Küsschen von Gott?

Manchmal winzig klein, mal nicht zu übersehen: Rund zehn Prozent aller Babys haben einen Blutschwamm. So ein Hämangiom ist meist harmlos, trotzdem fragen sich Eltern, wann und wie behandelt werden muss. Eine Mutter berichtet.
Große Kulleraugen, ein herzförmiges Gesichtchen und ein liebes Lächeln. Sofie (8 Monate) hat ein richtiges niedliches Puppengesicht – findet ihre Mutter Anja. Doch Fremde gucken meist betreten weg, wenn sie das kleine Mädchen sehen. Denn Sofie hat einen Blutschwamm im Gesicht. „Diese Blicke und auch manche Kommentare tun schon weh.“ sagt Anja.
 
Schon bei ihrer Geburt hatte Sofie am Kopf einen kleinen roten Punkt. Umso älter sie wurde, desto grösser wurde der Fleck. Als sie etwa ein Jahr alt war, hatte er einen Umfang von etwa fünf Zentimetern. „Der Kinderarzt hat die Stelle immer beobachtet, es ist eindeutig ein gutartiges Geschwulst, flach und muss nicht behandelt werden. Allerdings hat die Hautärztin uns erklärt, dass es einfache Behandlungsmethoden gibt.“ Auch wenn der Kinderarzt es nicht unbedingt für notwendig hält, Sofies Eltern möchten, dass ihre Tochter ohne entstellendes Mal im Gesicht aufwächst.
 
Was genau ist ein Blutschwamm?
So ein Blutschwamm (Hämangiom) ist eine meist gutartige Geschwulst. Diese Gewebeveränderung wird von Fachleuten auch Tumor genannt, eine Bezeichnung, die Eltern nicht ängstigen sollte. Meist sind Blutschwämme völlig harmlos.
 
Genau genommen handelt es sich um erweiterte oder wuchernde Hautgefäße wie einen Schwamm, daher auch die Bezeichnung. Experten gehen davon aus, dass etwa drei Prozent aller Säuglinge betroffen sind. Etwa dreißig Prozent aller Blutschwämme sind schon beim Neugeborenen zu sehen, die anderen treten in der zweiten bis fünften Lebenswoche auf. Frühchen, Mehrlinge und Mädchen sind häufiger betroffen.
 
Anders als Muttermale wachsen Hämangiom immer weiter und in den meisten Fällen schrumpfen sie dann wieder, um irgendwann zu verschwinden. Das kann ein langsamer Prozess sein, der bis zu zehn Jahren dauern kann, aber 80 Prozent aller Blutschwämme verschwinden ganz oder teilweise von alleine.
 
Blutschwämme sind manchmal klein und eher unauffällig, oft auch auf der Kopfhaut, manche aber sind sehr groß und entstellend – denn sie treten meist im Gesichtsbereich auf. Am Auge etwa können sie die Sicht des Kindes beeinflussen. Auch wenn sie sich zurückbilden, können Narben bleiben. Wieso sich Hämangiome bilden, ist noch nicht erforscht. Daher ist es nicht möglich, sie zu vermeiden. Sie sollten aber auf jeden Fall vom Arzt genau untersucht werden um zu klären, ob und wie behandelt werden sollte.
 
Welche Formen von Blutschwämmen gibt es?
Es gibt verschiedene Formen, die daran unterschieden werden, wie tief sie unter die Haut gehen. Oberflächliche Blutschwämme (kapilläre Hämangiome) sind sehr kleine Blutgefäße, der daraus gebildete Blutschwamm ist eher klein und tiefrot. Sie bilden sich an der Haut, sehen oft erdbeerartig aus und bilden sich in fast immer selbst zurück.
 
Tiefe Blutschwämme (kavernöses Hämangiom) werden aus großen Blutgefäßen gebildet. Oft sind sie auch unter der Haut. Sie sind rötlich und bilden einen weichen Knoten auf der Haut, der auch bläulich schimmern kann. Es gibt auch die Variante die noch mehr unter der Haut liegt, nur schwach bläulich schimmert und sich selten zurückbildet.
 
Wann muss behandelt werden? 
Die meisten Blutschwämme sind nicht schön, aber harmlos. Tiefe Blutschwämme können allerdings dann gefährlich werden, wenn sie wichtige Organe blockieren, und dem Kind das Sehen, Hören oder Atmen dadurch schwer fällt. Dies gilt vor allem für Hämangiome, die direkt am Auge oder am Ohr wachsen. Sie sollten so rasch wie möglich entfernt werden.
 
In den meisten Fällen sind sie zwar nicht schön anzuschauen, aber harmlos. Gefährlich können Hämangiome werden, die man nicht sieht. Einige wachsen nicht auf der Haut, sondern im Körper und können dadurch lebenswichtige Organe blockieren oder das Atmen, Sehen, Hören oder sogar die Nahrungsaufnahme behindern. Das gilt auch für Blutschwämme, die sehr dicht am Auge oder an den Ohren wachsen. Diese Blutschwämmchen sollten möglichst sofort entfernt werden.
 
Gehandelt werden sollte auch, wenn das Blutschwämmchen sehr stark wächst oder Schmerzen zu verursachen scheint. Auf jeden Fall sollten sie in regelmäßigen Abständen vom Kinder- oder Hautarzt untersucht werden. Hat ein Kind mehr als drei äußerliche Blutschwämme, raten Experten dazu, dass ein Ultraschall gemacht werden sollte, um auszuschließen, dass innerliche Hämangiome vorliegen.
 
Welche Therapien gibt es?
 
Meist wird einfach abgewartet. Im ersten Lebensjahr wird generell von einer Therapie abgeraten. Hat sich der Blutschwamm dann noch nicht zurückgebildet oder ist er kosmetisch besonders unschön, kann er mit einer Lasertherapie oder durch Vereisung (Kyrotherapie) behandelt werden.
 
Besonders ausgeprägte Geschwulste werden unter Umständen auch operativ entfernt. Je nach  Größe des Blutschwammes muss die Therapie öfter wiederholt werden, nicht immer lassen sich Narben vermeiden.
 
Was können Eltern tun?
 
Wichtig ist, dass sich Eltern gut informieren und den Blutschwamm ihres Kindes beobachten. Sie sollten sich vor allem nicht von ihrer Umgebung irritieren lassen. Denn ein Eingriff ist wirklich meist nicht nötig, auch wenn Fremde oft meinen, man müsse dem Kind helfen. Nur wenn das Kind eindeutig unter dem Hämangiom leidet, ist eine Therapie wirklich nötig.
 
Sofies Eltern haben sich dafür entschieden, den Blutschwamm ihrer Tochter vereisen zu lassen. Die eigentlichte Behandlung hat bei den zwei Sitzungen nur wenige Sekunden gedauert. Narben hat die Kleine nicht behalten.
 
Anders haben sich die Eltern von Lena entschieden. Ihr Blutschwamm war bei der Geburt klein und als Lena etwa 18 Monate alt war, auf fast 15 Zentimeter gewachsen. Heute ist der rote Fleck im Gesicht der Dreijährigen nur noch blass zu sehen. Der Artzt geht davon aus, dass er in einem Jahr ganz verschwunden ist. „Wir erklären Lena immer, dass das die Stelle ist, wo der liebe Gott ihr ein dickes Küsschen gegeben hat, “ sagt ihre Mutter. 
 
Bild: novanews.org