Der Alltag mit Kinder ist manchmal der reine Wahnsinn: die Einjährige weint ständig, weil sie gerade Backenzähne bekommt, der vierjährige Bruder hat auf der Geburtstagfeier zuviel gegessen und muss spucken. Kinder trösten, Wäsche waschen, Putzen, dazu oft noch der Wiedereinstieg in den Job. Irgendetwas bleibt bei dem vielen Stress auf der Strecke. Und das ist ziemlich oft Sex. Wenn Mama und Papa nach einem aufreibenden Tag endlich im Bett liegen dann denken sie nämlich beide oft nur noch an eines: Schlafen.
Lustkiller Nr. 1: Tägliche Sorgen und Probleme
Natürlich sind da Konflikte vorprogrammiert, das zeigt auch eine aktuelle GfK-Umfrage im Auftrag der Apotheken-Umschau. Denn acht von zehn Elternteilen (79,2%) können sich eine Beziehung ohne Sex nicht vorstellen. Befragt nach Gründen, warum das elterliche Liebesleben brach liegen könnte, gab mehr als jeder zweite an, dass Eltern die Gelegenheit zu spontanem Sex fehle. Tägliche Sorgen und Problem mit den Kindern sind Lustkiller Nr. 1 : Ein Drittel der Befragten nehmen sie die Lust am Sex. Und ein Viertel hat oft Angst davor, von den Kindern beim Liebesspiel erwischt zu werden.
Die Geburt eines Kindes ist ein gigantischer Einschnitt
Die meisten Eltern möchten also Sex und haben trotzdem Probleme mit dem Liebesleben. Das geht wirklich vielen Paaren so. Auch denen, die vor der Geburt des Kindes eine harmonische Beziehung mit erfülltem Sex hatten. Die Sexualtherapeutin Ulrike Brandenburg vom Universitätsklinikum in Aachen hat das oft erlebt. „Ich glaube, dass die Geburt eines Kindes in unserer hoch bewussten und hoch perfektionierten Welt ein gigantischer Einschnitt ist“, sagt sie. Frischgebackene Eltern reden und lachen weniger miteinander, haben ein Schlafdefizit und suchen sich noch in dem neuen Alltag. „Viele dieser Paare denken, mit ihnen stimme etwas nicht“, sagt Ulrike Brandenburg. „Die meisten glauben, sie hätten einen Paarkonflikt, in Wirklichkeit werden sie einfach mit der Elternsituation nicht fertig.“
Nicht unter Druck setzten lassen
„Backt erst einmal kleine Brötchen“, ist der Rat der Therapeutin. Eltern sollten sich von ihrer neuen Rolle nicht unter Druck setzten lassen. Niemand wird als „Supermama“ geboren. Woher soll man bitte wissen, wie ein Schnupfen bei einem Säugling behandelt wird? Wichtig ist, vom Perfektionismus Abstand zu nehmen und sich bei Unsicherheit Hilfe zu holen. Und Entlastung. Ruhig Freunde, die Großeltern oder einen Babysitter einspannen. Wer sich in seiner Elternsituation einfinden kann, kann auch besser wieder zu sich finden. Und zum Partner.
Aber wie finden Paare wieder eine erfüllte Zweisamkeit, wenn im Bett Flaute herrscht? Zwei Dinge sollte man sich laut Experten klar machen. Erstens: Über kein Thema wird so viel gelogen wie über Sex. Lassen Sie sich also nicht irritieren von irgendwelchen Geschichten von Freunden, die ständig leidenschaftlich über einander herfallen, während die Kinder dabei wie im Koma schlafen. Sie müssen einen eigenen Weg nur für sich finden. Und dabei kommt es nicht auf die Häufigkeit von „Nümmerchen“ an, sondern auf richtig guten Sex, so wie Sie beide ihn sich wünschen.
Zweitens: Reden hilft eben nicht immer. Natürlich sollte ein Paar über Sex reden (kann ja auch Spaß machen…), aber auf keinen Fall sollte eine eventuelle Flaute zerredet werden. Denken Sie erst einmal jeder für sich nach, wo die Gründe liegen könnten. Sind es vielleicht Rahmenbedingungen? Wenn das Baby mit im Ehebett schläft, dann müssen Sie das Liebesspiel ins Wohnzimmer verlegen. Das hat ja auch was. Natürlich sind auch körperliche Gründe möglich – dies kann man im Zweifelsfall beim Frauenarzt nachfragen. Nach dem Nachdenken ist die Zeit fürs Reden. Teilen Sie mit dem Partner Ihre Überlegungen und Wünsche und hören Sie die des Anderen.
Für guten Sex ganz bewußt Zeit nehmen
Bei sehr, sehr vielen Elternpaaren fehlt einfach eines für guten Sex: sich Zeit füreinander nehmen. Und zwar ganz bewusst. Anders als früher sind heute die meisten Frauen und Männer sind schon viele Jahre zusammen, bevor der Nachwuchs kommt. Man ist sich des anderen sicher, hält Vieles für selbstverständlich. Doch das ist es eben nicht, dies muss sich jeder Partner immer wieder klar machen. Und es auch dem anderen zeigen. Wichtig ist es auch, keinen Erwartungsdruck aufzubauen. Wenn beide erschöpft sind, ist eben kein Leistungssport, sondern eher Kuscheln angesagt. Das darf und muss auch sein.
Die Nächte werden auch wieder länger, wenn die Kinder größer werden, dann ergeben sich auch wieder mehr Möglichkeiten der Zweisamkeit. Etwa bei einem gemeinsamen Wochenendausflug in ein romantisches Hotel – ohne Nachwuchs. Oder zu einer festen Verabredung miteinander im gemeinsamen Schlafzimmer. Auch das kann mit Vorfreude genossen werden und prickelnd sein. Wichtig ist, dass Mami und Papi, Spuckflecken und Nervkram aus dem Kindergarten vor der Tür bleiben. Es kommt darauf an, sich selbst als Mann und Frau erleben, dem Anderen zeigen, dass er oder sie immer noch begehrenswert ist. Therapeutin Ulrike Brandenburg rät allen Eltern: „Passt ein bisschen auf eure Sexualität auf, wenn sie euch wichtig ist!“
Liebe Userinnen und User: Wie geht es Ihnen? Haben Sie ein pricklendes Liebeslieben als Eltern oder auch Schwierigkeiten? Was nervt ganz besonders? Was würden Sie anderen Paaren raten?