Es fing damit an, dass mein fröhliches Schlafbaby plötzlich mürrisch wurde. An Durchlafen war von einem Tag auf den anderen nicht mehr zu denken. Mein vier Monate alter Sohn war unruhig, weinte viel – und ich begann mir Sorgen zu machen. Ein Besuch beim Kinderarzt folgte. „Er ist hungrig. Für sein Alter ist er sehr aktiv und auch schon ziemlich schwer. Muttermilch allein reicht nicht mehr. Der Junge braucht Eisen.“ Ich war völlig überrascht. Meine Tochter hatte ich ja auch gut sechs Monate vollgestillt. Und das Zweite sollte nun schon mit vier Monaten Brei bekommen? Mein Sohn jedenfalls teilte die Meinung des Kinderarztes, wurde zwar weiter gestillt, bekam aber rasch Gemüse-Fleisch-Brei, den er sehr liebte. Er war wieder das friedliche fröhliche Kind, das ich kannte.
Neue Studie zeigt: Babys brauchen ab vier Monaten Eisen
Eine aktuelle Studie des Forschungsinstituts für Kinderernährung (FKE) bestätigt nun, dass mein Kind kein Einzelfall ist. Die Wissenschaftler betonen, dass auch gestillte Babys nach vier und spätestens nach sechs Monaten eisenreiche Breinahrung bekommen sollten. Die Forscher untersuchten den Eisenstatus von 76 Kindern nach sechs, sieben und zehn Monaten nach der Geburt. Zwei Drittel der Kinder wurde bis zum vierten Monat voll gestillt, die anderen bekamen ausschließlich Fertigmilch aus Milchpulver.
Die Säuglinge, die die Fertigmilch bekamen, wurden reichlich mit Eisen versorgt. Säuglingsmilchpulver enthält das Zehnfache des Spurenelements als Muttermilch. Neugeborene verfügen über Energiereserven in der Leber, die in der Regel bis zum vierten Monat ausreichen. Nur drei der Kinder in der Studie hatten vor dem vierten Monat einen leichten Eisenmangel.
Eisen ist vor allem für die Entwicklung des Gehirns wichtig
Eisen ist ein wichtiger Bestandteil des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin. Und dieser ist entscheidend für den Sauerstofftransport aus der Lunge zu den Organen. „Vor allem für die Entwicklung des Gehirns ist eine ausreichende Sauerstoffversorgung wichtig“, sagt Studienleiterin Dr. Mathilde Kersting. „Deshalb sollten Eltern auf eine gute Eisenzufuhr achten.“
Beide Gruppen in der FKE-Studie, die gestillte und die Flaschenkinder, bekamen ab dem vierten Monat fleischhaltige Breinahrung. „Die Nahrungsumstellung erfolgt allerdings immer schrittweise“, erklärt Studienleiterin Dr. Mathilde Kersting. „So erhielten die meisten Kinder in der Stillgruppe wie empfohlen noch im zweiten Lebenshalbjahr zumindest einmal täglich die Brust. Daher nahmen sie zu diesem Zeitpunkt immer noch weniger Eisen auf als ihre Altersgenossen, die Flaschenmilch erhielten.“ Dies konnte man auch im Blutbild sehen: Im Alter von sieben Monaten hatten zehn Stillkinder ein Eisendefizit, in der Flaschenmilch-Gruppe keines. Nach zehn Monaten waren die Zahlen ähnlich: Bei jedem fünften Stillkind waren die Eisenspeicher leer.
Muttermilch bleibt die beste Nahrungsquelle
Unter Wissenschaftler ist es durchaus umstritten, ab wann zugefüttert werden soll. Auch im internationalen Vergleich handhaben Eltern dies durchaus sehr unterschiedlich. Für die ersten Lebensmonate ist Muttermilch aber unumstritten die beste und gesündeste Ernährung. „Das ist eindeutig so“, betont die Forscherin Mathilde Kersting. „Wir raten, nach dem vierten Monat oder allerspätestens nach einem halben Jahr damit zu beginnen und die Zahl der Stillmahlzeiten schrittweise zugunsten von Beikost zu reduzieren.“ Um die Eisenversorgung zu garantieren, sollten Eltern nicht zu spät Fleisch in der Beikost einführen und bei Getreide öfter zur eisenreichen Hirse greifen.
Mein Sohn hat mich gelehrt, dass jedes Kind anders auf die Einführung des Breis reagiert. Es gibt auch Kinder, die gar nicht gern einen Löffel im Mund haben – mit Sicherheit hat jedes Kind andere Bedürfnisse und verschiedene Vorlieben. Wann der ideale Zeitpunkt ist, sollte daher jedes Elternpaar mit einer Hebamme oder einem Kinderarzt besprechen. Guckt das Baby gierig auf jeden Löffel, ist wahrscheinlich bald soweit.
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