Bettnässen

Von Bettnässen spricht man, wenn ein Kind im Alter von 5 Jahren oder älter noch regelmäßig einnässt. Bettnässen ist im Kindesalter sehr häufig.
 
Einnässen ist keine Krankheit an sich, sondern ein Symptom verschiedenener Ursachen; die häufigste Form, das unkomplizierte nächtliche Einnässen wird als Entwicklungsverzögerung betrachtet.
 
Jedes Kind braucht unterschiedlich lange, bis diese Reifung abgeschlossen ist und die Tage und Nächte „trocken“ sind. Bis zum Ende des fünften Lebensjahres spricht man noch nicht von Bettnässen, sondern nur von einer verzögerten Entwicklung. Wenn das Kind auch danach noch regelmäßig einnässt, sollte eine Durchuntersuchung veranlasst werden.
Bettnässen hat aber auch nach dem 6. Lebensjahr eine hohe Besserungsrate und kann auch gut behandelt werden. Die Behandlung der Enuresis richtet sich nach der Ursache der Störung.
 
 
Bettnässen wird in Einnässen tagsüber (Enuresis diurna) und nachts (Enuresis nocturna) eingeteilt. Es gibt auch kombinierte Formen.
 
Außerdem unterscheidet man eine primäre (das Kind war noch nie dauerhaft trocken) und eine sekundäre Enuresis (das Kind nässt wieder ein, nachdem es bereits dauerhaft trocken war).
 
Vom nächtlichen Einnässen sind ca. 10 % der 7-Jährigen betroffen, Buben etwa doppelt so häufig wie Mädchen. Am häufigsten ist die primäre Enuresis mit etwa 75%. Einnässen während des Tages ist generell seltener als das nächtliche Einnässen.
Trocken werden ist ein Reifungsprozess, Kinder lernen frühestens ab dem zweiten Lebensjahr, ein Gefühl für die Blasenfüllung zu entwickeln; die vollständigen Mechanismen zur Blasenkontrolle sind frühestens Ende des 4. Lebensjahres ausgereift. Zwischen dem 2. und 4. Lebensjahr kommt es hormonell bedingt zu einer ausreichenden Konzentration des Harnes in der Nacht. Eine langsamere Entwicklung ist möglich, ohne dass eine Störung vorliegen muss. Es gibt eine etwa 75prozentige Wahrscheinlichkeit, Bettnässer zu werden, wenn es in der Familie ebenfalls Bettnässer gab oder gibt.
 
Symptome und Therapie bei Bettnässen
Bettnässen (© panthermedia.net, Michal Bednarek)
Ursache
Bei der primären Enuresis geht man von einer Entwicklungsverzögerung des Kindes aus. Diese Form des Einnässens kann auch familiär gehäuft auftreten. Eine wichtige Rolle spielt dabei ein Hormon (Vasopressin oder ADH), das den Wasserhaushalt und die Blasenfüllung steuert und bewirkt, dass sich die Blase nachts weniger füllt. Das hat zur Folge, dass man nachts weniger oder gar nicht zur Toilette muss. Diese hormonelle Steuerung kann bei der primären Enuresis noch nicht ausreichend entwickelt sein.
Die Nieren von Säuglingen und Kleinkindern produzieren über 24 Stunden eine gleichmäßige Harnmenge, mit dem Älterwerden wird in der Nacht weniger, aber konzentrierterer Harn ausgeschieden. Dieser Rhythmus entwickelt sich beim Kind erst und braucht Zeit.  Bettnässen ist in hohem Maße vererbt.
 
Psychische Probleme können bei der primären Enuresis sowohl eine Folge als auch eine Ursache der Störung sein.
Wenn ein Kind, das bereits trocken war, wieder einnässt, also bei der sekundären Enuresis, stehen psychische Ursachen im Vordergrund. Oft finden sich Situationen im Umfeld, die für das Kind belastend sind. Auch das Einnässen tagsüber weist oft auf ein seelisches Problem hin. Es können auch andere Verhaltensauffälligkeiten bestehen. Selbstverständlich müssen organische Ursachen ausgeschlossen werden.
 
Die häufigste körperliche Ursache für Einnässen während des Tages ist der Harnwegsinfekt, es können aber auch epileptische Erkrankungen, Diabetes, neurologische Störungen oder Fehlbildungen der Harnwege (beispielsweise eine Harnröhrenverengung oder eine Fehlmündung der Harnröhre) eine Ursache sein.
 
Die primäre Enuresis nocturna ist gekennzeichnet durch tiefen Schlaf mit schwerer  Erweckbarkeit und eher häufigem Einnässen mit großen Harnmengen. Das Kind vollzieht letztlich eine Handlung (urinieren), bei der es normalerweise wach ist, ohne aufzuwachen.
 
Bei der sekundären Enuresis nocturna finden sich häufig psychische Begleitsymptome anderer Art, das Einnässen kann mit plötzlichen und unerwarteten Veränderungen im Leben des Kindes verknüpft sein.
 
Die Diagnostik beginnt mit einer ausführlichen Befragung über die Symptome und die bisherigen Behandlungsmaßnahmen. Eine körperliche Untersuchung und eine Untersuchung des Harns muss ebenso wie eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie) der Nieren durchgeführt werden, um körperliche Fehlbildungen auszuschließen.
Oft ist es hilfreich, die Häufigkeit des Wasserlassens und die entsprechende Harnmenge in einem 24-Stundenprotokoll zu notieren. Finden sich in dieser Basis-Untersuchung Hinweise auf eine organische Ursache, so können weitere diagnostische Schritte nötig sein.
 
