Endlich, endlich den Mutterpass in der Hand? Ganz so ist es bei der zweiten Schwangerschaft nicht. Denn der Mutterpass ist ja schon da. Die zweite Schwangerschaft ist anders als die erste. Nicht mehr ganz so neu und doch auch wieder sehr aufregend. Wann man die freudige Nachricht der Welt mitteilt? Das ist schon beim ersten Kind keine leichte Entscheidung.
Bei einer zweiten Schwangerschaft fragen sich Eltern allerdings weniger, wann Oma und Opa die gute Nachricht hören sollen. Es geht meist um einen eher kleinen Menschen. Denn wann ist der richtige Zeitpunkt, einer zukünftigen großen Schwester oder einem baldigen älteren Bruder vom Familienzuwachs zu erzählen? Wird das Geschwisterkind sich freuen oder eifersüchtig sein? Und wie bereitet man es auf die neue Familiensituation richtig vor?
Von Anfang an erzählen?
Es gibt werdende Eltern, die hüten das Wissen um eine frühe Schwangerschaft wie einen Schatz. Erst wenn die kritischen ersten Wochen vorbei sind und auch das Risiko einer Fehlgeburt gering ist, möchten sie die Umwelt einweihen. In so einem Fall sollte auch das ältere Kind zunächst noch nicht eingeweiht werden.
Denn ein Kindergartenkind wird seinen Freunden und den Erzieherinnen gern die freudige Nachricht übermitteln. Es ist selbst so überwältigt von der Neuigkeit, dass Sie es nicht zum Stillschweigen verpflichten können. Ein Schulkind hingegen sollten sie schon bald einweihen – denn gerade auch wenn die Schwangerschaft nicht so verläuft wie gewünscht, wird das Kind dann besser verstehen, warum es eventuell den Eltern nicht gut geht.
Wer die Schwangerschaft aber auf jeden Fall Freunden und Verwandten mitteilen möchte, sollte dann auch das Kind einweihen – auch wenn es noch kleiner ist. Denn wenn das Kind von Dritten eingeweiht wird, etwa weil jemand darauf anspricht, fühlt es sich schnell ausgeschlossen.
Welches der richtige Weg ist, sollte jede Familie für sich entscheiden. Die Autorin Stephanie Schaeffler rät: „Je jünger das Kind, desto später braucht es zu erfahren, dass ein Geschwisterchen unterwegs ist.“ Ein knapp Einjähriger kann mit der Erklärung, dass ein Baby in Mamas Bauch ist, nicht anfangen. Eine Fünfjährige hingegen wird rasch bemerken, dass der Mutter schnell übel ist und sie sich anders verhält.
Viele Eltern machen sich Gedanken, dass sie ihren Kindern nicht nur erklären müssen, dass die Familie größer wird, sondern dass auch gleich detaillierte Aufklärung betrieben werden muss. Doch das muss gar nicht sein, meint Stefanie Schaeffler. Kinder bis zu drei Jahren bräuchten keine Erklärungen. Es reiche, wenn man ihnen sagt: „Das Baby wächst im Bauch der Mama.“
Keinen Jubel erwarten
Kleine Kinder sind manchmal sehr sensibel. Sie spüren Veränderungen und können ihre Empfindungen nicht in Worte fassen. Und auf die frohe Nachricht, dass sich die Familie erweitern wird, reagieren sie eventuell sehr verhalten. Eltern können dies oft nicht ganz verstehen – sie selbst freuen sich doch so sehr. Aber für Kinder ist das alles verwirrend.
Die dreijährige Tochter einer Freundin war zunächst wie versteinert. In den nächsten Tagen war sie abwechselnd besonders nähebedürftig, dann aufbrausend und aggressiv. Ihre Eltern waren verwirrt. Doch dann sagte die Kleine eines Abends: „Warum braucht ihr denn ein neues Kind? Wollt Ihr mich wirklich umtauschen?“ Die Wortwahl: „Wir bekommen ein neues Kind“ hatte das Mädchen so verstört. Und seine Reaktion macht deutlich: für das Erstgeborene ist es besonders wichtig, dass Eltern klarmachen, dass die Eltern es auch noch genauso lieb haben werden, wenn das Baby da ist.
Auch wenn die Kinder älter sind und die Situation besser einschätzen, so kann auch schon in der Schwangerschaft Eifersucht aufkommen. Denn plötzlich ist nur noch die Rede vom Baby. Aufmerksam wird das Kind auch bei Freunden beobachten, welche Rolle dort kleine Geschwister spielen. Und eventuell wird es einige Befürchtungen haben. Kinder, die sehr abweisend oder gleichgültig wirken, wenn sie von der Schwangerschaft erfahren, könne liebevolle Geschwister werden. Sie können zunächst nur einfach noch nicht wissen, wie sich die Familie ändern wird und was es für das eigene Leben bedeutet.
