Angeber-Eltern nerven!

Wir kennen sie vom Spielplatz und aus Wartezimmern: Angeber-Eltern. Deren Super-Baby schläft lässig durch, während Mami top-gestylt auf der Silvester-Party tanzt. Warum einige Eltern sich durch protzen hevorheben müssen und wie man sich am besten dagegen wehrt…
Sie lauern überall. Auf Spielplätzen und im Wartezimmer des Kinderarztes: Angeber-Eltern. Vor allem Vorzeige-Muttis mit Super-Kindern können besonders nerven. Svenja (32) war in den Weihnachtsferien in ihrer alten Heimatstadt Hannover. „Meine Cousine war mit ihrer einjährigen Tochter auch gekommen. Das war schlimm.“
Denn Svenja hat einen einjährigen Sohn. „Die ganze Zeit hat Petra verglichen, ihre Tochter kann schon laufen, spricht mehr Worte, hat mehr Haare und ist eben ein Super-Baby, das selbstverständlich durchschläft.“ Svenjas Tim guckt noch immer sitzend und glucksend in die Welt hinein. „Ich sehe das auch entspannt, jedes Kind hat ein anderes Tempo, aber dieses Prahlen hat echt genervt. “ Angebende Eltern sind anstrengend. Und meist sind es die Mütter, die nicht genug davon bekommen, was für ein Bilderbuchbaby sie selbst, die perfekten Mütter, hinbekommen haben.
Prahlende Vorzeige-Eltern
Nervende Super-Eltern - und was dagegen hilft (© panthermedia.net darko64)
Mütter haben mehr Zeit zum Angeben
Warum gerade die Mütter? Simone Kirchner, Psychologin des Berliner Familienplanungs-zentrums „Balance“, erklärt: „Mütter verbringen mehr Zeit mit den Kindern als Väter.“ Ihre Aufmerksamkeit sei mehr auf Mitmenschen gerichtet, vor allem aber hätten sie viel mehr Gelegenheit als Väter bei Stillgruppen, Verwandtentreffen und in der Nachbarschaft zum Angeben.
Es sind bestimmte Frauen, die sich selbst immer gern an Anderen messen und auch ihr Kind von Geburt an einem Wettbewerb aussetzen. Das erste Lächlen, den Kopf heben oder das erste Wort? Wer ist schneller, das Nachbarbaby oder der eigenen Nachwuchs? Welches Baby wiegt bei der Geburt mehr, hat die schöneren Augen oder die bessere Feinmotorik? Natürlich kann man die Entwicklung von Kindern vergleichen. Doch jedes Baby hat nun einmal andere Fähigkeiten.
Angeber-Eltern vergleichen aber natürlich auch den edlen Kinderwagen, den teueren Frühförderungskurs „Chinesisch für Säuglinge“ und das Designer-Outfit. Und sich selbst. Denn Angeber-Eltern schlafen früh durch, haben alle Bücher der angesagten Erziehungsgurus gelesen und wissen stets einen guten Rat für die armen anderen Unwissenden. Ob die wollen oder nicht.
Die Aufwertung des einen Kindes, wertet das andere ab
Wie wehrt man sich gegen diese Supermuttis, die Silvester top-gestylt im Abendkleid verbringen und mit schlummernden Baby im Arm hold wie eine Madonna lächeln? Wohingegen man selbst mit Struppi-Frisur, schreienden Kind und praktischem Pulli mit Spuckflecken da steht?
Die Kommunikationstrainerin Barbara Berckhan trainiert seit zwanzig Jahren Schlagfertigkeit. Wer mit einer blöden Bemerkung, und dazu gehört ja auch Prahlerei, konfrontiert wird, steht zunächst unter Schock. Denn mit der Aufwertung des einen Kindes wird das eigene abwertet. „Das uns in einer solchen Situation keine passende Erwiderung einfällt, ist völlig normal und nachvollziehbar. Hinzu kommt, dass in unserer Gesellschaft die meisten von uns über antrainierte Hemmungen verfügen, die sie daran hindern, einer Person, die ihnen auf den Fuß getreten ist, sofort an die Kehle zu gehen,“ so Barbara Berckhan.
Schutz gegen Prahlerei: Königliche Haltung und Gelassenheit
Ihre Empfehlung für unangenehme Situationen: eine würdevolle Haltung einnehmen. „Das heißt: sofort den Rücken aufrichten, Blickkontakt mit dem Gegenüber herstellen, ein königliches Gesicht aufsetzen, das Kinn eine Spur höher nehmen und zwei-, dreimal tief durchatmen. Das ist eine der interessantesten Methoden, dem anderen auch ohne Worte mitzuteilen, dass man als Queen so ein Niveau nicht nötig hat.“
Wer keine Lust auf so ein königliches Schutzschild gegen Angeber-Eltern hat, kann auch selbstbewusst auf die Prahlerei reagieren: „Amelie kann schon laufen. Blöd, da müsst ihr eher Schuhe kaufen.“ Auf Gehässigkeiten empfiehlt sich auch eine offene, sachliche Haltung. Fakten einfach bestätigen. „Stimmt, Karina kann tatsächlich noch nicht krabbeln.“ Nervige Ratschläge können einfach ignoriert werden oder mit einem „Unser Kinderarzt hat auch ein langes Studium“ ins Lächerliche gezogen werden.
Traurig, wenn jemand Lob und Anerkennung durch protzen sucht
Und die verzottelte Spuck-Pulli Mutti versus gestylter Super-Mama? Da hilft nur die majestätische Haltung und eine reelle Portion Gelassenheit. Denn eigentlich ist es doch traurig, wenn jemand meint, sich Lob und Anerkennung nur durch Prahlerei holen zu können. Wetten, dass auch die andere Mutter oft mies aussieht? Eine Bekannte hat monatelange meinen Neid geschürt. Ihre Tochter schlief schon mit sechs Wochen durch – meine war mit zehn Monaten noch Lichtjahre davon entfernt.
Doch eines Tages ging das Gespräch in der Krabbelgruppe wieder einmal um das Schlafen. „Ja, Leonie schläft schon ewig durch, ich füttere sie nachts nur drei Mal.“ Wie bitte? Durchschlafen ist nämlich relativ. Ich dachte immer, damit sei gemeint, dass das Baby gar nicht wach wird. Die Bekannte fand, kurzes meckern und Stillen zählt nicht als aufwachen, darunter fallen nur lange Schreiattacken. Na also: Auch andere Eltern kochen nur mit Wasser.
Was für Erfahrungen haben Sie mit Angeber-Eltern gemacht? Nerven die Sie auch so?