Frühgeborene Babys

Sie sind zwar unsagbar klein, kriegen aber schon ganz viel mit: Frühgeborene können hören, schmecken, fühlen, riechen und brauchen ganz viel Fürsorge. Vielen geht es später gut.

Daher sollen alle Pflegemaßnahmen möglichst schonend durchgeführt werden, es soll auf eine ausreichende Schmerztherapie geachtet und eine Reizüberflutung der Frühgeborenen durch  Reduktion der Geräusche und des Lichtes vermieden werden. Die Eltern sollten frühmöglichst in die Betreuung einbezogen werden und auch selbst in immer mehr Abläufe eingebunden werden. Eine enge Kontaktaufnahme erlaubt die „Kängurumethode“, bei der die Kinder aus dem Inkubator genommen und den Eltern für einige Zeit auf die Brust gelegt werden.

Mit den Fortschritten der Medizin ist es zunehmend besser möglich, frühgeborenen Kindern zu helfen. Die Geburt eines Frühgeborenen sollte nach Möglichkeit in einem „Perinatalzentrum“ erfolgen, wo eine optimale Betreuung für das Frühgeborene durchführbar ist und ein für das Kind belastender Transport entfällt. Günstig ist die Anwesenheit eines Kinderarztes bei der Geburt.

Die Unterbringung des Kindes erfolgt meist in einem Inkubator (Brutkasten), um optimale Umweltbedingungen zu ermöglichen. Störungen der Anpassung des Kindes an das Leben außerhalb des Mutterleibes, z.B. Atmung, Wärmeregulation oder Herzkreislauffunktion, müssen an entsprechend dafür ausgerüsteten Frühgeborenenabteilungen (Neonatologien) behandelt werden.

Bis etwa zur 35. SSW haben Frühgeborene eine noch nicht vollständig ausgereifte Lunge, eine die Lungenbläschen stabilisierende Substanz, „Surfactant“, wird noch nicht ausreichend gebildet und kann zur Unterstützung zugeführt werden. Besonders Kinder unter 1000 g müssen häufig auch beatmet werden. Nur noch selten kommt es heute durch die Beatmung zur Ausbildung einer chronischen Lungenproblematik. Oft benötigt der Kreislauf medikamentöse Unterstützung.

Eine Gefährdung besteht vor allem durch Gehirnblutungen, Lungenfunktionsstörungen, einem erhöhtem Infektionsrisiko, weil die Körperabwehr noch nicht voll ausgebildet ist und durch Temperaturregulationsstörungen. Weitere Probleme kann eine entzündliche schwere Darmerkrankung (Nekrotisierende Enterocolitis) bereiten.

Ernährung

Bei sehr unreifen Säuglingen (v. a. mit einem Geburtsgewicht unter 1000 g) ist in der ersten Zeit oft nur eine künstliche Ernährung mit nährstoffreichen Infusionen möglich; Kinder, die noch nicht selbst saugen können (meist vor der 32. Schwangerschaftswoche) werden mithilfe von Magensonden ernährt. Die eigentliche Ernährung beginnt in der Regel mit einer sterilen Glukoselösung, wenn diese vertragen wird, bekommen die Kinder entweder Muttermilch oder eine spezielle Frühgeborenenmilch. Da der Magen Frühgeborener nur ein geringes Fassungsvermögen hat, wird die Nahrung oft auf acht oder mehr Mahlzeiten aufgeteilt.

In der ersten Zeit ist das Abpumpen der Muttermilch wenn möglich sehr wichtig, um die Milchproduktion in Gang zu halten. Die Muttermilch von Frühgeborenen ist den besonderen Bedürfnissen angepasst und  unterscheidet sich z.B. im Eiweißgehalt von der Muttermilch für reifgeborene Babys. Zusätzlich kann die Muttermilch für besondere Situationen mit Nähstoffen angereichert werden.

Prognose

Durch die Fortschritte in der Schwangerenbetreuung, der Geburtshilfe und der Neugeborenenintensivmedizin haben sich in den letzten Jahren die Überlebenschancen besonders von kleinen Frühgeborenen deutlich verbessert. Die Prognose der Kinder hängt von der Schwangerschaftsdauer, dem Geburtsverlauf und eventuellen zusätzlichen Fehlbildungen ab; insgesamt ist aber jede Frühgeburt mit einem höheren Risiko für das Kind verbunden.

Frühgeburten nach 24 Schwangerschaftswochen und später erreichen eine Überlebenschance von 80 – 90 %; nach der 28. SSW über 95%. Aufgeschlüsselt nach dem Geburtsgewicht überleben 75-80% der Frühgeborenen von 500-749 Gramm, 85-90% der Frühgeborenen von 750-999 Gramm und über 95% der Frühgeborenen von 1000-1500 Gramm. Bei Frühgeborenen mit schweren angeborenen Gesundheitsstörungen muss auf die Art der Fehlbildung bei der Prognose Bedacht genommen werden.

Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht von 1000-1500 g oder von 28. bis 30. SSW zeigen in 10-25%, sehr kleine Frühgeborene unter 1000 g Geburtsgewicht oder unter 28 Schwangerschaftswochen in 20-30% der Fälle behandlungsbedürftige Entwicklungsstörungen wie beispielsweise Bewegungsstörungen, Koordinationsstörungen, Krampfanfälle, Blindheit, Taubheit sowie Störungen der geistigen Entwicklung. Etwa ein Drittel der kleinen Frühgeborenen zeigt Verhaltensauffälligkeiten wie eine leichtere Irritierbarkeit, Aufmerksamkeitsstörungen und Probleme im Sozialverhalten.

Bei Frühgeborenen sind bestimmte Hirnregionen noch Jahre nach der Geburt verkleinert, ein Effekt, der bei Buben stärker als bei Mädchen ausgeprägt ist; beschrieben werden die Bereiche, in denen zu früh Geborene häufig Defizite aufweisen. (Journal of Pediatrics Bd. 145, S. 242).

Frühgeborene Kinder mit einem sehr niedrigen Geburtsgewicht bieten aber im Alter von acht Jahren ebenso gute geistige Leistungen wie der Durchschnitt. Zu diesem Ergebnis kommen amerikanische Forscher in der Fachzeitschrift JAMA (Bd. 289, S. 705).

Die meisten Frühgeborenen können nach Hause entlassen werden, wenn sie ein Gewicht von etwa 2000 g erreicht haben, das ist meist um den ursprünglich errechneten Geburtstermin der Fall.

© www.kinderarzt.at by Dr. Peter VoitlDr. Peter Voitl