Ganz wichtig ist, dass Eltern dann ehrlich sind und keine falschen Erwartungen wecken. Denn sonst ist die Enttäuschung vorprogrammiert. Natürlich wird das Baby eben noch nicht mit Spielen können –es kann ja zunächst noch nicht einmal richtig gucken oder den Kopf heben.

Die Großen mit einbeziehen
Es gibt vier Worte, die bei Kindern magisch wirken können: „Wir bekommen ein Baby“. Schon in der Schwangerschaft kann das Geschwisterkind mit einbezogen werden. Es ist wie ein Wunder für sie, das in Mamas Bauch ein richtiger kleiner Mensch heranwächst. Kindern machen kleine Computeranimationen Spaß, die zeigen, wie das winzige Kindchen im Mutterleib immer mehr wächst. Es gibt viele schöne Bilderbücher, die Kinder altersgemäß auf das neue Familienmitglied vorbereiten. Und auch die ganz Kleinen können daran Freude haben.
Je älter das Kind ist, umso mehr können Sie es in das gemeinsame „Familienprojekt“ einbeziehen. Es kann helfen, einen Namen auszusuchen und gemeinsam mit den Eltern in den alten Kisten wühlen, Babywäsche und Spielzeug sortieren und das Babyzimmer mit einrichten. Besonders spannend finden Geschwister auch einen Besuch beim Frauenarzt – nämlich dann wenn sie auf dem Ultraschall tatsächlich etwas sehen können oder den Herztönen lauschen können.
In einigen Städten gibt es – bei Hebammen oder in Geburtskliniken- auch „Geschwisterschulen“. Hier können Kinder mehr darüber lernen, was Säuglinge in den ersten Wochen können und wie sie dem neuen kleinen Menschen die Welt zeigen können. Für Kinder ab circa fünf Jahren kann das ein tolles Erlebnis sein. Aber auch ohne so eine Schule können Erstgeborene Erfahrungen sammeln: Indem sie schon vor der Geburt des eigenen Geschwisterchens Babys kennen lernen. Besuche bei Freunden mit Säuglingen können daher eine wunderbare Vorbereitung sein.
Kurz vor der Geburt
Wenn Mama ihren Klinikkoffer packt, kann sie sich vom Kind helfen lassen. Idealerweise kennt das Kind das Krankenhaus vom Sehen. Hier kann auch ein Fotoalbum helfen. Mit Bauchbildern aus der ersten Schwangerschaft. Und den ersten Babybildern: „Guck mal so klein wie du, ist unser Baby dann auch.“
Doch auch wenn die „Großen“ miteinbezogen werden und sich begeistert mit dem Babybauch beschäftigen, sind sie oft kurz vor der Geburt besonders quengelig oder babyhaft. Sie verstehen nicht wirklich, was passiert, spüren aber die Anspannung. Auch wenn schwer fällt, hier ist jetzt einfach viel Nähe und Verständnis gefragt.
Ganz wichtig ist, dass Eltern sich vorher ganz genau überlegen, wie die Betreuung des Geschwisterkindes bei der Geburt sein soll. Kommen etwa Oma und Opa um den Stichtag herum zu Besuch und hüten ein? Oder soll der werdende Vater erst die Mutter im Kreißsaal abliefern und dann das Erstgeborene zur Tagemutter bringen? Auf jeden Fall ist es für die Eltern sehr ein gute Gefühl, wenn alles gut organisiert ist – und für das Kind ist es wichtig, dass es genau weiß, was auf es zukommt. Dass es eben nicht alleine bleiben wird, sondern dass jemand da ist, wenn Mama und Papa ins Krankenhaus müssen.

Der besondere Moment
Sicher gibt es die Möglichkeit ambulant zu entbinden – für die Geschwister ist es natürlich schön, wenn die Mama und das winzige Baby so schnell wie möglich wieder zu Hause sind. Doch in den meisten Fällen ist dies für die Frischentbundene reichlich stressig. Wer dies überlegt, sollte enge Rücksprache mit dem Frauenarzt und der Hebamme halten.
Die überwiegende Mehrheit der Eltern entscheiden sich für eine Geburt in der Klinik. Und der besondere Augenblick ist der, in dem das frischgebackene Geschwisterkind an Papas Hand in der Tür des Klinikzimmers steht. Es ist der Moment, in dem zum ersten Mal eine vierköpfige Familie zusammen ist und die Eltern sagen können: „Wir alle haben ein Baby bekommen.“