Oh, hallo, ich hab dich nicht gesehen. Komm rein! Lass mich rüberrutschen. Es stört dich doch hoffentlich nicht, dass ich ein Baby dabeihabe? Der Kleine hängt den lieben langen Tag ziemlich an mir. Ich kann jetzt schon so Einiges einhändig erledigen. Zum Beispiel Tagebuch im Internet führen.
Also der Reihe nach: Ich bin Mommy X, eine internationale Geheim-Mutter. Vor einigen Monaten habe ich einen Sohn bekommen. Er ist gerade so alt, dass es mich etwas wehmütig stimmt, dass ihm die Erstlings-Klamotten nicht mehr passen – andererseits sehne ich mich jede Nacht nach dem Tag, an dem er endlich auszieht und erwachsen ist.
Wir sind von New York nach München gezogen, und zwar ziemlich genau 9 Monate vor der Geburt unseres Babys – die frische Alpenluft muss irgendwie das Ihre getan haben – weil Daddy X hier einen tollen Job angenommen hat. Außerdem lief sein Studentenvisum für die U.S.A. aus (Es ist kein Geheimnis: Um eine amerikanische Ehefrau ins Ausland zu locken, müssen äußere Umstände eine entscheidende Rolle spielen).
Als wir noch in New York lebten, führte ich das Leben, von dem ich immer geträumt hatte: Ich war Juristin und trug schicke hohe Schuhe. Wir lebten in einer unglaublich teuren und kleinen Wohnung in Manhattan und tranken regenbogenfarbene Drinks mit ulkigen Namen wie „Banker im Schlamassel“, „Schildkrötenhaar“, „Seifenblasen“ oder „Chips“. Wir waren immer auf Achse, und ich stellte mir vor, dass das Muttersein genauso sein würde: 60-Stunden Arbeitswochen, Kinderfrauen, Essen vom Lieferservice und am Wochenende irgendwelche Kurse fürs Baby, in denen man mit lauter anderen Karrieremüttern und –kindern sitzt.
Und nun sind wir in München und haben ein Baby. Ich arbeite nicht mehr als Rechtsanwältin, aber ich kann in unserem Wohnungsflur ein Rad schlagen (so groß ist er). Vor lauter Schwangerschaft und Stillen habe ich seit über einem Jahr keinen alkohlischen Drink mehr zu mir genommen. Es ist genau das Gegenteil von dem Leben, das ich vorher geführt habe. Und ich bin nicht langsam ausgestiegen, sondern habe eine Vollbremsung hingelegt, von deren Folgen ich mich immer noch erhole.
Ich versuche also, heil durch meine ganzen Neuanfänge zu kommen: neues Land, neue Sprache, neugeborenes Baby, frischgebackene Mutter, ein neues Leben. Ich bin noch ein bisschen unsicher, aber sicher mache ich das auch bald alles mit links….
Mommy X, die junge Mutter aus New York wird ab jetzt regelmäßig über ihr abenteuerliches Leben mit ihrem Baby in München berichten – im Tagebuch der Mommy X.