In der ersten Zeit im Kindergarten oder in der Krippe erwischt fast alle Kinder ein Virus nach dem anderen. Gut für den Aufbau des Immunsystem, schlecht für arbeitende Eltern. Denn wer kann schon ständig fehlen – gerade beim Einstieg nach der Elternzeit? Es gibt Termine, die sich nicht einfach verschieben lassen, etwa das wichtige Treffen mit dem Vorgesetzten, dem neuen Kunden oder einem Facharzt.
Was tun, wenn das Kind krank ist, und die Eltern es nicht betreuen können?
Zehn Tage stehen Eltern gesetzlich zu, die sie bei voller Lohnfortzahlung zu Hause bleiben können, um ihr Kind selbst zu betreuen. Ist da Kind öfter krank, gibt es zwei Möglichkeiten. Das andere Elternteil kann zu Hause bleiben oder unbezahlter Urlaub eingereicht werden. Doch bei wirklich wichtigen Terminen ist das keine Alternative. Und dann?
Angela Schmidt (47) ist die Gründerin des Kinderbetreuungsdienstes „Notfallmamas“ und kennt dieses elterliche Dilemma nur zu gut. Die Hamburgerin ist selbst Mutter einer dreijährigen Tochter. „Ich war Sekretärin der Geschäftsführung und meine Tochter bekam eine Bronchitis. Das war sehr langwierig.“ Gerade wenn die Großeltern nicht vor Ort leben ist so eine Situation schwierig. In Gesprächen mit anderen Eltern stellte sie fest, dass es auch anderen so geht: Eltern haben Gewissensbisse, weil sie ein Kind in die Kita bringen, das zwar gesund ist, aber sich eigentlich noch erholen müsste, oder aber ein mieses Gefühl ihrem Arbeitgeber gegenüber. Alles in allem läuft es auf die Frage hinaus, erklärt Angela Schmidt: „Wie kann ich eine gute Betreuung für mein krankes Kind finden, am besten zu Hause?“

Denn Kinder, die sich erholen müssen, brauchen Ruhe, sollten nicht neuen Viren ausgesetzt werden und mögen es, zu Hause zu sein. Und die meisten Kindergärten, Schulen, Krippen oder Tagesmütter betreuen aus gutem Grund auch gar keine Kleinen, die das Bett hüten sollten.
Ein enges Netzwerk und ein guter persönlicher Notfallplan sind wichtig
Für den Krisenfall sollten Mütter und Väter auf jeden Fall einen persönlichen Notfallplan ausarbeiten. Denn nicht nur der Krankheitsfall kann rasch eintreten. Manchmal brauchen betreuende Eltern nach langen Wochen „Krankheits-Isolation“ auch eine kurze Auszeit. Damit sie selbst nicht auch krank werden und etwas Abwechslung von der Betreuung haben. Hier eine Übersicht über mögliche Betreuungsmodelle.
Das familiäre Netzwerk
Wer Glück hat, kann in einer Krise zum Telefon greifen und eine Oma oder einen Opa bitten, einzuspringen. Schwierig wird dies, wenn die ältere Generation selbst noch berufstätig ist oder in einer anderen Stadt lebt.
Manchmal helfen auch Tanten, Onkel oder Paten gern aus. Wichtig ist in so einem Fall, dass vorher klare Absprachen getroffen. Wie kurzfristig dürfen Sie um Hilfe bitten? Wie lange kann aufgepasst werden? Worauf sollte geachtet werden?
Hilfe durch andere Eltern
Oft ergibt sich auch ein familiäres Elternnetzwerk. Gerade wenn Eltern in Teilzeit arbeiten, sind sie an manchen Werktagen durchaus zu Hause. Ein gemeinsamer Plan mit anderen Eltern – möglichst aus dem gleichen Nachbarschaft – kann hier hilfreich sein. Ein Kind mit einem gebrochenem Arm darf vielleicht noch nicht in den Kindergarten, weil es dort zu wild toben würde. Aber es darf zu Inge im dritten Stock und dort seine CDs hören, während die an ihrem Computer arbeitet?