 
Denn richtigen Zeitpunkt sollte das Kind selbst durch sein Interesse für die Ausscheidung bestimmen. Übermäßiges Sauberkeitstraining fördert den Reifungsprozess nicht, eine Hausregel lautet: „Wenn das Kind freihändig die Treppe hinunter gehen kann, kann frühestens mit dem Sauberkeitstraining begonnen werden.“
Verwenden Sie positive Verstärker: Lob hilft, Drohungen und Strafen können das Bettnässen unter Umständen sogar noch verschlimmern. Dem Kind hilft es mehr, wenn die Eltern es unterstützen und ihm das Gefühl geben, auch in dieser Situation dem Kind beizustehen. Wichtig ist es auch, die Anatomie und Funktion der Ausscheidungsorgane mit dem Kind zu besprechen und zu erklären, dass es auch noch viele andere Kinder gibt, die das gleiche Problem haben.
Die erfolgreiche Blasenkontrolle am Tag bedeutet nicht zwangsläufig auch eine Blasenkontrolle nachts. 
 
Die Windeln
Windeln soll man nachts verwenden, solange das Kind nicht die meiste Zeit trocken ist. Es sollte allerdings auch kein Kind gezwungen werden, Windeln tragen zu müssen. Verwenden Sie Windeln nicht als Strafe! Natürlich soll auch kein Kind gezwungen sein, in einem nassen Bett zu schlafen. Hier können Betteinlagen oder sogenannte „Bettnässer – Unterhosen“ für Kinder aus Stoff  hilfreich sein. Geben Sie Ihrem Kind auch wieder Selbstsicherheit, indem Sie es ermutigen, andere Tätigkeiten auszuführen, die seinem normalen Alters- und Entwicklungsstand gerecht sind.
 
Es gibt keine spezifische Assoziation mit bestimmten psychischen Auffälligkeiten. Risikofaktoren vor allem bei der sekundären Enuresis beziehen sich auf einerseits auf Verluste im weitesten Sinn wie zum Beispiel Trennung, Scheidung, Todesfälle, Geburt eines Geschwisters, extreme Armut, Delinquenz der Eltern, Deprivation, Vernachlässigung, mangelhafte Unterstützung bei Entwicklungsschritten; andererseits auf einen Krankheitsgewinn durch Regression (Die Ausscheidung zieht Zuwendung in Form von Versorgungshandlungen durch Eltern nach sich). Auch bei starkem Stress kann es zum Verlust bereits erlernter Fähigkeiten kommen.
 
Die Behandlung richtet sich nach der Art des Einnässens. Genauso falsch wie die Haltung „alles ist körperlich verursacht“ ist auch die Haltung „alles ist psychisch bedingt“. Nur eine genaue diagnostische Abklärung – sowohl der medizinischen wie auch der psychischen Komponenten – kann Aufschluss darüber geben, welche Form der Behandlung die für das jeweilige Kind angebracht ist. Das kann sowohl eine medizinische Behandlung als auch eine Psychotherapie oder auch beides umfassen.
 
Der erste Schritt der medizinischen Behandlung besteht in einer Beratung und Information der Familie über das Bettnässen. Hilfreich ist das Führen eines Kalenders mit Eintragung der trockenen Nächte. Diese Protokolle (z.B. mit Sonne und Regen) sind bei kleineren Kindern sehr beliebt und erhöhen die Aufmerksamkeit auf den zu machenden Lernschritt. Dieses System hat aber nur dann einen Sinn, wenn Ihr Kind in etwa genauso oft trocken wie nass ist. Von einer bestrafenden oder bloßstellenden Anwendung muss jedoch strikt abgeraten werden.
Für Kinder ab dem 7.Lebensjahr stehen Klingelmatten oder Klingelhosen, die beim Einnässen ein Signal abgeben, zur Verfügung. Dadurch wird das Kind geweckt und lernt, wach zu werden, wenn die Blase gefüllt ist. Den Erfolg einer derartigen Behandlung sehen Sie an den immer kleineren Nässestellen auf dem Bett; das Ziel der Behandlung ist erreicht, wenn Sie oder Ihr Kind aufwachen, bevor Urin ins Bett geht.
Ein Klingelgerät stellt einen beträchtlichen Aufwand für die Familie dar; die Anwendung sollte also nur bei gleich guter Motivation von Eltern und Kindern erfolgen. Die genaue Erfolgsrate einer solchen Methode ist nicht genau bekannt, es werden Zahlen zwischen 10-60 Prozent berichtet. Die Rückfallsquote liegt etwa bei 15-35 Prozent.
Auch eine stationäre Behandlung kann bei sonst schwer behandelbaren Kindern hilfreich sein.
 
Zahlreiche Methoden wurden ausprobiert, ohne besonders erfolgversprechend zu sein: Strafen hilft nicht (dahinter steckt Glaube an eine bewusste Absicht); starke Flüssigkeitseinschränkung am Abend auch nicht; es ist besser am Morgen mehr zu trinken, als es am Abend zu verbieten (Das Vermeiden von übermäßiger Flüssigkeitszufuhr am Abend ist aber sinnvoll).
Wenig aussichtsreich ist ein Blasentraining: Hierbei wird versucht durch langes Zurückhalten des Harns die Kapazität der Blase zu steigern. Meist besteht aber eine normale Blasenkapazität bei übergroßer Harnmenge. Ein schlafendes Kind aufs Klo zu setzen  ist wenig sinnvoll, da eine Rhythmusumstellung nur dann erfolgt, wenn das Kind bewusst mitarbeiten kann.
 

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