Schon vor dem ersten positiven Schwangerschaftstest überlegen viele Paare scherzhaft, wie sie ein Baby nennen würden. Doch eines Tages ist es wirklich soweit: ein kleiner Mensch kündigt sich an. Und plötzlich verliert die Namensfrage ihre Leichtigkeit. Kylie oder Klara? Jonathan oder Joost? Ziemlich schnell wird klar, dass es gar nicht so einfach ist, Namen zu finden, die beiden gefallen. Doch wenn diese schwere Hürde geschafft ist, wartet schon die nächste auf die werdenden Eltern. Soll man den Namen schon vor der Geburt verraten?
Eine ähnliche Frage stellt sich schon beim Geschlecht des Babys. Denn spätestens in der Mitte der Schwangerschaft zeigen die Ultraschallbilder deutlich, ob in wenigen Monaten ein kleines Mädchen oder ein kleiner Junge auf die Welt kommen wird. Ist es klug, das auch schon der Verwandtschaft und den Freunden mitzuteilen? Viele Eltern machen das – oft allerdings ohne Absicht, aber sie sprechen untereinander von „ihm“ oder „ihr“ oder verraten sich durch den Einkauf eindeutig rosafarbener Strampler oder durch die Kinderzimmereinrichtung.
Geheimnis aus Tradition oder als Schutz vor bösen Geistern?
Promis wie Penélope Cruz und Javier Bardem machen aus den Namen ihrer Kinder oft ein Geheimnis. Erst Wochen nach der Geburt wurde bekannt, dass der Kleine Leo heisst. Ähnlich wird es auch im dänischen Königshaus praktiziert – erst zur Taufe erfährt die Öffentlichkeit die Babynamen.
Die Dänen folgen damit den sehr traditionellen Weg – im Mittelalter war es in ganz Europa üblich, den Namen zur Taufe zu verraten, die Taufe wurde allerdings auch wenige Tage nach der Geburt gefeiert. Üblicherweise bekamen die Kinder die Namen der Taufpaten. Dies schränkte die Namenswahl doch sehr ein.
In vielen Kulturen gilt es als Unglücksbringer, den Namen vor der Geburt zu verraten. In China gibt man ungeborenen Kindern extra falsche Namen, um böse Geister fernzuhalten. Auch Säuglinge erhalten erst einen „Milchnamen”, der oft an ein wenig attraktives Tier erinnert, damit die Geister getäuscht werden und das Kind nicht entführen. Den richtigen Namen bekommt das Kind erst, wenn es älter ist.
Bei uns ist es oft weniger die Angst vor Unglück oder bösen Geistern. Die meisten werdenden Eltern mögen den Namen ihres Kindes nicht verraten, weil sie nicht möchten, dass sich Freunde und Verwandte in die Namenswahl einmischen. Das mag mit dem Trend zu seltenen und exotischen Namen zusammenhängen. Denn wenn den frischgebackenenen Großeltern mitgeeilt wird: ‚Hurra, Linnea-Elinor ist geboren!‘ dann freuen sie sich zunächst darüber, dass Enkelkind und Mutter wohlauf sind. Ist der Name auf der Geburtsurkunde, nützt meckern ja auch nichts. Aber wenn noch vor der Geburt mitteilt wird, dass die Bauchkugel auf den Namen Flemming-Lennox hören soll, wird das sicher viele Kommentare nach sich ziehen.
Und auf diese Art von Diskussion haben Paare, die sich endlich nach monatelanger Debatte geeinigt haben, wenig Lust. Gerade Eltern, die sich einen eher seltenen Namen ausgesucht haben, befürchten, dass Nachahmer ihnen den Namen klauen und er so an Seltenheitswert verliert.
Es gibt zwei Gruppen: Die ‚Geheimnisvollen‘ und die ‚Mitteilsamen‘
Grob gesagt kann man heutzutage Eltern in zwei Gruppen einteilen. Die „Geheimnisvollen“ sind Traditionalisten. Sie möchten meist nicht einmal preisgeben, ob sie einen Jungen oder ein Mädchen erwarten und vertrauen den Namen absolut niemanden an – auch nicht ihrem engstem Freundeskreis oder den nahen Verwandten.
Die „Mitteilsamen“ hingegen gibt es so extrem erst seitdem die vorgeburtliche Prognose so genau geworden ist. Ist der Ultraschall eindeutig, so reden sie ihr ungeborenes Kind auch mit dem ausgewählten Namen an – und sprechen auch nur noch von Julian. Typisch für diesen Elterntyp ist dann auch die Facebook-Mitteilung an alle 120 Freunde: „Waren heute beim Ultraschall. Nun steht fest: im November erwarten wir Olivia.“
Was tun, wenn alle den Namen furchtbar finden?
Paare, die besonders extrem zur Gruppe der „Mitteilsamen“ oder der der „Geheimnisvollen“ gehören, haben oft Probleme. Denn was, wenn alle den ausgewählten Namen ganz furchtbar finden? Wäre es nicht vielleicht doch besser gewesen, dies vorher zu wissen? Oder wenn die Namenswahl gar ein Tabu bricht, weil Mareike der Name von Opas erster Frau ist, die er aber nie erwähnt hat? Wer den Namen völlig geheim hält, kann böse Überraschungen erleben.
Aber auch für die besonders kommunikativen Eltern ist es nicht immer einfach. Was, wenn sie nach der Geburt feststellen, dass Carmen so zart und kahlköpfig ist, dass der Name gar nicht passt? Und was soll eigentlich in der Geburtsanzeige stehen, wenn jeder schon das Geburtsdatum und den Namen kennt? Nicht zu vergessen, dass diese Eltern viele Menschen um sich haben werden, die mit ihnen den Namen diskutieren wollen. Den offiziell ist der Name nun einmal erst, wenn er beurkundet ist.
Natürlich gibt es auch Mischformen. Paare, die nur wenigen Freunden oder dem engsten Familienkreis den ausgewählten Namen verraten. So würde eine böse Mareike-Überraschung nicht passieren – der Opa könnte jedenfalls vorgewarnt werden oder die Eltern sich doch noch einen anderen Namen suchen.
Viele Eltern nutzen auch Internet-Foren, wie etwa auch das liliput-lounge Forum, um mit anderen den Namen zu diskutieren. Ist er wirklich eine gute Wahl? Wie klingt er? So bekommt man ein Feedback, aber im realen Leben bleibt das Geheimnis zunächst noch ungelüftet.
Bild: © Svitlana Pavzyuk für istockphoto.com
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