Wichtig ist bei so einem Netzwerk, dass nicht aufgerechnet wird. Die Mutter, die selten zu Hause ist, stellt vielleicht am Wochenende eher einen Fahrdienst, der Vater, der nur am Abend kann, bietet eben dann Aufpassen an. Der Nachteil: bei akuten Krankheiten können andere Eltern schlecht einspringen. Unzufriedenheiten oder Dinge, die nerven, sollten gleich angesprochen werden.
Professionelle Unterstützung
Schwierig ist es, wenn Eltern auf ihre gewohnten Babysitter zurück greifen möchten. Gerade wenn diese eher jung sind, haben sie noch wenig Erfahrung mit kranken Kindern – vor allem haben aber die meisten Babysitter am Vormittag oder am frühen Nachmittag gar keine Zeit.
In einigen Städten, wie etwa in Nürnberg, bietet das örtliche Jugendamt Unterstützung von Ehrenamtlichen und Tagesmüttern. In München beispielsweise ist das Konzept „Zu Hause gesund werden“ erdacht worden. Genau wie beim „Notmütterdienst“, den es in einigen Städten wie Frankfurt gibt, kommen Helferinnen ins Haus, die vor Ort das Kind betreuen. Als Gegenleistung für ihr Engagement erhalten die Helferinnen meist einen Unkostenzuschuss.
„Das Konzept aus München, dass ein krankes Kind zu Hause in seiner gewohnten Umgebung betreut wird, finde ich sehr gut“, sagt Angela Schmidt. Nach ihren eigenen Erfahrungen begann sie sich zu erkunden, welche Betreuungsmodelle es gibt. „Gar nicht gefallen hat es mir, dass es auch Einrichtungen gibt, die gezielt kranke Kinder aufnehmen. Dann dürfen alle kranken Kinder in einem Raum sein. Das möchte man doch selbst auch nicht, wenn man einen fiebrigen schmerzenden Kopf hat.“
Angela Schmidt sammelte Ideen und begann selbst einen Kindernotbetreuungsdienst zu organisieren. Rund dreißig ausgebildete Erzieherinnen, Kinderkrankenschwestern und erfahrene Tagesmütter arbeiten für ihre „Notfallmamas“ in Hamburg und in Berlin und nun auch in Schleswig-Holstein. (www.notfallmamas.de).

„Die Kinder werden kompetent betreut und das entlastet die Eltern“, erklärt Gründerin Angela Schmidt. Der Service kann sehr kurzfristig gebucht werden, kostet aber natürlich mehr als eine ehrenamtliche Hilfe. „Berufserfahrene Kinderbetreuerinnen können die Situation sehr gut einschätzen, wissen was das Kind braucht und finden auch ganz schnell Kontakt zu den Patienten, das ist nicht selbstverständlich“ sagt Angela Schmidt.„Die Mitarbeiterinnen werden fair entlohnt, das ist mir wichtig“, betont die Notfallmama-Chefin. Eine Stunde Betreuung kostet 25 Euro, viele Arbeitgeber beteiligen sich an diesen Kosten oder übernehmen sie sogar ganz. Der Beitrag kann auch zu zwei Dritteln als Sonderausgaben bei der Einkommenssteuer geltend gemacht werden. Die Gründungsidee wurde schon mit einem Preis geehrt.
Entwicklung von neuen Betreuungsmodellen
Immer mehr Gemeinden und Städte haben entdeckt, dass es wirklich eine Lücke in der Kinderbetreuung gibt. Angela Schmidt hat mittlerweile einige Kommunen bei der Organisation ähnlicher Kindernotbetreuungsdienste beraten. „Eine gute externe Unterstützung für alle Familien, auch für die, die vor Ort kein familiäres Netzwerk haben, ist wirklich für die Zukunft immer wichtiger.“
Für den persönlichen Notfallplan sollte sich jede Familie zusätzlich zu den privaten Netzwerken informieren, welche Hilfe in der Kommune möglich ist. Erste Ansprechpartner sind das örtliche Jugendamt, und dort die Tagesmutter- und Kindertagesstättenbetreuungstellen. Auch Krankenkassen können oft zusätzliche Tipps geben.