Embryonen-Auswahl

Das erste genetisch ausgewählte Baby ohne Krebsgen wurde im Januar 2009 geboren. Die Eltern hatten nach einer künstlichen Befruchtung eine Embryonen-Auswahl getroffen. Wie weit darf die Medizin gehen?
Dem kleinen Mädchen und seiner Mutter geht es gut, erklärten die Ärzte. In der Familie des Vaters gab es seit drei Generationen Brustkrebs: Das Schicksal wollten die Eltern ihrem Kind ersparen. Sie entschieden sich für eine künstliche Befruchtung und eine anschließende Auswahl eines gesunden Embryos mit Hilfe der sogenannten Präimplantationsdiagnostik (PID).
 
Elf Eizellen wurden im Reagenzglas befruchtet und von den Medizinern auf das Risikogen BRCA1. Sechs der Embryonen trugen das Brustkrebsgen – die zwei genetisch nicht belasteten wurden in die Gebärmutter verpflanzt. Nur ein Embryo nistete sich ein. Jetzt bekam die 27-jährige Mutter ein gesundes kleines Mädchen.
 
 „Die Übertragung dieser Krebsform, die die Familie über Generationen geplagt hat, ist jetzt ausgelöscht,“ so der Reproduktionsmediziner Paul Serhal.
 
genetisch ausgewählte Babies
Embryonenauswahl (© panthermedia.net Gilles DeCruyenaere)
Genetische Auswahl ist in Deutschland verboten
 
In Großbritannien wird die PID schon länger verwendet, bisher jedoch nur für die Suche nach Genen, die sicher eine Krankheit übertragen, wenn sie weitervererbt werden. Dazu gehört zum Beispiel das Gen, das Mukoviszidose verursacht.
 
Seit einer Lockerung des Gesetzes vor drei Jahren darf die Untersuchung – mit Erlaubnis der Behörde für Embryonenschutz (Human Fertilisation and Embryology Authority) – auch bei Risikogenen benutzt werden, die nicht in jedem Fall zu einer Krankheit führen. Dazu gehört auch das Brustkrebsgen. Wenn ein Kind dieses Gen trägt liegt die Wahrscheinlichkeit tatsächlich zu erkranken etwa bei 80 Prozent.
 
Auch in Spanien ist die PID zugelassen. Javier wurde im Oktober geboren. Sein grosser Bruder André (6) leidet an der unheilbaren genetischen Blutkrankheit Thalassämie. Das Nabelschnurblut seines Brüderchens soll ihm nun das Leben retten. Für die Eltern gingen durch die PID zwei Wünsche in Erfüllung: ein gesundes zweites Kind und eine Chance auf Heilung für den älteren Sohn.
 
In Deutschland ist nach dem Embryonen-Schutzgesetz die genetische Auswahl verboten. Doch mittlerweile gilt das europaweit nur noch in Österreich, Irland und in der Schweiz. Laut einer EU-Studie reisen nun immer mehr betroffene Familien für eine PID ins Ausland um so das strikte Verbot zu umgehen.
 
Kritische Bioethiker beobachten diese Entwicklung mit Sorge. Nach Meinung der Experten wollen immer mehr Eltern das perfekte Baby. Wie weit das geht? Das zeigt eine Studie aus Münster. Die Medizinsoziologin Irmgart Nippert stellte bei Unstersuchung über genetische Tests die Frage: „Würden Sie abtreiben, wenn bei dem Embryo eine Veranlagung zur Fettleibigkeit festgestellt würde?“ Zwanzig Prozent der Befragten antworteten mit „Ja“.
 
Was meinen Sie, ist die Entwicklung überhaupt noch aufzuhalten? Sollte es auch in Deutschland die Möglichkeit der Embryonen-Auswahl geben?