Begeistert hebt das kleine Mädchen die Arme über den Kopf. Sie hält sich die Hände wie Ohren auf den Kopf und wackelt mit den Fingern. Dabei guckt sie ihre Mutter fragend an. „Ja, das stimmt, das Kuscheltier ist ein Hase“, antwortet die und lacht. Neben dem Hasenmädchen steht ein Einjähriger und führt immer wieder seine Fingerspitzen an den Mund und macht dabei eine Nuckelbewegung. „Nein, jetzt sind wir hier im Kurs, da gibt es den Schnuller nicht“, sagt sein Vater.
Im Mittelpunkt der Kurse steht die Freude an Kommunikation
Eine typische Szene für einen Babysignal-Kurs? Seit einigen Jahren schon ist die Idee, dass sich Babys und Kleinkinder mit Gebärden ausdrücken können, auch in Deutschland angekommen. Unter dem Namen „Babysigning“ gab es erste Ansätze in den USA, in den 90ern wurden Kurse „Babysign“ Kurse dort so beliebt wie hier Pekip-Angebote. Die Pädagogin Wiebke Gericke fand die Idee sehr interessant. Sie arbeitete mit in der sprachlichen Frühförderung von hörenden Kindern gehörloser Eltern und konnte beobachten, wie sich die Eltern mit ihren noch sehr kleinen Kindern schon mit Gebärden verständigen konnten. Im Jahr 2005 entwickelte Wiebke Gericke das Konzept babySignal – für hörende Kinder von hörenden Eltern.
„Es ist ganz wichtig, dass im Kurs nicht darum geht, dass die Kinder möglichst viele Zeichen lernen“, erklärt sie. Im Mittelpunkt der babySignal-Kurse steht die Freude am Sichmitteilen. „Es ist kein Lernprogramm, sondern eine spielerische Erweiterung der Kommunikation“, sagt Wiebke Gericke. Denn auch Babys teilen sich sehr gerne mit, einige können richtig frustriert sein, wenn sie sich unverstanden fühlen.
Gebärden oder Gesten?
Die Babyzeichensprache ist keine Kunstsprache. Die Gebärden sind festgelegte Handbewegungen aus der Deutschen Gebärdensprache (DGS). Mit Gesten teilen wir uns auch ohne Wörter instinktiv mit, aber ein Kopfschütteln oder ein Hochheben der Arme kann in jeder Familie etwas anderes bedeuten. Gebärden hingegen sind wie festgelegte Vokabeln der Sprache.
![]() Einige Eltern sorgen sich, dass das Kind dann nicht richtig sprechen lernen könnte. In Deutschland wurde dieser Aspekt von Wissenschaftlern noch nicht erforscht. In den USA zeigen Studien, dass die Sprachentwicklung nicht gehemmt wird. Wiebke Gericke: „Wir beobachten, dass die Gebärden die Freude am Mitteilen bei Kindern wecken. Wenn Babys Eltern haben, die mit Ihnen gebärden, können sie schon früh wichtige Zeichen machen.“ Und sich mitteilen, wenn die Sprache noch schwierig ist, etwa durch das Zeichen für DURST oder NOCHMAL. „Wenn die Kinder dann anfangen zu sprechen, nutzen sie oft Wörter und Gebärden, etwa um einen Wunsch zu unterstreichen. Nach und nach fallen dann die Gebärden weg. Aber den Kindern bleibt eine gewisse Fingerfähigkeit. Sie haben ein anderes Verständnis von Sprache und begreifen im wahrsten Sinne des Wortes, vieles sehr schnell“, sagt Wiekbe Gericke. In Kursen – die mittlerweile bundesweit von ausgebildeten Pädagogen angeboten werden – beginnen schon für die ganz Kleinen. Zunächst steht einfach das Miteinander von Eltern und Kind im Mittelpunkt. Es geht nicht darum, dass die Babys die Gesten der Eltern nach machen. „Wenn ein Kind mit sechs Monaten Gebärden gezeigt bekommt, dauert es, bis es selbst gebärdet. Manche zeigen die erste Gebärde mit acht Monaten, andere mit einem Jahr.“ Für die Klitzekleinen sind die Gebärden oft eine Erweiterung von Fingerspielen, die Bedeutung begreifen sie, wenn sie merken, dass Eltern die Gebärden nutzen, um etwas zu unterstreichen. Etwa: „Schau mal, da ist ein HUND.“ Hilfe bei der Kommunikation und beim Grenzen setzen Auch beim Grenzen setzen können Gebärden Eltern helfen. Sie machen es einfacher, klare Ansagen zu geben. Etwa, wenn eine Spielsituation beendet werden soll. Statt langer Diskussionen, können kurze knappe Sätze unterstrichen durch Gebärden besonders wirkungsvoll sein. Wenn ein zweijähriges Kind auf dem Spielplatz weiterrutschen will, könnten Eltern eine lange Ansage machen: „Du, die Zeit wird knapp, komm jetzt zum Ende, damit wir dann mal losgehen können, der Papa wartet schon.“ Ein klares: „EINMAL noch, dann ist SCHLUSS“ ist wirkungsvoller. Für wen sind Babygebärden geeignet? Entscheidend ist, dass Eltern auch selbst Lust haben, die Hände zu bewegen und ihre eigenen Worte mit Gebärden zu unterstreichen. Durch das Austauschen von wortloser Kommunikation lernen Eltern auch verstärkt auf Reaktionen ihres Kindes achten. Vor allem aber macht Kinder und Eltern das gemeinsame Miteinander einfach Spaß. „Die Gebärden für Babys sollten nicht zu Ernst genommen werden“, erklärt Wiebke Gericke. „Sie sollten einfach als Spiel betrachtet werden und mit manchen Gebärden kann man herrlich Quatsch machen. Babys lieben das.“
Möchten Sie gern mehr über die Babysignal-Kurse erfahren? Hier bei Youtube finden Sie einen kleinen Film, in dem Wiebke Gericke das Konzept anschaulich erklärt. Mehr Informationen:
Bild oben: Die Gebärde „Hase“© Knut Gärtner
|