein und legt mit ihm die Geschenke unter den Baum. Und dann ist die Bescherung, zunächst mit einem gemeinsamen Lied und dann dem Geschenke auspacken. Abends gibt es dann noch ein schönes Abendessen mit kalter Platte und – ganz wichtig – Lachs. Alle Jahre wieder beenden wir das Fest mit einem schönen Gesellschaftsspiel und machen es uns dann vor dem Fernseher gemütlich.
Bis zur Geburt des ersten Babys fahren die meisten Erwachsenen zu ihren jeweiligen Eltern und werden dort wieder zum Kind. Doch wenn nun der eigene Nachwuchs da ist, ist spätestens der Zeitpunkt gekommen, um nun endlich ein eigenes Fest am 24. Dezember zu feiern. Die alten Rituale ein wenig an das eigene Leben anpassen – das kann wunderbar sein. Doch leider gibt es einen kleinen Haken: Man darf leider nicht alleine entscheiden wie das Fest gefeiert wird. Denn das Baby hat ja auch einen Vater!

Auch unserer erstes Familienweihnachten war da gar nicht einfach. Dass wir den Kirchgang streichen mit einer fast Einjährigen – da waren mein Mann und ich uns noch einig. Doch dann erklärte ich ein paar Tage vor dem Fest, dass ich mich nun wirklich schon sehr auf die leckere Platte und den Lachs freue. „Wie bitte? Lachs? Nee, wirklich. Eine Gans gehört unbedingt zum Heiligabend dazu.“ Mein dezenter Hinweis, dass ich zum einen Gans nicht schätze, zweitens so ein Federvieh auch nicht zubereiten kann und überhaupt seit über dreißig Jahren an Heiligabend Lachs verzehre, erzielte einen leichten Erfolg. Zubereiten wollte der Kindsvater den Braten nämlich auch nicht.
Debatten über das richtige Essen, ob Kerzenschimmer oder Elektroglanz, Weihnachtsmann oder Christkind werden in diesen Tagen in vielen jungen Familien geführt. Es ist gar nicht immer einfach, vom eigenen Weihnachtsbild Abstand zu nehmen. Oft führt das zu erbittertem Streit. Denn das Kind in einem ist bockig und kann sich überhaupt nicht vorstellen, dass Weihnachten ja auch ganz anders gehen könnte als gewohnt.
Eigene Rituale finden
Was genau soll denn eigentlich an diesem Tag gefeiert werden? Ein Fest der Liebe? Wenn sich wirklich die ganze Familie wohlfühlen soll, dann ist es wichtig, sich mit dem Liebsten tatsächlich zu einigen und zu überlegen, welche Rituale denn für jeden wirklich wichtig sind. Ich mag eigentlich keine Würstchen und auch kein Federvieh – aber Heiligabend etwas Schnelles zu verzehren, das nicht sonderlich vorbereitetet werden muss, das findet auch mein Mann gut. Seit einigen Jahren essen wir nun Raclette.
In vielen anderen Dingen haben wir es im Laufe der Jahre geschafft, eine Mischung aus eigenen und vertrauten Ritualen zu finden. Das warme Schimmern von echtem Kerzenlicht am Baum vermisse ich zwar, aber mit zwei munteren Kleinkindern konnte ich mich doch vom Sicherheitsaspekt überzeugen lassen. Das Warten auf den Weihnachtsmann findet unser Nachwuchs genauso aufregend wie wir damals – und zur feierlichen Kleidung konnte ich auch die ganze Familie überreden. Am Singen vor der Bescherung arbeite ich noch. Leichte Widerstände wie „Wenn du singst, brauche ich Ohrenstöpsel“ konnte ich unter Androhung von Blockflötenspiel schon bekämpfen. Es sind kleine Schritte, wichtig ist vor allem die Erkenntnis, dass es kaum möglich ist, alles richtig zu machen. Und das, wo viele Mütter gern so perfekt sein möchten. Perfektionismus ist nun wirklich nicht nötig, meint die Psychologin Felicitas Heyne aus Herxheim. „Überlegen Sie, wie Sie Weihnachten gern gestalten würden, wenn Sie alle fremden Erwartungen beiseite schieben und nur nach Ihrer Vorstellung vorgehen würden.“
Stress vermeiden, Traditionen brechen
Damit spricht sie mir aus der Seele. Denn gerade Weihnachten geht es ja nicht nur um die eigene neue kleine Familie. Es gibt auch noch Omas und Opas, die nun plötzlich allein unter dem Baum sitzen. Doch wie soll man denen gerecht werden? Alle einladen? Erst eine Bescherung zu Hause mit Baby und dann noch zu den eigenen Eltern fahren? Viele, sehr viele Familien, die ich kenne, sind oft richtig im Weihnachtsreisestress. Denn die Familien wohnen ja nur noch selten an einem Ort. Der erste Weihnachtstag bei meinen Eltern, der zweite bei deinen? Die Psychologin erklärt es so: „Es ist wichtig, innerhalb der Familie gemeinsam Lösungen zu finden und auch ruhig mit eingefahrenen Traditionen zu brechen. Man könnte z. B. versuchen, nicht alles auf drei Tage zu konzentrieren.“ Also vielleicht lieber ein Besuch ganz in Ruhe im Januar, dafür über ein paar Tage, als ein hektisches Rein- und wieder Rausrauschen an den Festtagen.
Vor allem die eigenen Erwartungen sind wichtig. Es ist einfach schön, mit Kindern zu feiern und das Glitzern in ihren Augen zu sehen. Das erste Weihnachtsfest ist natürlich immer etwas Besonderes – es ist der Beginn einer ganz eigenen Familientradition. Und wenn sie gemeinsam Rockmusik hören und Fingerfood wie Pommes lieben – nur zu. Niemand muss Karpfen, Gans und Co. essen. Es ist die Nähe und das Zusammensein, das zählt.